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Sechs Richtige (German Edition)

Sechs Richtige (German Edition)

Titel: Sechs Richtige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Monster fotografiert wurden, merkten sie nicht.

    «Hier am Klettergerüst hat sich auch mal einer aufgehängt. Da waren wir alle stinksauer, weil die Polizei kam, mit der Spurensicherung. Alles war abgesperrt, und wir Kinder konnten zwei Tage oder so nicht auf den Spielplatz», erklärte Lena, die sich immer noch darüber aufzuregen schien. «Auf Kinder wird hier eh nicht wirklich Rücksicht genommen, immer geht es nur darum, dass die Touristen sich wohlfühlen. Man darf hier ja noch nicht mal Rad fahren. Und da drüben ist auch mal einer runtergesprungen, ein Beamter auf Lebenszeit, er kam aus München, weißt du noch, Frauke, der hatte doch noch in jedem Restaurant auf der Insel gefragt, warum es keine Weißwurst gibt, jedenfalls war das voll tragisch. Seine Frau wollte sich irgendwie nicht scheiden lassen.»
    «Nein, seine Frau
wollte
sich scheiden lassen, und er kam damit nicht klar, alles bringst du durcheinander. Wieso hätte er denn springen sollen, wenn seine Frau sich
nicht
scheiden lassen wollte?»
    «Ist doch auch egal. Das Tragische war jedenfalls, dass einen Tag vorher irgendein Containerschiff Tausende Butterpäckchen verloren hatte, und die waren alle angeschwemmt worden. Dieser Beamte auf Lebenszeit ist genau da reingehüpft und nicht gestorben.»
    «Ach du liebe Zeit. Und was hat er dann gemacht?»
    «Na, er ist wieder nach oben geklettert. Tragisch. Den Anzug von ihm hättet ihr sehen sollen. Der ganze Typ sah aus wie ein Butterpäckchen.»
    «Hat er sich denn letztendlich noch umgebracht?»
    «Ich glaube nicht. Er hatte wohl Angst, dass es wieder nicht klappen könnte.»
    «Der arme Mann.»
    Sie befanden sich zu viert auf einer Suizid-Sightseeing-Tour über die Insel und liefen nun in Richtung Lummenfelsen. Dort sahen sie schon von Weitem eine Gruppe Frauen stehen, die sich aneinander festhielten und ganz offenbar versuchten, das Geschrei der Trottellummen zu übertönen, was recht schwer war. Je näher die Mädchen kamen, desto deutlicher sahen sie, dass die Augen der Frauen weit aufgerissen waren, eine wollte wegrennen und wurde von den anderen festgehalten, und gemeinsam schrien alle weiter.
    «Was ist denn da los?», fragte Vanessa verwirrt. «Gibt es hier eigentlich nur Irre?»
    «Das sind doch die Frauen, die bei uns in der Herberge wohnen», sagte Antonia. «Ich weiß, warum die so schreien. Ich hab gehört, wie die sich drüber unterhalten haben. Die leiden unter Ornithophobie.»
    «Was?», fragten die drei anderen.
    «Ja, ja, ihr habt schon richtig verstanden. Die haben Angst vor Vögeln und wollen hier ihre Angst in den Griff kriegen.»
    «Das scheint ihnen aber nicht wirklich zu gelingen», sagte Frauke, während die Frauen brüllend vor Angst Weißbrotscheiben in die Luft hielten, um auch ihre Angst vorm Vogelfüttern zu besiegen. Eine Lumme kam angeschossen und schnappte gierig nach dem Brot der einen, die daraufhin noch lauter brüllte und ihre blutende Hand den anderen hinhielt. Es war entsetzlich.
    «Lasst uns gehen», bat Antonia. «Ich würde gern einfach irgendwo sitzen, und zwar da, wo es ruhig ist, einfach ruhig.»
    «Das geht im Sommer erst ab 16 Uhr, wie du weißt. Dann sind die Touristen wieder weg», sagte Lena. «Aber wir können ins Schwimmbad gehen anstatt auf die Düne. Da können wir später rüberfahren und ein bisschen chillen.»
    «Gut.» Während die Frauengruppe am Lummenfelsen anfing, sich warum auch immer zu prügeln, liefen die vier Mädchen los, um ihre Badesachen zu holen.
    Vanessa drehte sich noch mal um. «Manchmal ist es gar nicht so schlecht, wenn jemand den Felsen runterspringt», sagte sie zu den anderen, und niemand protestierte.
    Eine Viertelstunde später lagen sie auf ihren Handtüchern und sonnten sich. Kaum ein Tourist hatte sich heute hierhin verirrt, die meisten waren auf der Düne. Und die Tagesausflügler kamen in der kurzen Zeit sowieso nicht hierher.
    «Hi.» Ein Schatten hatte sich über Vanessa gelegt, und sie öffnete die Augen. Fridtjof stand da und lächelte.
    Sofort fing ihr Herz wieder an zu rasen. Sie wusste einfach nicht, wie sie ihn einschätzen sollte. Wollte er sie einfach immer nur aufziehen – und sie einen grünen Gnom nennen –, oder war er eigentlich ganz nett?
    «Hi», sagte sie und wartete ab.
    «Kommst du mit ins Wasser?», fragte er.
    «Warum eigentlich nicht?» Vanessa stand auf.
    «Neue Haarfarbe?», fragte Fridtjof, während sie zum Becken gingen.
    «Ja und nein», sagte sie. «Das ist meine Naturfarbe. Also ich

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