Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
und rückte feuernd vor. Als die Magazine leer waren, lud er schnell nach und schoss weiter. Schließlich wechselte er zu einer Schrotflinte, die in einem Holster auf seinem Rücken hing, lud durch und feuerte weiter. Die Waffe schlug große Stücke aus dem Fels. Tödliche Splitter sirrten durch die Luft.
Sekunden später sprang Michelle in dem Moment auf, als Daryl nachlud, und traf ihn mit einer Kugel in die Brust.
»Verdammt!«, rief sie, als Daryl nur zurücktaumelte. Sein Körperpanzer hatte den Einschlag absorbiert. »Wann lerne ich endlich, auf den verdammten Kopf zu zielen?«
Sean eröffnete ebenfalls das Feuer und versuchte, Daryl in Deckung zu zwingen, doch der Mann schien keine Angst vor dem Tod zu haben. Er lud nach, feuerte einen Schuss nach dem anderen und lachte und fluchte dabei. »Ist es das, was getan werden muss, Daddy?«, kreischte er. »Ja? Dein Junge ist hier! Für dich, Daddy!«
Als Michelle erkannte, dass sie gegen diese Feuerkraft nichts ausrichten konnten, rief sie: »Gabriel, Willa, lauft!« Sie deutete hinter sich. »Da lang!«
Gabriel packte Willa an der Hand. »Komm!«
Sie rannten los.
»Verdammt ...«, stöhnte Sean ein paar Sekunden später vor Schmerz.
Michelle hob beim Nachladen den Blick und sah, wie Sean sich den Arm hielt, den ein Felssplitter aufgeschlitzt hatte.
»Geht schon«, sagte Sean und verzog das Gesicht.
Sie konnten Daryl in der Dunkelheit nicht sehen, aber er hielt nun etwas in der Hand, das noch viel Furcht erregender war als eine MP5 im Nahkampf. Es war ein kleines Kästchen mit einem Schalter.
»He, Bullen! Lasst uns alle Jesus besuchen gehen!«, krächzte Daryl.
»Nicht!« Quarry warf sich im selben Moment auf seinen Sohn, als dieser den Schalter umlegte. Daryl schlug hart auf dem Boden auf. Quarrys Schwung trug ihn an seinem Sohn vorbei, und er fiel auf einen Haufen Geröll.
Für einen Moment war es still, dann zündete die erste Ladung. Die Explosion donnerte durch den engen Tunnel wie ein vorbeirasender Zug und trieb Staub und Splitter vor sich her.
Daryl stand genau in dem Moment auf, um die volle Wucht abzubekommen. Ein heranrasender Felsbrocken trennte seinen Kopf vom Körper. Quarry wurde durch den Geröllhaufen größtenteils vor der Explosion geschützt. Als der Orkan aus Steinchen und Splittern über ihn hinweggerast war, kämpfte er sich hoch und hustete Staub.
Quarry warf kaum einen Blick auf das, was von seinem Sohn übrig geblieben war, sondern rannte den Tunnel hinunter. Er fand Sean und Michelle, wo die Druckwelle sie hingeworfen hatte, und half ihnen auf. »Laufen Sie!«, rief er. »Die nächste Ladung geht nicht weit von hier entfernt hoch!«
Sie rannten, so schnell sie konnten. Als die nächste Ladung detonierte, brach hinter ihnen die Decke ein. Wieder schleuderte die Druckwelle sie zu Boden. Michelle versuchte aufzustehen, schrie dann aber gellend und griff sich ans Fußgelenk. Quarry bückte sich, hob sie mit aller verbliebener Kraft hoch und warf sie sich über die Schulter. Einen Augenblick später schlug ein großer Felsbrocken genau an der Stelle ein, an der Michelle gelegen hatte.
»Bewegung! Bewegung!«, rief er Sean zu, der sich den verletzten Arm hielt. »Die nächste Ladung zündet jeden Moment!«
Als die drei über einen Trümmerhaufen kletterten, sahen sie in all dem Rauch und Chaos Gabriel und Willa nicht, die sich in einen Nebentunnel gekauert hatten, nachdem ihnen beinahe die Decke auf den Kopf gestürzt wäre.
Wenige Augenblicke später ging die dritte Ladung hoch, und wieder wurde der ganze Berg erschüttert. Erneut gab ein Teil der Decke nach und donnerte in die Tiefe.
Schließlich erreichten sie den Ausgang und rannten hindurch. Quarry setzte Michelle ab und keuchte wie nach einem Marathon.
Michelle hielt sich das Fußgelenk und starrte zu ihm hinauf. Quarry war voller Dreck und Kohlenstaub, und mit seinem wilden weißen Haar und dem von der Sonne verbrannten Gesicht sah er wie der Überlebende einer geheimnisvollen Urkatastrophe aus. In gewisser Weise war es ja auch so. Das galt für sie alle.
»Sie ... Sie haben mir das Leben gerettet«, keuchte Michelle.
Quarry beäugte Sean und sah das Blut über dessen Arm laufen. Er riss sich einen Ärmel ab und machte einen behelfsmäßigen Verband daraus. Als er zurücktrat, sah Sean die Brandwunden auf dem Arm des alten Mannes. Fragend schaute er zu Michelle. Sie hatte es ebenfalls gesehen.
Plötzlich erstarrte Sean. »Wo sind die Kinder?«
Quarry und Michelle
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