Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
Waffe darin.
Sie setzten sich auf das ungemachte Bett und schauten einander an.
»Sollen wir Bobby anrufen?«, fragte Sean.
»Nein. Es würde zu lange dauern, ihm alles zu erklären. Aber vielleicht sollten wir mal zu Doug Reagan und ihn fragen, warum er uns nicht gesagt hat, dass er meine Mutter gevögelt hat.«
»Hast du eine Adresse von dem Mann?«
»Die ist leicht zu finden. Wie es hier immer so schön heißt: ›Diese Stadt ist nicht allzu groß‹. Oder wir können seine heiße Freundin fragen, Donna.«
»Wie wär's erst mal mit einer Dusche und frischer Wäsche? Ich habe schon ewig nicht mehr die ganze Nacht in einem Auto verbracht. Das letzte Mal war es mit dir.«
»Ach ja ... Es scheint mein Los zu sein, stets deinen Horizont zu erweitern.«
Michelle duschte als Erste im Gästebadezimmer. Als sie fertig war, öffnete sie die Schlafzimmertür und rief den Flur hinunter: »Du bist dran, King!«
Sean kam im selben Augenblick herein, da Michelle gerade mit Abtrocknen fertig war. Er hielt eine frische Tasse Kaffee in der Hand. »Interessiert?«
»Immer.«
Michelle setzte sich aufs Bett und trank ihren Kaffee, während Sean ins Badezimmer ging.
Sie hob die Stimme. »Was ist mit der Party nebenan? Vielleicht sollten wir uns mal eine Gästeliste geben lassen.«
»Oder wir holen sie uns von deinem Bruder«, rief Sean zurück. »Wahrscheinlich war das so ziemlich das Erste, was die Polizei getan hat.«
Michelle stand auf und trat an die Tür. »Ich würde das lieber selbst erledigen.«
»Was?«, rief Sean über das Rauschen des Wassers hinweg.
»Ich würde das lieber selber tun!«, wiederholte Michelle lauter.
»Okay, dein Wunsch ist mir Befehl.«
»Da wüsste ich was von«, seufzte Michelle; dennoch entlockte der Kommentar ihr ein Lächeln.
Sie ging ins Schlafzimmer ihres Vaters und schaute sich um. Das Foto von ihrer Mutter war verschwunden. Michelle schaute im Papierkorb nach. Da war es auch nicht. Dann suchte sie aus irgendeinem Grund unter dem Bett und fand es. Das Glas war zerbrochen. Eine Glasscherbe hatte die Gesichter ihrer Eltern zerschnitten.
War das aus fast fünfzig Jahren Ehe geworden? Und die nächste Frage, die Michelle in den Sinn kam, war ebenso niederschmetternd.
Und in welche Richtung entwickelt sich mein Leben?
Michelle nahm das Bild ins Gästeschlafzimmer mit, ließ sich aufs Bett fallen und begann zu zittern.
»Verdammt!«
Sie fluchte erneut, stand auf und ging zum Badezimmer. Wieder begann sie zu zittern. Sie zögerte, schluckte, öffnete die Tür und ging hinein. Sie zitterte noch immer, und ein Schluchzen stieg ihr die Kehle hinauf.
Sean sah sie durch die Duschtür. »Michelle?« Er schaute sie fragend an, den Blick auf ihre Augen gerichtet, die sich jeden Augenblick in Tränen aufzulösen drohten. »Was machst du da?«
»Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was ich mache, Sean!«
Sean schnappte sich ein Handtuch und wickelte es sich um den Unterleib; dann kam er aus der Dusche. Er führte Michelle aus dem Badezimmer und zum Bett. Gemeinsam setzten sie sich auf die Kante, und Michelle drückte ihren Kopf an seine Brust.
»Ich glaube wirklich, ich verliere den Verstand«, schluchzte sie.
»Du hast viel durchgemacht«, sagte Sean. »Da ist es kein Wunder, wenn man glaubt, dass man durchdreht.«
»Meine Eltern waren ewig zusammen. Sie hatten fünf Kinder. Vier Brüder und mich, das schwarze Schaf.«
»Ich glaube nicht, dass irgendjemand so über dich denkt. Ich jedenfalls nicht.«
Michelle drehte sich zu ihm um. »Und wie genau denkst du über mich?«
»Michelle, ich ...«
Sie griff nach dem Bild in dem zerbrochenen Bilderrahmen. »Fast fünfzig Jahre Ehe und fünf Kinder, und was bekommst du dafür? Das hier?«
»Michelle«, mahnte Sean, »wir wissen noch nicht genau, was hier los ist.«
»Es kommt mir so vor, als hätte ich den größten Teil meines Lebens verschwendet.«
»Olympiateilnehmerin, Secret-Service-Agentin und jetzt meine Partnerin?« Sean versuchte sich an einem Lächeln. »Ich glaube, die meisten Frauen würden sofort mit dir tauschen - besonders, um meine Partnerin zu sein.«
Michelle erwiderte das Lächeln nicht. Aber sie weinte auch nicht. Stattdessen beugte sie sich vor und küsste Sean sanft auf die Lippen.
Dann hauchte sie ihm ins Ohr: »Ich will keine Zeit mehr verschwenden, Sean. Nicht eine Sekunde.«
Sie küsste ihn wieder, und er erwiderte den Kuss. Sie drückte sich an ihn.
Und Sean zog sich zurück.
Sie schauten einander in die
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