Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
dem kurzen Korridor lagen hauptsächlich Lagerräume. Hinter den anderen zehn Betten öffnete sich ein zentraler Bereich gegenüber dem Schwesternzimmer. Remmy Battle hatte darauf bestanden, dass ihr Mann hier untergebracht wurde, wo es mehr Privatsphäre gab. Am Ende des Korridors befand sich außerdem ein Hintereingang, den sie mit einem speziellen Zugangskode benutzen konnte, um zu kommen und zu gehen, ohne an vielen anderen Zimmern vorbei und sich neugierigen Blicken aussetzen zu müssen. Der kleine Raum, in dem sie gelegentlich übernachtete, lag an diesem Korridor, gegenüber dem Zimmer ihres Mannes.
Es war wenige Minuten nach zehn, als dieser vom Rest des Krankenhauses isolierte Teil vom Personal der Nachtschicht übernommen wurde. Die Schwester, die sich um Battle kümmerte, würde die nächsten fünfundvierzig Minuten im Personalraum mit ihrer Kollegin verbringen, um sie über den Zustand der Patienten und neue ärztliche Anweisungen zu informieren.
Alle Patientenzimmer in diesem Trakt wurden mit Kameras überwacht; die Bilder wurden an die Hauptstation der Krankenschwestern übermittelt. Eigentlich sollten die Monitore ständig beobachtet werden, doch während des Schichtwechsels kam es zu einer Unterbrechung von etwa zwanzig Minuten, wenn die erschöpften Schwestern die Arbeit einer Stunde in einem Drittel der Zeit erledigen mussten. Die Maschinen, die die Patienten in den Zimmern am Leben erhielten, waren jedoch mit Warnsystemen ausgestattet, die das Personal sofort alarmierten, sollte es zu dramatischen Verschlimmerungen kommen.
Kurz nachdem Remmy gegangen war, trat jemand durch den Hintereingang, den die Frau wenige Minuten zuvor benutzt hatte. Diese Person trug einen weißen Krankenhauskittel und einen Atemschutz über der unteren Gesichtshälfte, sodass sie den Eindruck erweckte, zum Personal zu gehören. Sie ging an der Tür zu Bobby Battles Zimmer vorbei, warf einen kurzen Blick hinein und sah, dass es bis auf den Patienten leer war. Mit einem weiteren Blick um die Ecke vergewisserte sich die Person, dass sich niemand in der Schwesternstation aufhielt.
Der Eindringling betrat das Patientenzimmer und schloss die Tür. Er verlor keine Zeit und drehte die Kamera an der Wand ein Stück zur Seite, sodass der Bereich unmittelbar links neben dem Bett nicht mehr erfasst wurde. Dann ging die maskierte Gestalt zum Infusionsständer, holte eine Spritze aus einer Kitteltasche hervor, stach mit der Nadel oberhalb des Flüssigkeitsstandes in einen Infusionsbeutel und leerte den gesamten Inhalt der Spritze. Die Person warf noch einen kurzen Blick auf Bobby Battle, der mit friedlichem Gesichtsausdruck dalag, obwohl ein Schlauch in seiner Kehle steckte. Der Eindringling nahm Bobbys Hand, legte dem Bewusstlosen eine Armbanduhr an und stellte sie auf fünf Uhr. Schließlich nahm er einen anderen Gegenstand aus einer anderen Kitteltasche und legte ihn behutsam auf Bobbys Brust.
Es war eine weiße Vogelfeder.
Kurz darauf hatte die Person den Trakt durch den Hintereingang verlassen, begab sich zum Parkplatz und stieg dort in einen Wagen. Das Fahrzeug entfernte sich schnell vom Krankenhaus.
Der Fahrer musste einen Brief schreiben und abschicken.
Knapp zehn Minuten später ließ eines der Geräte in Bobby Battles Zimmer ein Warnsignal ertönen. Unmittelbar darauf folgte ein zweites. Binnen weniger Sekunden schrien sämtliche Geräte durcheinander.
Gleich mehrere Krankenschwestern eilten herbei. Eine Minute später erfolgte eine verschlüsselte Durchsage über das Lautsprechersystem der Klinik, und schon bald stürmte ein erfahrenes Notfallteam ins Zimmer. Doch die Ärzte kamen zu spät. Um 22.23 Uhr wurde Robert E. Lee Battle offiziell für tot erklärt.
KAPITEL 29
Zunächst wurde vermutet, dass Battle an den Nachwirkungen seines Schlaganfalls verstorben war. Die weiße Feder auf seiner Brust, die der Killer zurückgelassen hatte, war unbemerkt zu Boden gefallen, als das Notfallteam ihn wieder zu beleben versucht hatte. Als die Feder später von einem Techniker des Krankenhauses gefunden wurde, legte er sie auf den Tisch neben dem Bett des Toten. Vielleicht ging er davon aus, dass sie aus einem Kissen stammte. Die Uhr an Battles Handgelenk fiel unter den Infusionsschläuchen und dem Schild mit den Patientendaten zunächst nicht weiter auf. Als Remmy Battle bestürzt und wütend das Zimmer betrat und wieder ging, bemerkte sie ebenfalls nichts von der Feder und der Armbanduhr. Erst als eine Krankenschwester sich
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