Search inside yourself
deshalb nicht angemessen vorbereiten.
Zum Glück kam mir mein Achtsamkeitstraining zu Hilfe. Zuerst erinnerte ich mich daran, mein Ego mit Humor zu nehmen und es so weit schrumpfen zu lassen, dass mein »Ich« unwichtig wurde. Andererseits musste es groà genug sein, dass ich mich auf einer Konferenz als gleichwertiger Redner neben einer Nobelpreisträgerin rundum wohlfühlte. Danach rief ich mir meine Stärken und meine Schwächen ins Gedächtnis. Ich wusste zum Beispiel, dass ich ein Experte für die Anwendung von Weisheitspraktiken in Unternehmen war, aber keine Ahnung hatte, wie man in einem Land eine Infrastruktur für den Frieden schafft. Demzufolge konzentrierte ich mich darauf, die Bereiche aufzuwerten, zu denen ich am meisten beitragen konnte. Ich erinnerte mich auch daran, dass meine gröÃte Stärke meine Fähigkeit war, zu einer friedlichen und humorvollen Atmosphäre im Raum beizutragen, und verharrte deshalb so weit wie möglich in einem meditativen Zustand Freudiger Achtsamkeit (siehe Kapitel 3). SchlieÃlich machte ich mir die wahrscheinlichste Fehlerquelle bewusst, nämlich dass ich beim Sprechen über die englischen Wörter stolpern würde, und erinnerte mich an meinen Wiederherstellungsmodus: tief durchzuatmen, zu lächeln, Achtsamkeit zu bewahren und mich von einem gelegentlichen Straucheln nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Indem ich all diese auf die Selbstwahrnehmung gestützten Strategien nutzte, konnte ich
mein Selbstvertrauen die ganze Zeit über bewahren. Ich bin froh, dass ich diese Dinge gelernt habe.
Wenn man über jene Art von tiefer Selbsterkenntnis und absoluter Ehrlichkeit gegenüber sich selbst verfügt, die für ein dauerhaftes Selbstvertrauen nötig ist, muss man nichts mehr vor sich verbergen. Sie ist das Ergebnis einer zutreffenden Selbsteinschätzung. Wenn wir uns richtig einschätzen, können wir sowohl unsere gröÃten Stärken als auch unsere gröÃten Schwächen klar und objektiv sehen. Wir gestehen uns unsere erhabensten Wünsche und unsere dunkelsten Begierden ehrlich ein. Wir finden heraus, wie unsere Prioritäten im Leben aussehen, was wir wichtig und was wir unwichtig finden und deshalb loslassen können. Irgendwann sind wir dann so weit, dass wir uns in unserer eigenen Haut wohlfühlen. Wir haben keine Leichen mehr im Keller, von denen wir nichts wissen. Es gibt nichts an uns, womit wir nicht zurechtkämen. Dies ist die Grundlage des Selbstvertrauens.
Eine zutreffende Selbsteinschätzung wiederum ergibt sich aus einem starken emotionalen Bewusstsein. Ich stelle mir das so vor, dass man die emotionalen Daten in einem sehr guten Signal-Rausch-Verhältnis (also sehr klar) empfängt. Zur Stärkung unseres emotionalen Bewusstseins müssen wir unsere emotionale Erfahrung eingehend studieren. Wir ähneln einem Trainer, der sich ein Pferd ansieht. Je aufmerksamer wir das Tier in verschiedenen Situationen beobachten, desto besser verstehen wir seine Neigungen und Verhaltensweisen und desto geschickter können wir mit ihm arbeiten. Diese Klarheit gibt uns den Raum, das eigene Gefühlsleben aus dem Blickwinkel eines neutralen Beobachters zu sehen. Wir entwickeln mit anderen Worten Objektivität und nehmen allmählich alle emotionalen Erfahrungen klar und vorurteilsfrei wahr, so wie sie sind. Ein solch klares Signal schafft die Voraussetzungen für eine zutreffende Selbsteinschätzung.
Dies lässt auf eine einfache lineare Beziehung zwischen den drei emotionalen Komponenten schlieÃen, die der Selbstwahrnehmung zugeordnet sind: Ein starkes emotionales Bewusstsein bewirkt eine zutreffendere Selbsteinschätzung, was wiederum das Selbstvertrauen steigert.
Selbstwahrnehmung entwickeln
Manche Dinge im Leben sind so offensichtlich, dass sie deutlich erkennbar sind und dennoch unbemerkt bleiben. Vergleichen
Sie etwa die folgenden beiden Definitionen von zwei Giganten auf ihrem Gebiet:
Â
[Selbstwahrnehmung] ⦠ist vielmehr eine neutrale Einstellung,
die auch in turbulenten Situationen die Selbstreflexion bewahrt.
â Daniel Goleman 9
Â
Achtsamkeit beinhaltet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu
sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen.
â Jon Kabat-Zinn 10
Â
Im Grunde sprechen beide über dieselbe Sache! Selbstwahrnehmung (wie sie Daniel definiert) ist Achtsamkeit (wie sie Jon definiert). Diese
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