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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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nächsten Tag erscheinen sollte. Er würde vom mutmaßlichen Selbstmord des „Staatssekretärs“ künden und die Frage aufwerfen, ob der unheimliche Kellerfund in dessen Haus etwas damit zu tun haben könnte?
    Sirkowsky würde diesen Artikel lesen, sich kurz fragen, was in den irren Hund gefahren war und kurz danach den Wagen von Swantje in einem Waldstück abfackeln.
    Danach würde er sich sofort daran machen, das Geld einzutreiben. Er wusste ja, wo sich die Millionen befanden. Das hatte er aus Swantje herausgeschnitten.

-85-

    Als sich Rentschs Hirn auf den Pflastersteinen verteilte, war nicht nur Anna bewusstlos geworden. Auch Frank, der während der Ereignisse im Gang vor der Tür wild mit dem Oberkörper vor- und zurückwiegte, sank augenblicklich in sich zusammen. Franks Glück war, dass er sich gerade in einer Rückwärtsbewegung befand und sanft auf der Matratze landete, sonst hätte er sich seine verheilenden Knochen gleich wieder gebrochen.
    Als Frank wenig später stöhnend erwachte, tat er das als der Mensch, der er vor dem Unfall gewesen war. Er wusste es nur noch nicht, hatte keine Ahnung, dass ihm gerade sein Geist und sein Körper zurückgegeben worden waren.
    Im Moment verspürte er lediglich ein unscharfes Gefühl der Befreiung, eine nicht greifbare Leichtigkeit. Dann gab es da noch ein anderes Gefühl: das der Befriedigung. Doch mit ihm konnte er am allerwenigsten anfangen. Als ob es nicht das Seine wäre. Eingepflanzt, fremdgespeist und ein Nachhall aus fernen Zeiten.
    Makellos und rein blieben diese Gefühle allerdings nicht lange. Nur kurze Zeit, nachdem sie aufgekommen waren, schlängelte sich eine feine Schattenlinie durch sie, wie eine verirrte schwarze Schlange auf weißem Sand - nämlich als ihm die verrauschten Bilder der vergangenen Nacht in die Erinnerung strömten. Dieses Mal aber waren sie gestochen scharf.
    Er sah Melanie, er sah die Kinder und außer zwei anderen, waren da noch zwei Männer. Von dem Bild des einen Mannes, dessen Besuch gerade stattgefunden hatte, ohne dass er daran irgendeine Erinnerung hatte, ging jetzt kein Gefühl der Bedrohung mehr aus. Ganz anders beim Zweiten. Der Mann mit der Narbe schien ihm die pure Bedrohung. Das war die schwarze Schlange in seiner Leichtigkeit.
    Aber das Allerwichtigste war: Er erinnerte sich der Zahlen und er verstand nun endlich ihren Sinn – zumindest den einiger von ihnen.
    Jetzt wurde klar: Die Finsternis schälte sich aus seinem Hinterhalt und beugte sich über seine Familie. Das musste er verhindern.

-86-

    12.02.2010. Zwei Tage später, ungefähr sieben Uhr morgens.

    Er wollte erst herausfinden, mit wem er es zu tun hatte und ob Gefahr drohte. Nicht noch einmal sollten ihn die Bullen überraschen. Hier stand zu viel auf dem Spiel. Ungehindert würde er sich dieses Mal holen, was ihm zustand - und noch mehr als das. Die Vorbereitungen dazu waren im Gange.
    Sirkowsky saß in seinem Lada Niva, schräg gegenüber dem Haus der Brenners. Es war dunkel und kalt. Sein Atem kondensierte weiß auf den Scheiben. Von Zeit zu Zeit wischte er mit dem Ärmel ein Guckloch in den Dunst. Immer wieder zogen Autos vorbei. Gedämpft, beinahe lautlos. Schneeflocken verwirbelten im Licht ihrer Scheinwerfer.
    Er hatte die Haustür im Blick und auch den Rest des Gebäudes. In seinem Inneren war Leben! Unten brannte schon seit seiner Ankunft Licht, während die Lampen im oberen Stockwerk gerade erloschen waren. Wenige Augenblicke später huschte ein Schatten am Flurfenster vorbei. Er konnte deutlich erkennen, dass es sich um eine kleine Person handelte. Ein Kind! Sirkowsky war wie elektrisiert. Das machte die Angelegenheit bedeutend leichter.
    Rund zwanzig Minuten später tat sich etwas. Im Haus verlosch auch die letzte Lampe und kurz darauf öffnete sich die Tür. Sirkowsky schob sich im Fahrersitz hoch, drückte die Zigarette schnell im Aschenbecher aus und wartete gebannt, wer da in den frühen Morgen heraustreten würde.
    Dann, im Schein der Straßenlaterne, zeigte sich als erstes ein Mädchen. Er schätzte sie auf etwas zwischen elf und dreizehn Jahre. Ihr folgte ein kleineres, deutlich jüngeres Kind. Vermutlich war das der Schatten im Fenster gewesen. Als letztes trat die Mutter vors Haus. Die schloss die Tür und scheuchte die Kinder die Treppe hinunter.
    Die drei bewegten sich jetzt auf der gegenüberliegenden Seite in seine Richtung. Er duckte sich in den Sitz. Als sie vorbeigezogen waren, griff er hoch und stellte den Rückspiegel so ein,

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