SECHS
nicht leicht. Es gibt so viele Verpflichtungen und alles ist unglaublich teuer“, er zwirbelte seinen Bart, „und wenn man, wie ich, für den Bürger arbeitet, dann hat man zwar eine ehrenvolle Aufgabe, aber leider auch nicht genug Anerkennung. Da muss man seinem Glück schon etwas auf die Sprünge helfen.“
Franks Grinsen war ungebrochen und seine Augen verfolgten jede Bewegung von Rentsch so neugierig, wie die Katze das pendelnde Wollknäuel.
„Sie haben eine hübsche Frau, Herr Brenner und wunderbare Kinder, wenn ich das sagen darf. Braucht ein Mann mehr?“ Er wartete auf eine Reaktion. Aber die kam nicht. Rentsch lächelte verunsichert.
„Zum Geschäft!“ Er schlug sich auf die Oberschenkel, sowohl um diese unheimliche Stille zu durchbrechen, aber auch um schnell zum Abschluss zu kommen. Diesen ihn wiegenden Blick wollte er schnellstmöglich entkommen.
„Ich werde mal konkreter. Ich weiß, dass Sie eine Menge Geld gemacht haben“, Rentsch lehnte sich zurück, „und ich denke, Sie sollten es in den Schutz Ihrer Familie investieren. Ich garantiere für diesen Schutz ... Sie verstehen, was ich meine?“ Frank neigte nur den Kopf zur Seite und grinste Rentsch weiterhin stumm an.
Rentsch war irritiert. Nun doch wieder. Was war mit diesem Mann los? War er irre? Verstand Brenner am Ende vielleicht gar nicht, was er ihm da sagte? Er musste wohl noch deutlicher werden.
„Ich halte Ihnen jemanden vom Leib, den Sie nicht kennenlernen möchten. Dafür will ich neun Millionen und Sie müssen sich keine Sorgen machen.“ Noch immer keine Reaktion. Nur Schweigen und hin und wieder das Quietschen der Fixateure.
„Hören Sie, Frank. Ich darf doch Frank sagen? Ich bin damit direkt zu Ihnen gekommen, weil ich eine Frau mit Kindern nicht unnötig beunruhigen möchte. Das regelt man besser von Mann zu Mann. Aber das können Sie auch anders haben!“
Und jetzt endlich reagierte Frank. Er beugte sich nach vorne und winkte Rentsch nahe zu sich heran. Erneut das Quietschen. Rentsch hob sich aus dem Stuhl, und als ihre Gesichter nur noch den Hauch eines Atems voneinander entfernt waren, wisperte Frank ihm etwas zu. Dann zog sich Frank lächelnd zurück. Rentschs Reaktion folgte prompt und heftig. Er schnellte nach oben. Mit vor Entsetzen geweiteten Augen stolperte er rückwärts zum Eingang. Er riss die Tür auf, sprang in den Flur und zog die Tür krachend hinter sich zu. Dann taumelte er gegen die gegenüberliegende Flurwand und blieb zitternd stehen. Rentschs Brustkorb hob und senkte sich panisch. Er hörte sein Herz wild schlagen, fühlte den Druck bis in seine Augäpfel. Ihm wurde schwindlig.
Wie konnte das sein? Er war gerade Steinmann, Swantje und Yasmin begegnet! Aus der Kehle von Brenner hatten sie ihm mit hohlen und sich überlagernden Stimmen zugeraunt, seinen Platz unter ihnen einzunehmen. Und, bei allen Göttern, er hatte sie riechen und schmecken können! Das war das Allerschlimmste gewesen. Ihr fauliger Atem stach ihm noch immer in der Nase und der Geschmack lehmiger Erde klebte auf seiner Zunge. Aber das war erst der Anfang.
In der Ferne hörte er jetzt ein leises Klacken. Es hallte von den Wänden wider. Dann noch eines. Dieses Mal lauter, näher. Er riss den Kopf in Richtung des Geräuschs herum. Am anderen Ende des Gangs erlosch die Deckenbeleuchtung. Eine nach der anderen. Klack. Klack. Und mit jedem weiteren Klack fraß sich die Dunkelheit den Korridor entlang, direkt auf ihn zu. Als sie ihn erreicht hatte und auch noch die letzten zwei Lampen zu seiner Linken ausgegangen waren, umgab ihn nur noch Schwärze.
Dann, rechts von ihm, aus der Richtung in der die Dunkelheit ihren Anfang genommen hatte, tauchte ein neues Geräusch auf. Auch dieses fing zunächst leise an und wurde lauter, je näher es kam. Jemand setzte dumpf den Fuß auf, dann folgte ein Quietschen. Es klang genau wie das Geräusch, das er schon in Franks Zimmer gehört hatte. Dann wieder: ein Auftreten und ein Quietschen. Auftreten. Quietschen. Wer immer das war, er hielt auf ihn zu.
„Wer ist da? Brenner?“, rief er. Keine Antwort. Nur der Hall seiner Stimme und diese Geräusche.
„Sirkowsky? Sind Sie das? Hören Sie, das ist alles ein großes Missverständnis!“ Er riss die Augen weit auf, hoffte die Dunkelheit durchdringen zu können.
Dann, ganz nah, zischend und hasserfüllt eine Stimme.
„Du hast sie gefickt, Ben!“
Das war die Stimme einer Frau. Er hatte sie noch nie in seinem Leben gehört, aber sie klang wie der
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