SECHS
später setzte sie hinzu:
„Mein Mann hat nur leider kein Telefon auf dem Zimmer.“
Genau das hatte Rentsch gehofft.
„Oh. Dann werde ich ihn wohl besuchen müssen. Ist das möglich?“
Einen Moment war Stille.
„Ich ... ich weiß nicht“, sagte Melanie, „mein Mann ist ... ihm geht es im Moment nicht so gut.“
„Ich verstehe. Das tut mir leid, Frau Brenner. Das Problem ist, dass Ihr Mann den Gewinn für sich reklamieren muss, und zwar innerhalb einer Frist von dreizehn Wochen. Ansonsten verfällt er leider.“
Er machte kurz Pause, um seine Worte wirken zu lassen. Dann setzte er hinzu:„Aber vielleicht ist er ja bis dahin wieder genesen und wir können dann ...“
„Nein! Er ist ansprechbar!“, kam es hastig aus dem Hörer. Jetzt wusste der Wolf, dass er einmal mehr bekommen würde was er wollte.
Und so nannte Melanie ihm Station und Zimmernummer. Aber die weitaus wichtigere Information kreischte gerade im Hintergrund. Es gab Kinder! Zwei wirklich ungemein brauchbare Konstanten. Das Geld war ihm so gut wie sicher.
Was Rentsch während des ganzen Telefonats nicht bemerkt hatte, war, dass vor der Tür, in der Dunkelheit des Flurs, ein heimlicher Lauscher stand und nun seine Schlüsse zog.
-78-
Irgendwann, etwa gegen zwanzig Uhr, hörte Swantje die Eingangstür schlagen. Arthur verließ das Haus. Nicht der Himmel, sondern nur der Teufel wusste mit welchem Ziel. Da war sie sich sicher.
Swantje wartete noch eine gute halbe Stunde, nur um sicherzugehen, dass er nicht überraschend zurückkehrte, und machte sich dann daran herauszufinden, mit wem er vorhin telefoniert hatte. Klar war bis zu diesem Zeitpunkt, dass es um sehr viel Geld gehen musste. Sie hatte zwar nicht immer alles deutlich hören können, aber, dass er plötzlich Renck hieß, neuerdings bei der Lotterie arbeitete und mit einer Frau namens Renner, Wrenner oder Brenner über einen Gewinnanspruch redete, das schon. Und sie ging davon aus, damit das Wichtigste verstanden zu haben.
Sie brauchte nicht viel Phantasie um zu erkennen, dass ihr Mann hinter dem Gewinn her war. Sie hatte also den richtigen Riecher gehabt und wusste nun auch, welches Ding Sirkowsky und ihr Mann drehten - wenn die beiden es noch gemeinsam drehten. Irgendwie beschlich Swantje nämlich das Gefühl, dass diese Zusammenarbeit gerade einseitig aufgekündigt worden war.
In seinem Arbeitszimmer angekommen, war ihr erstes Ziel das Telefon. Zudem musste sie sich im Dunklen vortasten, denn das Licht ließ sie ausgeschaltet, nur für den Fall, dass ihr Mann noch in der Nähe war.
Mit einem Tastendruck aktivierte sie das Display des Telefons.
Swantje rief die Anrufhistorie auf und klickte sich durch die Einträge. Dann zog sie den Notizblock heran und notierte im schwachen Schein des Telefondisplays die Nummer des Eintrags, der mit der Uhrzeit zusammenpasste, zu der sie ihn belauscht hatte.
Als Nächstes schaltete sie den Computer an. Mit einem leisen Surren erwachten die Lüfter zum Leben und gleich darauf warf der alte Röhren-Monitor ein fahles Licht auf ihr Gesicht.
Als der Rechner, untermalt von wildem Geklacker der Festplatte, endlich hochgefahren war, tippte sie das Passwort ein. Swantje lächelte. Ihr Mann glaubte tatsächlich, dass „Whiskey“ besonders kreativ war. Der Desktop baute sich auf.
Gerade als sie eine Reverssuche auf die Nummer starten wollte, schreckte sie ein Geräusch irgendwo im Haus auf. Hastig schaltete sie den Monitor wieder aus, lauschte angespannt in die Dunkelheit. Swantje wagte kaum zu atmen. So vergingen zwei oder drei Minuten, doch das Geräusch wiederholte sich nicht. Fehlalarm. Erleichtert schaltete sie den Monitor wieder ein.
Wenige Sekunden nachdem Swantje die Nummer einem Internet-Server zur Suche übergeben hatte, schickte der die Antwort zurück.
Der Anschluss war auf einen Mann namens „Frank Brenner“ registriert. Sie schrieb die Adresse unter die vorhin notierte Nummer und riss den Zettel vom Notizblock.
Jetzt wollte sie nur noch eines wissen: Um welchen Gewinn handelte es sich? Einen Moment hielt sie inne, schloss die Augen und konzentrierte sich abermals auf ein verdächtiges Geräusch. Nichts. Sie schlug die Augen wieder auf und richtete ihren Blick zurück auf den Bildschirm. Dann rief sie die Website der Lottogesellschaft auf. Und dort stand es. In fetten Lettern sprang Swantje die Schlagzeile entgegen:
„ Jackpot von über elf Millionen ist endlich geknackt.“
Das musste es sein. Aufgeregt las sie den Text
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