Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
Ramsey tot war, haben Sie beide…«
»So war es ganz und gar nicht«, unterbrach ihn Jorst. »Arnold war schon sehr lange tot, bevor wir erkannten, dass zwischen uns etwas war, das über die Freundschaft hinausging.«
»Und das ging dann so weit, dass Sie von Heirat sprachen.«
»Ich hatte ihr einen Antrag gemacht, und sie hatte ihn angenommen«, sagte Jorst kühl.
»Und dann ist sie gestorben?«
Jorsts Miene verzog sich schmerzvoll. »Ja.«
»Sie hat sich umgebracht?«
»Angeblich.«
»Sie glauben das nicht?«, hakte Michelle rasch nach.
»Sie war glücklich. Sie hatte meinen Heiratsantrag angenommen. Also, ich glaube nicht, dass es übermäßig eitel klingt, wenn ich meine, dass die Folgerung, Regina sollte die Aussicht, in absehbarer Zeit meine Frau zu sein, in den Selbstmord getrieben haben, an den Haaren herbeigezogen ist.«
»Sie glauben also, sie wurde umgebracht?«
»Also, hören Sie!«, fauchte Jorst. »Sie sind doch diejenigen, die überall rumrennen und Fragen stellen! Finden Sie ’s selber raus, Sie sind schließlich die Experten darin, nicht ich.«
»Wie hat Kate auf die Nachricht von Ihrer bevorstehenden Hochzeit mit Regina reagiert?«
»Das war kein Problem für sie. Sie liebte ihren Vater. Mich mochte sie. Sie wusste, dass ich nicht drauf aus war, seinen Platz bei ihr einzunehmen. Sie wollte meines Erachtens vor allem, dass ihre Mutter glücklich war.«
»Haben Sie auch gegen den Vietnamkrieg demonstriert?«
Jorst schien den abrupten Themenwechsel gut zu verkraften. »Ja, ebenso wie Millionen anderer.«
»Immer in Kalifornien? Waren Sie jemals in Kalifornien?«
»Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Was sagen Sie zu Folgendem?«, sagte King. »Angenommen, wir haben Informationen über einen Besucher, der Arnold Ramsey um Unterstützung bei der geplanten Ermordung Ritters bat, und im Verlauf dieses Gesprächs Ihren Namen erwähnte?«
Jorst sah King ungerührt ins Gesicht. »Meine Antwort lautet: Wer immer Ihnen das erzählt hat, täuscht sich gewaltig. Wenn Ihre Geschichte allerdings stimmt, dann kann ich nur sagen, dass ich nichts dran ändern kann, wenn andere Leute im Laufe eines Gesprächs meinen Namen erwähnen, nicht wahr?«
»Da haben Sie Recht. Glauben Sie, dass Arnold Ramsey das Attentat allein begangen hat?«
»Solange mir niemand überzeugende Beweise fürs Gegenteil liefert, ja.«
»Nach unseren Erkenntnissen war er alles andere als ein Mann, der zu Gewalttätigkeiten neigte. Und doch hat er die schlimmste aller denkbaren Gewalttaten begangen – einen Mord.«
Jorst zuckte mit den Achseln. »Wer kennt schon die seelischen Abgründe der Menschen?«
»Immerhin hat Arnold Ramsey in seiner Jugend an einigen ziemlich rabiaten Protestmärschen teilgenommen. Dabei ist es in einem Fall sogar zu einem Todesfall durch Gewaltanwendung gekommen.«
Jorst musterte King durchdringend. »Wovon reden Sie?«
King hatte diese Information nur preisgegeben, weil ihn Jorsts Reaktion darauf interessierte. »Noch eins. Sind Sie an dem Vormittag, als Ramsey Ritter umbrachte, allein oder gemeinsam mit ihm zum Fairmount-Hotel gefahren?«
Es sprach für Jorst, dass er keine Miene verzog. »Wollen Sie damit behaupten, ich wäre an jenem Vormittag im Fairmount gewesen?«
King sah ihn unverwandt an. »Wollen Sie das Gegenteil behaupten?«
Jorst dachte kurz nach. »Na schön«, sagte er dann, »ich war tatsächlich dort. Zusammen mit Hunderten von anderen Leuten. Na und?«
»Na und? Das ist schließlich – abgesehen von Ihrer engen Beziehung zu Regina Ramsey – eine ziemlich wichtige Einzelheit, die Sie uns zu erzählen vergessen haben.«
»Warum hätte ich das tun sollen? Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Und um Ihre Frage zu beantworten: Ich bin allein zum Fairmount gefahren.«
»Auf jeden Fall müssen Sie unmittelbar nach den Schüssen aus dem Hotel geprescht sein, denn sonst hätten Sie nicht die Zeit gehabt, Regina Ramsey abzuholen, mit ihr zur Schule zu fahren und Kate aus der Mathematikstunde zu holen.«
Jorst erwiderte die Blicke der beiden ungerührt. Auf seiner breiten Stirn erschienen nun allerdings Schweißtropfen. »Da liefen Hunderte von Menschen wild durcheinander. Ich war genauso entsetzt wie alle anderen auch. Ich hatte gesehen, wie es passierte, und wollte nicht, dass Regina und Kate aus den Nachrichten davon erfuhren. Also bin ich, so schnell ich konnte, zu ihnen gefahren, aus reiner Rücksicht auf die beiden. Ihre offenbar negativen Rückschlüsse
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