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SECHS

SECHS

Titel: SECHS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Gerhardt
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dass er ihren weiteren Weg verfolgen konnte. Doch er sah nichts. Die Rückscheibe war so zugeatmet, dass er nur diesen nebligen Vorhang sah. Sirkowsky fluchte.
    Er drückte sich wieder nach oben, überlegte einen Moment, ob er aussteigen sollte oder den Wagen starten und wenden. Gerade als er den Zündschlüssel umdrehen wollte, sah er zwei verzerrte, gelbe Punkte im Spiegel aufglimmen. Das musste ihr Wagen sein!
    Sirkowsky zog die Hand wieder zurück und wartete. Die Punkte schwenkten langsam nach links, dann wieder nach rechts und wurden im Spiegel schnell größer.
    Hastig wuchtete er seinen Körper über den Beifahrersitz und rubbelte die Seitenscheibe frei.
    Jetzt passierte der Wagen. Sie waren es! Eine Silhouette vorne, zwei im Fond. Schnell drehte Sirkowsky den Zündschlüssel um und der Lada spuckte hustend eine rußige Dieselwolke in den Schnee. Von nun an klebte Sirkowsky an seinem Ziel, wie der Tod am Leben.

-87-

    Das Leben machte rund fünfzehn Minuten später an einer Schule halt. Das war keine Überraschung. Ganz im Gegenteil. Genau darum ging es ihm. Er wollte in Erfahrung bringen, wo die Kinder zur Schule gingen. Möglicherweise musste er sie ja schon bald von dort abholen.
    Sirkowsky hielt sich in sicherer Entfernung. Nah genug, um alles sehen zu können, weit genug weg, um nicht bemerkt zu werden - dachte er zumindest.
    Die hintere Tür klappte auf und die Kinder sprangen heraus. Erst die Große, dann die Kleine. Die blieb plötzlich stehen, drehte sich in seine Richtung und winkte ihm zu. Er tobte innerlich. Sie konnte ihn jetzt identifizieren. Aber wenigstens hatte er sich so ihr Gesicht einprägen können. Dann folgte die Kleine ihrer Schwester durch das Gittertor in den Schulhof und beide Kinder verschwanden im Schulgebäude.
    Der Wagen der Mutter rollte wieder an. Sirkowsky wartete noch einen Moment, startete den Niva und ließ die Kupplung kommen.
    Der Weg führte sie durch die halbe Stadt. Mehr als nur einmal hatte Sirkowsky die Frau fast verloren, ihretwegen wilde Spurwechsel vollführen müssen. Das nervte ihn kolossal. Vor allem das Gehupe der anderen ließ seine Narbe heftig zucken.
    Rund fünfzehn Minuten dauerte die Jagd, von der nur er wusste, dass es eine war. Sie endete zu seiner Verwunderung dort, wo alles begonnen hatte. Am Unfallkrankenhaus. Als Sirkowsky auf den Parkplatz rollte und zwei Reihen entfernt parkte, wusste er nicht, was er davon halten sollte. Was wollte sie hier? Gab es vielleicht einen Zusammenhang mit dem Tod von Rentsch oder besuchte sie nur jemanden?
    Während er beobachtete wie sie ausstieg, dann ihre Handtasche schulterte und in Richtung des Eingangs davonschritt, überlegte Sirkowsky, ob er ihr folgen sollte. Er entschied sich dagegen. Es bestand die Gefahr, dass ihn jemand erkannte oder Bullen herumliefen, die sich noch immer mit Rentschs Abgang beschäftigten. Auch wenn er das Risiko als nicht sehr groß einschätze, durfte er nicht mal das allerkleinste eingehen. Denn wie der Teufel es wollte oder vielleicht sein Gegenspieler, würde natürlich genau das passieren. Je nachdem mit wem von beiden er es sich verscherzt hatte. Und eine Ahnung hatte er.
    Sirkowsky blickte auf die Uhr. Er hatte jetzt vielleicht noch zwei, maximal vier Stunden, bis die Kinder aus der Schule kommen würden. Diese Zeit musste er nutzen.
    Als Melanie im Krankenhaus verschwunden war, weckte Sirkowsky den Diesel. Die Richtung, in die er fuhr, war die, aus der er gekommen war.

-88-

    Schon seit Montag war sie nun nicht mehr bei Frank gewesen. Frank hatte sie zwar vom Telefon im Krankenhausfoyer angerufen, aber das war am Dienstag und damit auch schon lange her. In diesem Telefonat hatte sie sich ein paar Tage Zeit erbeten, ihm gesagt, dass sie erst einmal nicht vorbeikommen würde, sich sortieren müsse. Dass Frank nicht ein einziges Mal gefragt hatte, warum sie das tun wolle, sondern ihre Entscheidung unter unverständlichem Gemurmel einfach hinnahm, hatte sie wirklich verletzt. Kurz nachdem sie mit feuchten Augen aufgelegt hatte, kam ihr der Gedanke, dass ihn das Geld möglicherweise mehr beschäftigen könnte als sie ihn.
    Vielleicht sollte sie die Quittung einfach zerreißen? Und in der Tat dachte sie genau darüber nach. Das wollte sie vom Ausgang des Gesprächs mit Frank abhängig machen. Denn eines war sicher: Es gab eine Verbindung zu dieser Frau und die beschränkte sich nicht darauf, dass sie ihn angefahren hatte. Denn schließlich, das war ihr in den Nächten der Grübelei

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