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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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pure Wahnsinn. Alle hier waren verrückt! Rentsch schob sich an der Wand entlang, weg von der Stimme.
    „Wer sind Sie? Machen Sie das Licht wieder an“, schrie er. Plötzlich flackerte links von ihm, am Ende des Gangs, kurz ein grünes Schild auf und verlosch dann wieder. Das Zeichen für den Notausgang! Das war seine Rettung. Wenn er es schaffen könnte dorthin zu gelangen, die Tür zu nehmen, war er draußen und der Horror hatte ein Ende. Rentsch hatte sich die Position des beleuchteten Zeichens gemerkt und rannte in seine Richtung. Als er an der Tür angekommen war, tastete er nach dem Griff. Er versuchte ihn zu bewegen, doch er rührte sich nicht. Rentsch rüttelte wild daran. Er zog, drückte, versuchte alles, aber die Tür ließ sich nicht öffnen.
    „Du hast es mit ihr getrieben, Matthias!“
    Das Quietschen kam näher.
    Wer war diese Irre? Was wollte sie von ihm?
    Er dachte fieberhaft nach, wie er entkommen könnte. Ins Ungewisse auf sie zurennen? Sie umrennen? Und dann? Hier war alles dunkel. Nein. Er stand am Tor nach draußen. Diese Chance musste er nutzen. Er war sich sicher, dass er die Tür aufbrechen konnte, wenn er nur genug Schwung hätte. Er wusste, dass Notausgangtüren sich nach außen öffnen mussten. Das war Vorschrift. Egal wie stabil die Tür war, das Schloss war ihre Schwachstelle.
    Er trat vier Schritte zurück und nahm Anlauf. Begleitet vom Geschrei anderer Wahnsinniger, die plötzlich ihre Stimmen erhoben und von irgendwoher zu ihm durchdrangen, rammte sich Rentsch mit der rechten Schulter voran gegen die Tür.
    Es war einfacher als er gedacht hatte!
    Sie gab nach, explodierte förmlich unter seinem Gewicht. Einen Moment noch wunderte er sich, genauso wie über den Schlag gegen seine Hüfte und die Nadelstiche auf seiner Haut. Aber als er die kalte Morgenluft auf seinen Wangen spürte, war nichts mehr wichtig. Er hatte es geschafft! Rentsch lächelte.
    Dann, auf einmal, kehrte das Licht in seine Augen zurück und der Verstand in sein Hirn. In seinen letzten Momenten sah er noch den orangeroten Schimmer des Morgens über den Horizont brechen, und er begriff. Noch bevor er schreien konnte, war es vorbei.

    *

    Jeder Einzelne, der sich in dem hell erleuchteten Flur aufgehalten hatte, würde später zu Protokoll geben, dass der Mann sich gestritten habe - mit der Patientin, mit dem humpelnden Gang und dem seltsam schief zur Seite geneigten Kopf. Kurz danach war er wie von Sinnen auf die Fenstertür zugerannt. Sie alle haben geschrien, weil man schließlich geahnt habe, was gleich passieren würde. Aber der Mann hatte sich davon nicht abhalten lassen, sei sehenden Auges einfach durch das Glas gebrochen und natürlich sofort gegen das vor das Fenster montierte Brüstungsgeländer geprallt. Kopfüber war er dann in die Tiefe gestürzt.
    Die Augenzeugen würden es sich auch nicht nehmen lassen hinzuzusetzen, dass der Mann wohl habe sterben wollen. Denn wenn er schnell hatte verschwinden wollen, warum habe er dann nicht den Notausgang zur Linken genommen? Wahrscheinlich sei die Frau schuld! Die wäre übrigens sofort danach in sich zusammengefallen. Wie eine Marionette ohne ihren Spieler. Bestimmt ein Schock oder sowas!
    All das sollte die Polizei später aufnehmen. Sie würde eine völlig erinnerungslose Anna befragen, die man ratlos vom Flurboden aufgesammelt und wieder in ihr Bett verfrachtet hatte. Die Ärzte würden auf die Frage hin die Achseln zucken, wie es denn sein könne, dass eine Frau in diesem Zustand überhaupt ihr Bett habe verlassen können. Am Ende der Befragung würde die Polizei zu Rentschs Haus fahren, um dessen Frau die schreckliche Nachricht zu überbringen. Aber nicht nur das. Natürlich nicht. Es galt dabei auch etwas über die Motive seines Suizids zu erfahren, denn immerhin handelte es sich bei dem Toten nicht um irgendwen, sondern um einen hochrangigen Beamten.
    Ein Nachbar der Rentschs sollte zufällig am Fenster stehen und beobachten, wie zwei Polizeibeamte um das Haus wanderten, an Fenster klopften und versuchten hineinzusehen. Dieser Nachbar würde dann vor die Tür treten und die Beamten auf die Zwecklosigkeit ihres Unterfangens hinweisen. Er habe Frau Rentsch, seitdem neulich nachts diese seltsamen Geräusche aus dem Haus gedrungen waren, nicht mehr gesehen. Dass dies natürlich eine neue Kette der Ereignisse in Gang setzen, Raith und Reimar aktivieren würde, lag noch im Dunkel der kommenden Stunden.
    Übrigens ganz genauso wie der kurze Zeitungsartikel, der am

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