Sean King 03 - Im Takt des Todes
den Kopf gingen, waren vermutlich – nahm er zumindest an – ein wenig komplizierter als die des Sheriffs.
Rivest war zwischen Mitternacht, als Sean ihn verlassen hatte, und halb sieben in der Frühe gestorben, als Sean ihn gefunden hatte, also in einer Zeitspanne von etwa sechseinhalb Stunden. Und er glaubte gesehen zu haben, wie Champ Pollion gegen zwei Uhr morgens in seinen Bungalow gegangen war. Er glaubte. Sicher war er sich nicht.
»Sheriff Merkle Hayes«, sagte der Mann und riss Sean damit aus seinen Gedanken. Bevor Sean etwas erwidern konnte, fügte der Mann hinzu: »Sie sind Sean King, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ex-Secret Service?«
»Das ist richtig.«
Hayes war Anfang fünfzig, hatte kurz geschnittenes graues Haar, einen kleinen Bierbauch, dicke Beine, breite, kantige Schultern und einen leicht gekrümmten Rücken, sodass er ein wenig kleiner wirkte, als er in Wirklichkeit war. »Haben Sie eine Idee, was passiert sein könnte?«
»Ich war letzte Nacht mit Len zusammen. Er hatte ein paar Drinks genommen, vielleicht ein paar zu viel. So um Mitternacht bin ich gegangen. Er war unten auf der Couch eingeschlafen.«
»Worüber haben Sie geredet?«
Sean war auf diese Frage vorbereitet; tatsächlich hatte es ihn überrascht, dass Ventris ihn nicht schon danach gefragt hatte. »Über dies und das. Über Monk Turings Tod, aber auch über Babbage Town im Allgemeinen.«
»Glauben Sie, dass er betrunken genug war, um die Treppe raufzugehen, sich in die Badewanne zu legen und versehentlich zu ertrinken?«
»Ich könnte jedenfalls nicht mit Sicherheit sagen, dass er nicht betrunken genug dafür gewesen ist.«
Hayes nickte bloß.
»Die Tür war nicht verschlossen, als ich hierhergekommen bin«, sagte Sean. »Aber letzte Nacht habe ich sie verriegelt.«
»Also hat er sie entweder wieder aufgeschlossen, oder …«
»Genau.«
»Wir haben uns bereits ein wenig umgehört. Bis jetzt hat niemand etwas gesehen. Natürlich hat das FBI das Kommando übernommen.«
»Warum hat das FBI sich überhaupt eingemischt? Rivest war kein Bundesangestellter, und das hier ist kein Bundesgelände. Soweit ich es beurteilen kann, ist Rivests Tod auch keine staatsübergreifende Angelegenheit.«
»Was halten Sie davon, wenn wir ein bisschen spazieren gehen?«
Rivests Haus war mit den gelb-schwarzen Standardbändern abgesperrt, als ob an einem Mord je etwas »Standard« sein könnte. Der Rettungswagen mit Rivests sterblichen Überresten war gerade die Straße hinunter verschwunden. Sean ließ den Blick über die kleine Menge schweifen, die sich vor dem Haus versammelt hatte. Er sah sowohl Alicia Chadwick als auch Champ Pollion, die leise miteinander sprachen.
Als Alicia zu ihm schaute – vielleicht in der Hoffnung, er würde zu ihr kommen –, wandte Sean sich rasch ab. Er war noch nicht bereit, sich ihr oder Champ zu stellen.
Hayes führte Sean zu seinem zivilen Streifenwagen und bedeutete ihm, auf der Beifahrerseite einzusteigen. Als sie beide im Wagen saßen, sagte Hayes: »Was ich Ihnen jetzt vorschlagen werde, mag Ihnen ein wenig unorthodox erscheinen, aber ich riskier’s. Wie wäre es, wenn wir beide uns bei diesem Fall zusammentun?«
Sean hob die Augenbrauen. »Zusammentun? Sie sind Sheriff, ich Privatdetektiv.«
»Ich meine nicht offiziell. Aber mir scheint, dass wir beide das gleiche Ziel vor Augen haben: Rivests Mörder zu finden.«
»Trifft das nicht auch auf Turing zu?«
»Nun, es wäre nicht das erste Mal, dass man einen Mord wie Selbstmord aussehen lässt.«
»Rivest schien das Gleiche gedacht zu haben.«
»Ach, hat er? Das ist interessant. Was hat er sonst noch darüber gesagt?«
»Das war so ziemlich alles. Aber er schien zu wollen , dass es Mord und kein Selbstmord war, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Es spricht vieles gegen die Mordtheorie – seine Waffe, seine Fingerabdrücke –, und es hat den Anschein, als wäre er freiwillig nach Camp Peary gegangen.«
»Nach dem zu urteilen, was ich gehört habe, scheint Turing mir keineswegs selbstmordgefährdet gewesen zu sein.«
»Vielen Selbstmördern merkt man ihre Absichten nicht an«, erwiderte Hayes. »Ich habe Ihre Dienstakte angefordert und über die Fälle gelesen, mit denen Sie in Wrightsburg zu tun hatten. Und? Was sagen Sie? Wenn ich gegen das FBI antreten will, brauche ich Hilfe.«
»Wie wäre es, wenn ich mich bei Ihnen melde, sobald ich mit meinen Vorgesetzten gesprochen habe?«
»Wie wäre es, wenn Sie einfach Ja sagen?«
»Ich sage
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