Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
Vom Netzwerk:
abgelegt. Nach kurzer Zeit hörte Rentsch ein Knacken und dann war Heydarian wieder da.
    „Hören Sie? Es ist die Unfallklinik.“
    „Wie sind die Zahlen?“
    „Steht in der Zeitung. Aber wofür brauchen Sie die überhaupt?“
    Das war eine gute Frage. Vielleicht konnte er so herausfinden, wer sie getippt hatte.
    „Das lassen Sie mal mein Problem sein. Geben Sie mir einfach die Zahlen, dann ersparen Sie mir die Suche.“
    Vom anderen Ende ertönte ein genervtes Schnaufen. Der Hörer wurde ein zweites Mal abgelegt, und Rentsch hörte das Rascheln von Papier.
    „Haben Sie was zu schreiben?“, meldete sich Heydarian zurück.
    Rentsch brummte ein „Hm“ zur Antwort.
    „Zwölf, dreiundzwanzig, achtunddreißig, neununddreißig, fünfundvierzig, neunundvierzig. Die Zusatzzahl ist dreiundvierzig und die Superzahl acht. Haben Sie das?“
    „Ja.“
    „Wann kriege ich mein Geld? Ach ... und ich will mehr.“
    „Wir haben eine Vereinbarung, Mann“, zischte Rentsch.
    „Bei der Summe ... ich trage immerhin ein großes Risiko.“
    Rentsch bebte vor Zorn. Nichts hasste er so sehr, wie wortbrüchige Geschäftspartner.
    „Wie viel ist mehr ?“
    „Sagen wir Hunderttausend?“
    „Sind Sie völlig irre?“
    „Noch mal. Ich trage ein großes Risiko.“
    Rentsch dachte nach. Am liebsten würde er dem Hund Sirkowsky auf den Hals hetzen, aber dann gewann die Vernunft doch schnell wieder die Oberhand. Bei elf Millionen war auch diese Forderung zu verschmerzen.
    „In Ordnung. Aber ich warne Sie! Wenn Sie mir noch mal so ankommen, dann werden Sie sehr schnell bereuen mich unterschätzt zu haben.“
    Rentsch schlug den Hörer auf.
    Es dauerte eine Weile bis er seinen Zorn wieder im Griff hatte, dann aber war er wieder unvermindert guter Laune und betrachtete die Zahlen. Das waren sie also. Sein Gewinn. Seiner! Das, wofür er so litt.
    Geradezu zärtlich strich er über die Vertiefungen, die sein Kugelschreiber in dem Papier hinterlassen hatte. Dabei fiel ihm auf, dass die Gewinnzahl die Neunundvierzig enthielt. Sein Alter! Er lächelte. Weniger komisch war die Zusatzzahl. Sie stand für das, was er am meisten hasste. Seine Frau. Aber vielleicht war beides ja das Zeichen, dass alles vorbestimmt war - er, der Auserwählte.

-73-

    Im Auto wurde Melanie von unzähligen Gedanken überrollt. Gedanken, die sich mit ihrer Phantasie vermischten, völlig unkontrolliert wüteten. Sie sah, wie sich Frank auf der Anderen bewegte, sie berührte, wie er sie selbst immer berührt hatte. Sie hörte sein Stöhnen, von dem sie wusste, wie es klang. Sie roch seine Haut, seinen Schweiß, sein Sperma.
    Melanie schüttelte sich heftig, so als könne sie den Ekel, der ihr in die Gedärme kroch, sich in ihr festsaugte wie ein Blutegel, auf diese Weise abschütteln.
    Und wieder weinte sie los, steigerte sich schnell in ein hysterisches Schluchzen hinein. Sie beruhigte sich erst wieder, als sie an einer roten Ampel bemerkte wie jemand aus einem nebenstehenden Auto zu ihr herübergaffte.
    Ein oder zwei Kilometer weiter blitze eine entscheidende Frage auf. Und die traf sie so hart, dass ihr darüber die Luft wegblieb.
    War die Andere der wahre Grund dafür, dass sich ihr Mann so fremd angefühlt hatte, so still geworden war? Im nächsten Moment war sie felsenfest davon überzeugt. Und überhaupt, war da nicht auch einmal ein fremder Geruch an ihm gewesen? Aber wann? Jedenfalls musste es da wohl angefangen haben. Mit dem Handrücken wischte sie sich die laufende Nase und das, wieso auch immer, brachte etwas Ruhe in ihr Hirn. So hatte jetzt die Frage Platz, was zum Henker sie da eigentlich gerade trieb?
    Sicher, sie fuhr zu einer Frau, die die Frechheit besessen hatte, sich zwischen einen Mann und seine Familie zu drängen - aber machte sie sich damit nicht klein, Fays Rolle in diesem Spiel bedeutsamer und ließ sie am Ende gar triumphieren? Wahrscheinlich.
    Gerade, als sie dem Abbruch ihres Vorhabens näher war als seiner Durchführung, meldete sich das Navigationssystem blechern zu Wort.
    „Biegen Sie in hundert Metern links ab. Dann, Sie haben ihr Ziel erreicht.“
    Melanie blickte auf das Display. Achtzig Meter. Fünfzig. Zwanzig. Sie ordnete sich links ein, hoffte aber insgeheim die Ampel würde auf Rot springen und ihr zwangsweise Gelegenheit geben, ihr Handeln zu überdenken. Zehn Meter, fünf, drei. Die Ampel blieb auf Grün. Sie bog ab.
    „Sie haben Ihr Ziel erreicht“, kam es nach weiteren zehn Metern.
    Und als ob das Schicksal auch jetzt

Weitere Kostenlose Bücher