SECHS
das nicht darf?“ Bei diesem Gedanken blitze die Seine kurz in seinem Hirn auf.
„Sie sind ja betrunken.“
Sirkowsky nickte begeistert.
„Das ist meine Datscha und Sie verschwinden hier jetzt auf der Stelle!“, zischte Swantje scharf.
„Jetzt habe ich dich aber beim Lügen ertappt!“
Er versuchte zu nicken, schwankte dabei aber mit dem ganzen Körper vor und zurück.
„Dich habe ich hier noch nie gesehen. Nur so einen dicken, hässlichen Mann. Dem gehört der Laden hier“, setzte er hinzu. Swantjes Augen weiteten sich vor Erstaunen und Sirkowsky bemerkte es sogar.
„Uh ... ist ja ein Ding! Du kennst den auch, was?“
„Das ist mein Mann!“
Sirkowsky überlegte einen Moment so angestrengt, als würde sich die Trübung seines Geistes damit schneller lichten. Dann sagte er:
„Ah! Mein Beileid. Aber das trifft sich gut! Darüber müssen wir uns mal unterhalten.“
Jetzt tat er einen Schritt auf sie zu. Sein Dauergrinsen war verschwunden. Und durch den Nebel bahnte sich der wahre Sirkowsky seinen Weg zurück an die Oberfläche seines Geistes.
-68-
Melanie und Corinna standen völlig erstarrt im Raum und versuchten zu begreifen, was sich da vor ihren Augen abspielte. Um das Bett von Anna herum bewegten sich lauter Weißbekittelte, riefen laut Anweisungen, die dann hektisch befolgt wurden. Gaben die Pfleger und Ärzte einen kurzen Blick auf die Patientin frei, konnten die beiden sehen, wie Annas Körper konvulsiv zuckte und sich zwischen zwei Anfällen, wie ein verendender Fisch auf dem Trockenen, immer wieder in die Luft katapultierte.
Nachdem sich Annas Körper derart drei- oder viermal nach oben durchgebogen hatte, blieb er schließlich regungslos liegen. Sofort ertönte ein durchgehender Pfeifton.
„Asystolie! Asystolie!“, brüllte eine Frau.
„Ein Milligramm Adrenalin!“, kam es von einem Arzt.
„Atropin?“, erneut von der Frau.
„Drei Milligramm.“
„Was heißt das? Was passiert mit ihr?“, schrie Corinna fassungslos in die Runde.
Nur eine Schwester hörte sie.
„Es ist wohl besser, wenn Sie draußen warten“, sagte sie ruhig und drückte die beiden in den Flur hinaus.
Dort fiel ihr Corinna weinend in die Arme. Melanie streichelte ihren Kopf. Schweigend. Was konnte sie auch sagen? Ihr war sehr schnell klargewesen, was da drinnen passierte. Als das Signal ertönt war, hatte sie einen Blick auf den EKG-Monitor geworfen. Die flache Herzlinie ließ keinen Zweifel daran, dass Anna mit dem Tode rang - wenn sie den Kampf nicht schon verloren hatte. Ob Corinna die Flatline auch gesehen hatte wusste Melanie nicht.
Während sie Corinna streichelte, warf sie einen kurzen Blick über ihre eigene Schulter. Sie sah Frank vor der Scheibe zu Annas Zimmer sitzen. Melanie war sich sicher, dass sie ihn mit dem Rücken zur Kontrollscheibe abgestellt hatte. Demnach musste er sich aus eigener Kraft gedreht haben. Viel schlimmer aber war, dass er wieder abwesend vor sich hinstarrte und dabei hin und herschwang. Und obwohl Corinna mitten in ihr Ohr schluchzte, nahm sie deutlich wahr, dass er erneut diese verdammten Zahlen murmelte. Doch um all das konnte sie sich jetzt nicht kümmern. Sie konnte ihn nur im Auge behalten.
Es mochten vielleicht drei, sieben oder auch zehn Minuten vergangen sein, als die Tür sich öffnete und eine der Schwestern herausgerannt kam. Corinna löste sich sofort von Melanie. Die Schwester wollte schon an den beiden vorbeistürzen, aber als sie die fragenden Blicke der beiden Frauen sah, blieb sie stehen. Sie nickte.
„Sie ist schwach, aber sie le... es geht ihr den Umständen entsprechend gut“, korrigierte sie sich. Einen Moment noch blieb sie respektvoll stehen und lief dann davon.
„Haben Sie gehört?“, rief Melanie, „Ihrer Schwester geht es gut!“
Corinna nickte und wischte sich die Wangen.
„Was halten Sie davon, wenn wir uns in“, sie blickte auf ihre Uhr, „zehn Minuten unten in der Cafeteria treffen und etwas trinken?“, fragte Melanie.
Corinna schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich kann ... nicht. Ich warte lieber hier.“
„Sind Sie sicher?“
„Ja“, kam es erstickt.
„Sie haben meine Nummer. Wenn Sie reden möchten ...“
Corinna nickte.
Melanie drückte ihr zum Abschied bestärkend die Schulter und wandte sich dann ihrem Mann zu.
Frank hatte sich in der Zwischenzeit zwar nicht vom Fleck bewegt, aber das unheimliche Schaukeln hatte zumindest aufgehört. Sie würde ihn jetzt in sein Zimmer schieben und dann versuchen
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