Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
abgegeben«, fuhr King fort. »An den letzten können Sie sich doch noch erinnern, nicht wahr? Seitdem bin ich ziemlich eingerostet. Bei dieser Beleuchtung kann ich selbst auf diese kurze Entfernung wahrscheinlich nur Ihren Körper treffen – aber sei’s drum. Töten wird der Schuss Sie trotzdem.«
Morse keuchte nun heftig und trat einen weiteren Schritt zurück.
»Zwei.« King ließ Morses Gesicht keine Sekunde lang aus den Augen. »Sehen Sie zu, dass Sie ins Schwarze treffen, Sid, und vergessen Sie nicht Ihre Verbeugung vor dem Publikum, wenn Sie mit einem großen Loch in der Brust zu Boden sinken. Aber machen Sie sich keine Sorgen, der Tod tritt sofort ein.«
Als King den Mund öffnete, um »Drei« zu sagen, kreischte Morse auf. Die Lichter gingen aus. King duckte sich sofort, sodass der Schuss über seinen Kopf hinwegjagte. Erleichtert seufzte er auf. Seine List hatte funktioniert.
Eine Minute später schlängelte sich die Frau, die Michelle niedergeschossen hatte, in der Dunkelheit an den Pappfiguren vorbei und nahm Kurs auf King. Kaum waren die Lichter ausgegangen, hatte Tasha sich eine Nachtsichtbrille aufgesetzt, sodass sie alles deutlich erkennen konnte, während King gar nichts sah. Sie ging an der auf dem Boden liegenden Michelle vorbei und duckte sich zwischen zwei Holzrahmen. Von dieser Stelle aus bot sich ihr freies Schussfeld auf King und Kate, die sich in eine Ecke zurückgezogen hatten. Tashas Befehle waren unmissverständlich: Egal, was sonst noch passieren mochte – Sean King und Kate Ramsey mussten sterben.
Sie nahm ihre Opfer ins Visier und lächelte dabei. Menschen zu töten war ihr Beruf. Gleich würde sie ihrer Abschussliste zwei weitere Namen hinzufügen können.
Ein leises Geräusch hinter ihrem Rücken ließ sie herumfahren. Der gleißende Lichtstrahl einer Taschenlampe traf sie genau in die Augen und blendete sie. Und unmittelbar darauf traf sie ein wesentlich härterer Gegenstand. Die Kugel schlug in Tashas Kopf ein und setzte ihrer mörderischen Karriere ein abruptes Ende.
Michelle erhob sich mühevoll, und als sie endlich stand, war sie noch immer etwas wackelig auf den Beinen. Sie rieb sich die Brust an jener Stelle, an der Simmons’ schusssichere Weste die Kugel abgefangen hatte. Die Wucht des Schusses hatte sie regelrecht k. o. geschlagen. Die Prellung schmerzte höllisch, aber Michelle hatte überlebt. Welch ein Glück, dass ich gerade noch rechtzeitig wieder zu mir gekommen bin, dachte sie.
Mit Hilfe der Taschenlampe arbeitete sie sich zu Kate und King vor. »Tut mir Leid, ich war vorübergehend außer Gefecht, sonst wäre ich euch schon eher zu Hilfe gekommen. Alles in Ordnung mit euch?«
King nickte. »Hast du Sidney Morse gesehen?«
»Sidney ist der Drahtzieher hinter dem allem?« King nickte, und sie sah ihn verwirrt an. »Ich dachte, es wäre Peter Morse.«
»Ich weiß es auch erst seit kurzem. Hast du ein Messer bei dir?«
Sie gab ihm eines. »Das hab ich Simmons abgenommen, genauso wie diese Taschenlampe. Was willst du damit?«
»Nimm Kate mit raus und wartet auf mich vor der Saaltür.«
Die beiden Frauen gingen zur Tür, während King den Fahrstuhl ansteuerte, wo Joan noch immer festgebunden war. Er fühlte ihren Puls. Sie lebte. Er schnitt sie ab, hievte sie über seine Schulter und schloss sich wieder Michelle und Kate an, die draußen vor der Tür auf ihn warteten. Doch kaum war er bei ihnen, legte er Joan auf den Boden, beugte sich vor und atmete mehrfach tief durch. Die riskante Konfrontation mit Morse verlangte ihren Tribut.
»Was ist los?«, fragte Michelle.
»Nichts weiter. Ich glaube bloß, mir wird schlecht«, fauchte er.
»Sie haben geblufft, nicht wahr?«, fragte Kate. »Das war gar nicht meine Pistole. Sie hatten nur Platzpatronen.«
»Richtig, es war ein Bluff«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Michelle legte ihm die Hand auf den Rücken. »Das vergeht, gleich geht’s dir wieder besser.«
»Ich bin einfach zu alt für so einen Macho-Scheiß.« Er holte noch ein paarmal tief Luft, dann richtete er sich wieder auf und fragte: »Riecht ihr den Rauch auch?«
Sie rannten los. Ehe sie jedoch den Ausgang erreichten, kam ihnen John Bruno entgegen; das nackte Entsetzen sprach aus seiner Miene. Er deutete auf das Ende des Flurs, wo es bereits lichterloh brannte und kein Durchkommen mehr möglich war. Eine zweite Flammenwand versperrte ihnen die Treppe zu den oberen Stockwerken.
Michelle entdeckte ein schwarzes Kabel auf
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