Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
Schrank gesucht, und die wütende First Lady hatte angeblich versucht, die Tür mit einer Feuerwehraxt einzuschlagen. Der Secret Service hatte ihr daraufhin die Waffe abnehmen müssen, und der Präsident hatte überlebt. Doch später, noch während seiner Amtszeit, starb er unter mysteriösen Umständen in einem Hotel in San Francisco. Manche Leute glaubten, die First Lady habe doch noch ihre Rache gehabt und ihren Mann vergiftet. Das war allerdings nie bewiesen worden, denn Mrs. Harding hatte eine Autopsie untersagt und stattdessen befohlen, den Leichnam ihres Mannes so schnell wie möglich einzubalsamieren. Das war ein schönes Beispiel dafür, wie der starke Wille einer betrogenen Ehefrau über die Bedürfnisse einer ganzen Nation triumphierte.
Feuerwehräxte gab es nicht mehr im Weißen Haus, und obwohl in der Präsidentenwohnung eine kleine Küche vorhanden war, kochte die First Lady eigentlich nie ... oder falls doch, war es mehr als unwahrscheinlich, dass ein Präsident, der Hardings Geschichte kannte, das Gekochte essen würde.
Larry Foster zerbrach sich den Kopf darüber, ob es vielleicht irgendwelche Brieföffner in der Präsidentenwohnung gab, die man als Waffe benutzen könnte. Und was war mit einer schweren Lampe, um den präsidialen Schädel einzuschlagen? Oder mit einem Schürhaken? Foster glaubte, förmlich zu spüren, wie er ein Magengeschwür bekam. Obwohl es nicht gerade warm im Weißen Haus war, trat ihm der Schweiß auf die Stirn. Er und sein Team rückten langsam an die verbotene Tür heran.
Dabei sah jeder der Agenten vor seinem geistigen Auge schon die Schlagzeile von morgen:
SECRET SERVICE TÖTET FIRST LADY, UM PRÄSIDENTEN ZU RETTEN.
Ein halbes Dutzend schwerbewaffneter Agenten wartete im Flur, um notfalls loszuschlagen, und alle sechs hatten sie Magenbeschwerden.
Zwanzig sorgenvolle Minuten später klingelte Fosters Handy. Es war der Präsident.
»Ja, Sir?«, meldete sich Foster.
Er hörte aufmerksam zu, und immer größere Verwirrung zeigte sich auf seinem Gesicht. Aber er sprach mit dem Präsidenten; also konnte Foster nur eines sagen:
»Sofort, Sir.«
Er legte auf und schaute zu seinem Stellvertreter. »Bruce, ruf in Andrews an, und lass einen Flieger startklar machen.«
»Die Air Force One?«
»Jedes Flugzeug, in das der Präsident steigt, ist die Air Force One.«
»Ich meine ...«
»Ich weiß, was du gemeint hast«, sagte Foster mit Nachdruck. »Nein, wir nehmen nicht die 747. Frag nach, ob eine der kleineren Maschinen verfügbar ist. Die 757 vielleicht, ohne Wappen.«
»Wolfman will in einer 757 ohne Kennzeichen nach New York?«, fragte Bruce erstaunt.
»Wir fliegen zwar irgendwo hin«, knurrte Foster, »aber ich glaube nicht, dass New York unser Ziel ist.«
»Aber wir haben doch kein Vorausteam irgendwo hingeschickt.«
»Das ist ein geheimer Einsatz, vergleichbar mit einer Operation im Irak oder in Afghanistan.«
»Aber auch da haben wir Vorausteams. Wir brauchen einen logistischen Vorlauf von mindestens einer Woche, bevor der Mann irgendwo hin kann.«
»Erzähl mir lieber was, was ich nicht weiß, Bruce. Das Problem ist, wir haben keine Woche. Wir haben nur ein paar Stunden, und ich weiß nicht mal, wo zum Teufel es hingeht. Also setz dich mit Andrews in Verbindung und besorg mir eine Maschine. Ich rufe in der Zwischenzeit den Direktor an und frage nach, wie ich mit dieser Scheiße hier umgehen soll. Ich bin schon verdammt lange in diesem Job, aber das ist neu für mich.«
74.
Q uarry überprüfte die Geräte, die Tippi am Leben erhielten, und checkte den Sauerstoffgehalt. Alles arbeitete reibungslos, angetrieben von einem Generator. Draußen war es dunkel; die Sonne würde noch ein paar Stunden auf sich warten lassen.
Als er das Gesicht seiner Tochter berührte, dachte Quarry an sein Telefonat mit Jane Cox zurück. Er hatte noch nie mit der First Lady gesprochen. Leute wie er bekamen diese Gelegenheit nicht. Natürlich hatte er im Laufe der Jahre viel über sie gelesen und die Karriere ihres Mannes verfolgt. Irgendwie hatte er mehr von ihr erwartet. Er hatte sie sich gebildet, elegant und kampferprobt vorgestellt. Doch sie hatte ihn enttäuscht. Die First Lady hatte am Telefon einfach nur menschlich geklungen ... ängstlich, um genau zu sein. Sie hatte sich in ihrem Elfenbeinturm die ganze Zeit so sicher gefühlt, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie unter ihr die Scheiße zu kochen begann.
Nun, jetzt wusste sie es, und bald würde sie es auch aus nächster
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