Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
Spuren hinterlassen zu haben, zog er die Clownmaske aus der anderen Manteltasche und legte sie neben die Leiche. Sie war beim Kampf zerknittert worden, aber die Polizei würde trotzdem erkennen, welche Bedeutung dahinter steckte.
Er fühlte nach Juniors Puls, um sich zu vergewissern, dass der Mann tot war. Dann wartete er fünf Minuten und fühlte erneut nach dem Puls. Die subtilen Veränderungen eines Körpers nach dem Tod waren ihm gut bekannt, und zu seiner Zufriedenheit traten sie wie erwartet ein. Junior war hinüber. Vorsichtig griff er nach Juniors linker Hand und hob sie an, zog das Rädchen der Armbanduhr heraus und stellte die Uhr auf exakt fünf – dieselbe Zeit, die der Nachahmer auf Bobbys Uhr eingestellt hatte. Es war eine deutliche Botschaft an die Polizei und den Imitator. Er wollte, dass beide Parteien Bescheid wussten. Statt den Arm aufzurichten, legte er die Hand auf den Boden und zog dann einen schwarzen Filzschreiber aus Juniors Werkzeuggürtel, um damit einen Pfeil auf den Holzfußboden zu zeichnen, der genau auf die Uhr zeigte. Schließlich entfernte er Juniors große Gürtelschnalle mit dem NASCAR-Logo und steckte sie in seine Tasche.
Das Geräusch erschreckte ihn fast zu Tode, bis er erkannte, worum es sich handelte. Juniors Handy klingelte. Es war während des Kampfes heruntergefallen. Der Mann betrachtete die Anzeige. Jemand versuchte, von zu Hause anzurufen. Na, die konnten lange auf eine Antwort warten. Junior würde nie mehr nach Hause kommen.
Er richtete sich auf zittrigen Beinen auf, blickte auf den Mann mit der Aderpresse um den Hals und auf die Clownmaske, die neben ihm lag. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Ein weiteres Werk der Gerechtigkeit war vollbracht. Er hatte nicht vor, ein Gebet für Junior zu sprechen. Mit einem Fußtritt schaltete er den batteriebetriebenen Generator ab, worauf die Umgebung schlagartig in Dunkelheit getaucht wurde. Der Tote verschwand wie weggezaubert.
Das nächste Geräusch jagte dem Mann einen eisigen Schrecken ein.
Es war das Geräusch eines sich nähernden Autos. Er huschte zu einem der vorderen Fenster. Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit und zielten genau auf ihn.
KAPITEL 42
King und Michelle stiegen aus dem Lexus und sahen sich um. Sie hatten an Kings Hausboot das Fahrzeug gewechselt, weil an Michelles Wagen ein Scheinwerfer defekt war. King zog eine Taschenlampe hervor, doch der schwache Strahl konnte nur wenig gegen die Finsternis ausrichten.
»Sein Auto ist hier«, sagte Michelle, als sie gegen den ramponierten Pick-up klopfte, auf dessen Ladefläche sich Werkzeug und Baustoffe türmten.
»Junior!«, rief King. »Ich bin’s, Sean King! Wir wollen mit Ihnen reden!«
Michelle legte die Hände wie einen Schalltrichter an die Lippen. »Junior! Junior Deaver!«
Sie sahen sich an.
»Vielleicht ist er im Haus.«
»Glaubst du, er arbeitet im Dunkeln?«, fragte King.
»Vielleicht in den Kellerräumen. Könnte sein, dass wir das Licht von hier aus nicht sehen.«
»Na gut, schauen wir nach.«
»Hast du noch eine zweite Taschenlampe im Wagen?«
»Nein, aber vielleicht können wir uns eine von Junior borgen.«
Sie durchsuchten den Pick-up und fanden eine Lampe im Fußraum der Fahrgastzelle. Jetzt bewegten sich zwei Lichtstrahlen durch die Dunkelheit.
Sie traten durch die Vordertür und blickten sich um.
»Junior!«, rief King noch einmal.
Sie suchten das Zimmer mit den Taschenlampen ab. In einer Ecke bedeckte eine große Plane etwas, das wie ein Stapel Rigipsplatten aussah. Rundherum waren Holz und andere Baumaterialien sowie Werkzeug, Eimer und Zementsäcke gestapelt. Ein ziemliches Durcheinander.
»Mensch, hier sieht es genauso aus wie bei dir zu Hause«, sagte King.
»Du scheinst heute gut in Form zu sein. Sieh mal, da drüben ist die Treppe in den Keller.«
Michelle rief nach unten. Niemand antwortete.
»Ob er einen Unfall hatte?«, überlegte Michelle.
King blickte sich um. »Allmählich kommt mir die Sache seltsam vor.«
Michelle zog ihre Waffe. Vorsichtig stiegen sie und King die Treppe hinunter.
In der hintersten Ecke des Kellers waren Kanister gestapelt. Sie sahen sich dort um, fanden aber nichts Auffälliges. Die Heizungs- und Klimaanlage stand in einer anderen Ecke. Sie tasteten den Metallklotz mit den Strahlen der Taschenlampen ab, aber auch dort war nichts zu sehen.
In einem Bereich hinter einem großen Lüftungsrohr, den das Licht ausgespart hatte, beobachtete der Mann mit der Sturmhaube, wie
Weitere Kostenlose Bücher