Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
vielleicht doch der Irre, der hinter der ganzen Sache steckt.«
»Aber wie passt er zu den anderen Vorkommnissen? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Da haben Sie Recht«, sagte Parks müde. »Wo stecken King und die Maxwell?«
»Sie wollten mit Kate Ramsey reden. Sie hat angerufen und behauptet, sie hätte noch mehr Informationen für sie. Sean und Michelle wollten sich in Charlottesville mit ihr treffen.«
»Na ja, wenn Arnold Ramsey tatsächlich noch einen Komplizen hatte, dann könnte der nächtliche Besucher Bob Scott gewesen sein. Der perfekte Verschwörer! Ein Insider aus der unmittelbaren Umgebung Ritters. Ein klassisches Trojanisches Pferd sozusagen.«
»Wie wollen Sie denn nun weiter vorgehen?«
»Ich meine, wir schnappen uns ein paar Jungs und ziehen los, um das alles zu überprüfen. Kein schlechter Fund, Joan. Vielleicht sind Sie ja doch so gut, wie die alle behaupten.«
»In Wirklichkeit bin ich sogar noch besser, Marshal.«
Kaum hatte Joan das Gespräch beendet, fuhr sie zusammen, als hätte sie einen Stromschlag bekommen. »Ach du meine Güte!«, rief sie und starrte ihr Handy an. »Das darf doch nicht wahr sein!« Und dann wiederholte sie ganz langsam: »Das Trojanische Pferd.«
Es klopfte an der Tür. Joan öffnete, und die Bedienung trug das Tablett herein.
»Soll ich es da drüben abstellen, Ma’am?«
»Ja«, sagte Joan automatisch, gedanklich voll absorbiert von ihrer neuen Erkenntnis. »Danke.«
»Soll ich Ihnen den Kaffee gleich einschenken?«
»Nein, schon gut.« Sie unterschrieb die Rechnung und wandte sich ab. »Vielen Dank.«
Sie wollte eben eine Telefonnummer wählen, als sie spürte, dass jemand hinter ihr stand. Sie drehte sich um, hatte jedoch nicht einmal mehr die Zeit zu schreien, bevor alles um sie herum schwarz wurde.
Die junge Frau stand neben der am Boden liegenden Joan Dillinger und blickte auf sie hinab. Dann bückte sich Tasha und machte sich ans Werk.
KAPITEL 53
Es war schon spät in der Nacht, als King und Michelle am Atticus College ankamen. Das Gebäude, in dem sich Thornton Jorsts Büro befand, war abgeschlossen. Im Verwaltungsgebäude überredete Michelle den jungen Mann, der die Aufgabe des Nachtportiers übernommen hatte, ihr Jorsts Privatadresse zu geben. Jorst wohnte nur etwa eineinhalb Kilometer vom Campus entfernt in einer Allee, in der sich ein hübsches Backsteinhäuschen ans andere reihte. Offenbar lebten hier auch viele andere Professoren. Als King seinen Lexus am Straßenrand parkte, sahen sie keinen Wagen in Jorsts Auffahrt stehen, und im Haus brannte kein Licht. Sie gingen zur Haustür und klopften, doch niemand öffnete. Sie sahen sich in dem kleinen Garten auf der Rückseite um, doch auch dort war kein Mensch zu sehen.
»Kaum zu glauben«, sagte Michelle, »aber Jorst muss im Fairmount-Hotel gewesen sein, als Ritter erschossen wurde. Eine andere Erklärung gibt es nicht, es sei denn, jemand hätte ihn aus dem Hotel angerufen und ihm von dem Mord erzählt.«
»Na, das werden wir ihn fragen. Aber wenn er dort war, muss er schleunigst verduftet sein, bevor das ganze Gebäude abgeriegelt wurde. Anders hätte er Regina und Kate Ramsey nie so schnell informieren können.«
»Glaubst du, er wird zugeben, dass er im Hotel war?«
»Wir werden’s sehen. Ich frage ihn garantiert danach. Und nach Regina Ramsey.«
»Wieso hat er nicht schon bei unserem ersten Gespräch erwähnt, dass sie heiraten wollten?«
»Weil er nicht wollte, dass wir davon erfahren. Was mich natürlich noch misstrauischer macht.« King sah Michelle an. »Bist du bewaffnet?«
»Mit allem Drum und Dran, Revolver und Ausweis. Warum fragst du?«
»Ich wollt’s bloß wissen. Ob die Leute hier in der Gegend ihre Haustüren abschließen?«
»Du hast doch nicht etwa vor, reinzugehen? Das ist ein Einbruch.«
»Nur, wenn auch was zu Bruch geht«, gab er zurück.
»Ach, tatsächlich? Wo hast du denn dein Juraexamen gemacht? An der Universität von Dummsdorf oder was?«
»Ich meine ja bloß, dass es nicht übel wäre, mal einen Blick hineinzuwerfen, solange Jorst nicht da ist.«
»Vielleicht schläft er ja schon. Oder er kommt nach Hause, während wir noch drin sind.«
»Nicht wir, bloß ich. Du bist schließlich eine vereidigte Gesetzeshüterin.«
»Und du bist ein Mitglied der Anwaltskammer und damit auch zur Einhaltung der Gesetze verpflichtet.«
»Schon richtig, aber wir Advokaten wissen doch, wie wir mit Formalien fertig werden. Darauf sind wir spezialisiert – oder
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