Sebastian
Zuschauermenge, ihre Gesichter hasserfüllt und dunkel.
»Ich herrsche bereits über den Pfuhl«, sagte Sebastian, jedes Wort eine Willensanstrengung. Wie lange könnte er sich ihnen widersetzen? Wie lange würde es dauern, bevor die Verlockung, von Gefühlen überschwemmt zu werden, zu stark wurde, um ihr zu widerstehen?
»Er herrscht über den Pfuhl«, spottete ein Inkubus. In seinen Augen glitzerte es bösartig, als er den Kopf wandte, um sich an die Zuschauer zu wenden. »Er ist derjenige, der eurer Erfüllung im Weg steht. Er ist derjenige, der verhindert, dass ihr bekommt, was euch zusteht.« Der Inkubus blickte Sebastian an. »Er ist derjenige, der vernichtet werden muss.«
Das Raunen der Menge wurde immer lauter, als sie sich näherte und sich verteilte, um ihn einzukreisen. »Verjagt ihn!« »Zeigt ihm, wer hier wirklich das Sagen hat!« »Der Bastard glaubt, er kann die Regeln machen und mir sagen, was ich zu tun habe? Bringt ihn unter die Erde!«
Sebastian starrte die vier Reinblüter an. In den Stunden, die er damit verbracht hatte, nach ihnen zu suchen, hatten sie die dunklen Gefühle der Besucher des Pfuhls genährt. Jetzt waren diese Männer davon überzeugt, dass es völlig in Ordnung wäre, ihn für die Erfüllung ihrer Begierden zu töten. Begierden, die sie am Ende das Leben kosten würden.
Er fühlte, wie die Menge sich regte, blickte sich kurz um. Einige der Männer schwangen abgebrochene Stuhlbeine wie Knüppel. Andere hatten Taschenmesser gezückt. Nur einer müsste sich auf ihn stürzen, und sie alle würden versuchen, ihn in Stücke zu reißen. Selbst wenn die Bewohner des Pfuhls in den Kampf eingreifen würden, um ihm zu helfen, würde es Verletzte geben. Vielleicht sogar Tote.
Die Reinblüter wussten, dass er einen von ihnen getötet hatte. Sie würden ihr Leben nicht aufs Spiel setzen, solange die Menschen bereit wären, ihnen diese schmutzige Aufgabe abzunehmen. Aber sie versuchten noch immer, ihn zu locken, ihn für ihre Angriffe empfänglich zu machen.
Sebastian.
Warum setzte er sich zur Wehr? Er konnte sich nicht mehr wirklich daran erinnern.
Er ging einen Schritt auf die Reinblüter zu.
Sebastian!
Wild schlug die Liebe in ihrer Verzweiflung, ihn zu erreichen, zu, setzte ihn in Flammen, befreite ihn aus dem Bann der Reinblüter. Er erkannte diese Liebe, ihre Hitze, die Leidenschaft, die aus diesem Herzen sprach.
Lynnea!
Die Macht der Zauberer stieg in ihm auf, prickelte in seinen Fingerspitzen - eisiges Feuer, das eher der kalten Gewissheit des Verstandes entsprang, als der Glut der Gefühle.
»Ich schütze den Pfuhl«, sagte er mit erhobener Stimme, um die Menge zu erreichen, während er die Reinblüter mit seinem Blick fixierte. »Ihr seid eine Gefahr für die Menschen hier, für alle Menschen in Ephemera. Ihr seid Mörder und müsst vernichtet werden. Die Gerechtigkeit fordert es.«
Die Reinblüter fauchten. Die Menge drang auf ihn ein.
Er hob die Hand, zeigte auf die Reinblüter - und ließ seine Macht frei.
Zuckende Blitze, blendend hell, trafen alle vier. Hüllten sie ein. Ließen sie in Flammen aufgehen.
Verbrannten sie.
Sie schrien, unfähig, sich der Macht zu entziehen. Die Männer, die auf ihn losgegangen waren, stolperten plötzlich übereinander in ihrer Hast, von ihm wegzukommen.
Selbst als die Reinblüter tot auf der Straße lagen, schien das Echo ihrer Schreie noch widerzuhallen.
Niemand sprach; niemand rührte sich.
Er blickte in die Menge. Mit dem Tod der Reinblüter war der Bann von ihnen abgefallen. Jetzt spiegelten die Gesichter der Männer nichts anderes wider als Angst - vor ihm.
»Verlasst den Pfuhl«, befahl er. »Kehrt nicht wieder.«
Unbeholfen kamen sie auf die Beine, eilten in die Richtung der Brücken, die sie in ihre Heimatlandschaften zurückbringen würden. Er blickte ihnen nach, bis sie au ßer Sichtweite waren. Dann wandte er sich um und sah in den Hof.
Angst in Teasers Augen, in Philos. Selbst die Bullendämonen blickten ihn voller Furcht an. Aber Lynnea …
Vielleicht verstand sie nicht, was er war. Vielleicht war es ihr egal. Alles, was er von ihr spürte, war Erleichterung … und Liebe.
»Tageslicht, Sebastian«, sagte Teaser schließlich in einem Tonfall, der leicht hysterisch klang. »Du bist ein Zauberer!«
Er rieb mit dem rechten Daumen über seine Fingerspitzen und spürte das leichte Prickeln jener kalten Magie. Und er erinnerte sich an etwas, das Nadia einst gesagt hatte.
Es gibt zwei Arten von Zauberern. Viele
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