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Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman

Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman

Titel: Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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war ihr ebenfalls versperrt, weil sie Parks davon erzählt hatte – womöglich waren er und sein Begleiter von ihrem Tod durch Ertrinken doch noch nicht ganz überzeugt und ließen daher die Lücke im Zaun überwachen. Davon abgesehen, war das Loch so eng, dass man den Zaun beim Durchsteigen zwangsläufig berühren musste.
    Michelle zog sich wieder in den Wald zurück und überlegte, ob es nicht doch einen Weg ins Hotel gab. Schließlich erinnerte sie sich an ihren ersten Besuch. Schon damals hatte sie überlegt, wie sich der Zaun überwinden ließe, und war auf eine ganz bestimmte Idee gekommen. Sie lief zur Rückseite des Gebäudes, wo das Gelände außerhalb des Zauns leicht anstieg und eine perfekte Absprungmöglichkeit bot. Auf der High School war sie die beste Weit- und Hochspringerin gewesen, aber das lag natürlich schon einige Jahre zurück. Sie schritt die Entfernung ab, machte ein paar Übungssprünge und kalkulierte den Höhenunterschied zwischen der Oberkante des Zauns und der geplanten Absprungstelle. Dann zog sie ihre Schuhe mit den niedrigen Absätzen aus, warf sie über den Zaun und nahm ihre Startposition ein. Sie sprach ein lautloses Gebet, holte tief Luft, rannte los und zählte dabei ihre Schritte, genau so, wie sie es im Sportunterricht gelernt hatte. Als der unter Strom stehende Zaun immer näher rückte, hätte sie den Anlauf um ein Haar abgebrochen, denn wenn sie hier versagte, ließ sich die Niederlage nicht wie zu Schulzeiten mit ein paar Tränen wegstecken. Es ging vielmehr um alles oder nichts.
    Und dann hob sie ab. Arme, Beine und Rücken arbeiteten im Takt, und die Erinnerung kehrte gerade noch rechtzeitig, als sie ihren Körper in der Luft drehte und den Rücken durchbog, in ihre Muskeln zurück. Sie überquerte den Zaun mit gut fünfzehn Zentimetern Luft zwischen sich und seiner Oberkante. Auf dem Boden lag natürlich kein Schaumstoff, der den Aufprall auf der anderen Seite gemildert hätte. Ihr Körper schmerzte von oben bis unten. Langsam erhob sie sich, schlüpfte in ihre Schuhe, lief zum Hotel und stieg durch ein weiteres zerbrochenes Fenster in das Gebäude ein.

KAPITEL 72
    Als die Uhrzeiger 10.26 Uhr anzeigten, tauchte in demselben Flur, durch den King hereingekommen war, ein Mann auf. John Bruno wirkte verwirrt und verängstigt und sah aus, als wolle er sich jeden Augenblick übergeben. King konnte ihm das nachfühlen, denn ihm ging es genauso. Er und Bruno spielten die Rolle der Christen im alten Rom, die man den Löwen zum Fraß vorgeworfen hatte, während eine blutrünstige Zuschauermenge das bevorstehende Schlachtfest kaum erwarten konnte. Als King auf Bruno zutrat, wich der umgehend zurück. »Bitte, bitte, tun Sie mir nichts!«
    »Ich will Ihnen nichts tun. Ich will Ihnen helfen.«
    Bruno sah ihn verwundert an. »Wer sind Sie?«
    King setzte schon zu einer Erklärung an, stockte dann aber und beschränkte sich auf einen Satz: »Ich bin Ihr Secret-Service-Agent.« Wie hätte er in dieser Situation lange Erklärungen abgeben können?
    Bruno schien sich mit dieser Auskunft erstaunlicherweise zufrieden zu geben. »Was ist los?«, fragte er. »Wo sind wir hier?«
    »Wir sind in einem Hotel. Und es wird bald etwas passieren. Ich weiß nur nicht genau, was.«
    »Wo sind denn Ihre Kollegen?«
    King sah ihn ausdruckslos an. »Das wüsste ich auch gerne, Sir…« Das war schon mehr als verrückt, aber was konnte oder sollte er anderes tun? Die alte Agentenrolle hatte schneller wieder von ihm Besitz ergriffen, als er es je für möglich gehalten hätte.
    Bruno warf einen Blick zur Tür. »Können wir nicht einfach gehen?«
    »Äh, nein, das wäre wohl nicht gut.« King hatte die Uhr im Auge, als die Zeiger auf 10.29 Uhr rückten. Vor acht Jahren hatte Ritter vor ihm gestanden und sozusagen ein Bad in der Menge genommen. Bei Bruno würde ihm dieser Fehler nicht unterlaufen. Er nahm ihn beim Arm und führte ihn zum Absperrseil. »Ich möchte, dass Sie sich hinter mich stellen. Was immer auch passiert, Sie bleiben hinter mir.«
    »Gut, verstanden.«
    Eigentlich hätte sich King lieber hinter Bruno gestellt. Nun war er nach all diesen Jahren zum Ausgangspunkt zurückgekehrt und wieder nur ein verdammter menschlicher Schutzschild …
    Er zog die Waffe aus dem Holster. Wenn die Kugeln nicht echt waren, hatte er nicht die geringste Chance. Er musterte das samtene Absperrseil und machte einen Schritt nach vorn. Jetzt war er nur noch ein paar Zentimeter davon entfernt und stand

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