Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
über die Feder wunderte, wurden Fragen gestellt. Sie konnte nicht aus einem Kissen stammen, da diese keine Federn enthielten. Zudem stellte die rasche und unerwartete Änderung von Bobby Battles Zustand die Ärzte vor ein Rätsel, das eine genauere Untersuchung rechtfertigte.
Erst als man gegen drei Uhr am nächsten Morgen den Verstorbenen in die Leichenhalle der Klinik schaffen wollte, wurde die Armbanduhr am Handgelenk des Toten bemerkt. Dies führte zu einer gründlicheren Untersuchung der Leiche und der Infusionsbeutel. Nun entdeckte der anwesende Arzt das kleine Loch, das die Nadel hinterlassen hatte.
»Großer Gott!« war alles, was er dazu sagen konnte. Polizeichef Williams wurde aus dem Bett geholt. Während er sich auf den Weg machte, rief er King an, der wiederum Michelle benachrichtigte. Alle drei trafen fast gleichzeitig vor der Klinik ein. Überrascht stellten sie fest, dass Chip Bailey ebenfalls anwesend war. Williams machte King und Michelle in aller Eile mit dem FBI-Agenten bekannt.
»Ich hatte mich in einem Motel in der Nähe einquartiert und den Polizeifunk eingeschaltet«, erklärte Bailey.
»Verdammt, Todd, Sie scheinen Ihre gesamte Streitmacht zur Klinik beordert zu haben.«
»Hier geht es um Bobby Battle«, gab Todd Williams zurück. »Er ist ein bedeutender Bürger der Stadt.«
King formulierte stumm den unausgesprochenen Gedanken: Und jetzt wird der ungebändigte Zorn der Witwe über dich kommen.
Das Krankenhauspersonal führte sie zu Battles Zimmer. Man hatte den Toten noch nicht von den Infusionsschläuchen und der künstlichen Beatmung befreit, aber die Geräte zur Lebenserhaltung und Überwachung waren abgeschaltet worden, da ihre Warnsignale und digitalen Anzeigen nun nicht mehr benötigt wurden. Unwillkürlich blickte Michelle immer wieder zu Battle hinüber, einem Mann, von dem sie viel gehört hatte, dem sie aber nie persönlich begegnet war. Aus irgendeinem Grund, der nicht nur mit den Umständen seines Todes zusammenhing, schien er als Verstorbener genauso faszinierend zu sein wie im Leben.
Die Oberschwester und der anwesende Arzt gaben einen knappen Bericht ab, wie sie die Feder, die Uhr und den Einstich im Infusionsbeutel entdeckt hatten.
»Das alles ist äußerst ungewöhnlich«, sagte der Arzt und gab damit die Untertreibung des Jahres zum Besten.
»Ja, wir sind überzeugt, dass so etwas nicht jede Nacht geschieht«, sagte King.
Williams untersuchte die Uhr. »Keine Zodiac«, sagte er leise zu Michelle und King. »Aber sie steht auf Punkt fünf.«
Als Williams die Vogelfeder Chip Bailey zeigte, blickte der Agent erstaunt, sagte aber nichts, bis der Arzt und die Oberschwester das Zimmer verlassen hatten.
»Mary Martin Speck«, sagte er, als sie allein waren. »Eine Krankenschwester. Sie hatte den Spitznamen Florence Nightinghell. Die Dame hat in zehn Jahren dreiundzwanzig Patienten in sechs Bundesstaaten getötet. Jetzt verbüßt sie eine lebenslange Haftstrafe in einem Bundesgefängnis in Georgia. Ihre Visitenkarte war eine weiße Feder. Sie behauptete, im Auftrag des Herrn zu handeln.«
»Also können wir mit einem weiteren Brief rechnen«, sagte King.
»Wir haben noch nicht einmal den Brief zu Diane Hinson erhalten«, beklagte sich Williams. »Warum ausgerechnet Bobby Battle? Warum wollte der Killer ihn auf seiner Liste haben? Es war riskant, sich hier hineinzuschleichen.«
Doch nach einem weiteren Gespräch mit der Oberschwester wurde ihnen schnell klar, dass es gar nicht so schwierig war, durch den Hintereingang zu kommen, wie sie ursprünglich gedacht hatten. Der Kode bestand aus der simplen Zahlenfolge 4–3–2–1 und war seit Jahren nicht geändert worden. Es gab zahlreiche Mitarbeiter des Krankenhauses, die ihn kannten und wahrscheinlich an viele andere Personen weitergegeben hatten.
»Wurde schon festgestellt, was in den Infusionsbeutel injiziert wurde?«, fragte Michelle.
»Das Labor wird den Inhalt toxikologisch analysieren«, sagte Williams. »Zum Glück hat jemand das Loch entdeckt, bevor alles entsorgt worden wäre.«
»Wo ist Sylvia?«, fragte King.
Williams schüttelte den Kopf. »Zu Hause. Es geht ihr nicht gut. Als sie letzte Nacht mit Diane Hinson fertig war, hat sie sich irgendwas eingefangen und kotzt sich nun die Seele aus dem Leib. Zumindest hatte sie genau das vor, als wir unser Telefonat beendeten. Sie wird hier sein, sobald sie dazu in der Lage ist.«
»Das FBI ebenfalls«, sagte Bailey. »Das ist der fünfte Mord in einer Serie,
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