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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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die Art von Zufällen, die Rentsch so liebte. Gerade als er die Klinik betrat, um den Besitzer des Scheins irgendwie ausfindig zu machen, stieß er genau mit dem zusammen. Es war eine Frau. Die rannte in diesem Moment durch das Foyer zum Ausgang hin, schien den Weg aber nur zu ahnen und nicht wirklich zu sehen.
    „Passen Sie doch auf!“, blaffte Rentsch, als sie zusammenprallten.
    „Entschuldigen Sie. Entschuldigung!“
    Die Frau ging schnell in die Hocke und begann fahrig damit, den Inhalt ihrer Handtasche einzusammeln. Die war ihr bei dem Zusammenstoß von der Schulter gerutscht und auf dem Weg nach unten aufgegangen. Rentsch wollte schon weiterziehen, da fiel sein Blick auf einen Zettel. Auf seinem Rand sah er Kleeblätter gedruckt. Der Wolf nahm Witterung auf. Gerade als die Frau das Papier einsammeln wollte, bückte sich Rentsch schnell und tat so, als wolle er ihr behilflich sein.
    „Ist das eine Spielquittung?“
    „Ja. Warum?“
    „Naja, vielleicht haben Sie ja Glück?“
    Sie hob den Kopf, blickte ihn an und verzog den Mund voller Bitterkeit. Jetzt bemerkte er erst die geröteten Augen der Frau.
    „Darf ich das überprüfen?“
    Er lächelte.
    Die Frau schüttelte den Kopf und sammelte den Rest ein. Als die Handtasche wieder eingeräumt war, stand sie auf und Rentsch tat es ihr nach.
    „Wie wollen Sie das überprüfen?“
    „Ganz einfach. Ich bin von der Lottogesellschaft. Ren ... ck, mein Name. Man hat mich hergeschickt, damit ich herausfinde, wer der Gewinner der Samstagsziehung ist. Vielleicht habe ich ihn gerade gefunden!“ Rentsch bewunderte sich gerade selbst für sein Improvisationstalent.
    „Bitte?“
    Rentsch nickte. Sein Lächeln war jetzt in ein breites Grinsen übergegangen. Er streckte ihr die Hand entgegen.
    „Sie haben richtig gehört. Vielleicht sind Sie ja die Gewinnerin. Das ist doch Ihre Quittung, oder?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Nein, die ist von meinem Mann.“
    „Und Sie haben ihn gerade besucht, Frau ...?“
    „Brenner.“
    Rentsch streckte ihr die Hand entgegen. Melanie ergriff sie, schüttelte sie einmal kraftlos und entzog sich schnell wieder seinem Griff.
    „Ja.“
    Rentsch fasste in die Innentasche seines Tweed-Jackets und fummelte den Zettel heraus, auf dem er die von Heydarian diktierten Zahlen notiert hatte.
    „Frau Brenner. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich lese Ihnen die Gewinnzahlen vor und Sie vergleichen sie einfach mit denen auf der Quittung. Dann werden wir ja sehen. Einverstanden? Wie viel Reihen hat er denn getippt?“
    Melanie zuckte mit den Schultern und holte den Zettel wieder aus der Handtasche.
    „Eine.“
    „Na, dann ist es ja schnell erledigt. Bereit?“
    Sie nickte gleichgültig, und Rentsch begann zu lesen. Nach jeder vorgelesenen Zahl pausierte er, musterte ihren Gesichtsausdruck und fuhr dann mit der Nächsten fort. Von Zahl zu Zahl weiteten sich ihre Augen. Bei der vierten, der Neununddreißig, jaulte der Wolf bereits siegesgewiss im Angesicht seiner Beute. Auch die fünfte und sechste Zahl bestätigten ihre Augen mehr als eindeutig. Bei der siebten, der Superzahl, war das anders. Hier schüttelte sie den Kopf. Rentsch setzte der Atem aus.
    Sechs Zahlen waren ja schon etwas, aber dann konnte diese Frau unmöglich die Gewinnerin des Jackpots sein. Doch dass in diesem Krankenhaus gleich zwei Scheine, einer mit sechs und einer mit sieben Richtigen abgegeben worden waren, schien ihm des Zufalls zu viel.
    „Sind Sie sich sicher?“, fragte Rentsch.
    „Natürlich. Es gibt ja nur sechs Zahlen in einer Reihe.“
    „Wie lautet die Scheinnummer?“, fragte er hastig.
    „Es ist die letzte Ziffer.“
    Melanie suchte die Quittung ab.
    „Neun, vier, fünf, null, vier, drei, acht ... also ist das die Acht?“
    Rentschs Miene hellte sich auf. Das war sie! Die Zahl, die Gewinnerin, die Beute. Er bemühte sich schnell, seine Ekstase zu verbergen. Es durfte keineswegs den Anschein haben als freue er sich mehr als sie sich selbst. Doch das war nicht gerade einfach. Denn in ihrem Gesicht entdeckte er keine Freude.
    „Frau Brenner. Ich gratuliere!“
    „Und was heißt das jetzt?“
    „Was das heißt?“, Rentsch lachte auf.
    „In Zahlen? Über elf Millionen! Freuen Sie sich!“
    Als Antwort erhielt er wieder dieses bittere Lächeln. Rentsch war irritiert. Er wusste natürlich nicht, dass Melanie wenige Minuten zuvor ihren Mann verloren hatte. Einen Moment dachte er darüber nach, der Frau einfach die Quittung aus der Hand zu reißen und sich

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