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Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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angeschaut. Einfach so. Quarry erinnerte sich heute noch an jede Einzelheit dieses Augenblicks, als wäre es gestern gewesen.
    Er war dermaßen schockiert gewesen, dass er zuerst gar nicht gewusst hatte, was er tun sollte. Er hatte geblinzelt, hatte geglaubt, er halluziniere oder sehe vielleicht nur, was er sehen wollte ...
    »Daddy?«
    Quarry war sofort neben ihr und hielt ihre Hand, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt.
    »Tippi ... Baby. Dad ist hier.«
    Sie wiegte den Kopf, und die Maschine piepte nicht mehr, sie kreischte. Quarry hatte schreckliche Angst, seine Tochter wieder an die Schatten zu verlieren, an jenen Teil ihres Geistes, der nicht mehr da war.
    Quarry drückte Tippis Hand und hielt ihren Kopf sanft fest, sodass ihre Augen nur ihn sehen konnten. »Tippi. Ich bin hier. Deine Momma ist gleich wieder da. Geh nicht. Tippi! Geh nicht!«
    Und dann hatten ihre Augen sich wieder geschlossen, und er war in Panik geraten. Quarry schaute sich um. Er brauchte jemanden, der ihm half, seine Tochter in dieser Welt zu halten.
    »Daddy?«
    Er riss den Kopf wieder herum. »Ich bin da, Baby.« So sehr er auch dagegen ankämpfte, irgendwann rannen ihm die Tränen über das faltige Gesicht, das während des letzten Tages mehr gealtert war als in den zehn Jahren zuvor.
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch, Baby.« Quarry drückte sich die Hand auf die schmerzende Brust. »Du musst mir sagen, was passiert ist, Tippi. Du musst mir sagen, wer dir das angetan hat.«
    Ihre Augen zuckten, und schließlich fielen sie wieder zu. Quarry suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, sie wach zu halten.
    »Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle, der über ein ansehnliches Vermögen verfügt, zu seinem Glück nur noch einer Frau bedarf«, sagte er.
    Das war der erste Satz aus »Stolz und Vorurteil«.
    Im Laufe der Jahre hatten sie dieses Buch einander immer wieder vorgelesen.
    Tippi öffnete die Augen, lächelte, und Quarry stieß erleichtert die Luft aus, denn er war fest davon überzeugt, Gott habe ihm sein kleines Mädchen zurückgegeben, egal was die Weißkittel sagten.
    »Sag mir, wer dir das angetan hat, Tippi. Sag es mir, Baby«, bat er und bemühte sich, das Zittern aus seiner Stimme zu halten.
    Tippi formte mit den Lippen nur fünf Worte, aber das reichte. Quarry hatte sie verstanden.
    »Danke, Baby. Ich liebe dich sehr.« Er schaute zur Decke. »O Gott, ich danke dir.«
    Dann war die Tür aufgegangen. Quarry drehte sich um. Es war Cameron mit zwei Bechern Kaffee. Quarry sprang durchs Zimmer. Er packte sie so heftig, dass sie die Becher beinahe fallen gelassen hätte, und zog sie zum Bett.
    »Unser kleines Mädchen ist wach«, sagte er. »Cam, sie ist wieder da.«
    Cameron Quarry hatte die Augen so weit aufgerissen und so breit gegrinst, dass Quarry schon Angst hatte, es würde ihr das Gesicht zerreißen. Doch als sie auf das Bett schaute, wurden ihre Augen wieder kleiner, und das Lächeln verschwand.
    Quarry schaute ebenfalls nach unten. Tippi hatte die Augen geschlossen. Ihr Lächeln war verschwunden. Sie würde nie wieder aufwachen, und Quarry würde nie wieder ihre Stimme hören.
    Wegen dieses Lächelns, dem letzten Lächeln seiner Tochter, hatte Quarry ihr all die Jahre immer wieder Jane Austen vorgelesen. Das war sein Dank an die Schriftstellerin, die - so fühlte er - ihm diese letzten glücklichen Augenblicke geschenkt hatte.
    Die vier Worte wiederum, die Tippi an jenem Tag gesagt hatte, brannten zwar in Quarrys Geist, doch er hatte nicht nach ihnen gehandelt, denn sie deuteten nicht auf eine bestimmte Person. Dann hatte es ihn auch noch wahnsinnig gemacht, dass der Arzt, dem er von Tippis kurzem Aufwachen erzählt hatte, ihm nicht hatte glauben wollen.
    »Falls sie wirklich aufgewacht sein sollte«, hatte der Arzt gesagt, »war es nur eine Anomalie.«
    Quarry hatte seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten müssen, dem Mann nicht auch noch die Zähne auszuschlagen.
    Nein, er handelte nicht nach diesen Worten; dabei wusste er nicht einmal genau, warum. Doch nach Camerons Tod hielt ihn nichts mehr zurück. Da hatte er dann endlich seinen langen Weg zur Wahrheit begonnen, und nun war er an einem Punkt angelangt, da ihm und Tippi endlich Gerechtigkeit widerfahren würde.
    Während er nun in Richtung Mine flog, dachte er daran, dass es nur eine Sache gab, die schlimmer war als allein zu sterben: Zu sterben, wenn noch nicht alles erledigt war.
    So würde er auf keinen Fall aus

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