Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt
stürmten auf sie zu. Sie zeigte auf den Boden vor sich.
Der feine Staub war hier dünner, und das Gestein war hier eher grau als rötlich, aber zuerst sahen sie nicht, was sie meinte. Brazil ging hin und bückte sich. Dann begriff er.
An der Stelle, wo ein Mann hingetreten war, genau dort, wo die beiden Gesteinsflächen sich berührten, war ein halber Fußabdruck zu sehen. Wo das Grau begann, war der Staub unberührt.
»Wie ist das möglich, Captain?« fragte Vardia erschrocken.
»Es muß eine Erklärung geben. Ich bin sicher, daß die Spuren drüben weitergehen.«
Sie gingen ein ganzes Stück auf dem grauen Boden weiter. Plötzlich blieb Vardia stehen und schaute sich um.
»Captain!« stieß sie entsetzt hervor. Die anderen folgten ihrem Beispiel und drehten sich ebenfalls um. Vardia zeigte auf die Schiffe, wo sie hergekommen waren.
Da waren keine Flugzeuge. Da war kein Rettungsboot. Nur eine öde, ununterbrochene rötliche Ebene, die sich bis hin zu den Bergen erstreckte.
»Ja, aber was…« stieß Brazil hervor.
»Was ist passiert?« fragte Hain mit dünner Stimme.
Plötzlich machte sich eine Vibration bemerkbar, einem kleinen Erdbeben vergleichbar. Sie stürzten alle zu Boden.
Brazil fing den Sturz ab und blieb auf Händen und Knien liegen. Er riß den Kopf hoch.
Die ganze Umgebung schien plötzlich von unheimlichen, blauweißen Blitzen erfüllt zu sein, die zu Tausenden aufzuckten.
Wu Julee schrie gellend auf.
Dann gab es nichts als Dunkelheit und die seltsamen, bläulichen Blitze, die jetzt mit goldenen Funken vermischt zu sein schienen. Sie hatten alle das Gefühl, als stürzten sie hinab, wirbelten durch die Luft einem bodenlosen Abgrund entgegen. Es gab kein Oben, kein Unten, nichts als dieses Schwindelgefühl.
Und Wu Julee kreischte ununterbrochen.
Plötzlich lagen sie auf einer flachen, glasglatten, schwarzen Oberfläche. Ringsum brannte Licht, und sie schienen ein Bauwerk vor sich zu haben – so, als befänden sie sich in einem großen Lagerhaus.
Eine Weile noch drehte sich alles um sie. Sie waren schwindlig und erbrachen sich, mit Ausnahme Brazils, in ihre Helme, die das Zeug sofort wegspülten. Brazil erholte sich als erster und setzte sich auf dem schwarzen, glasartigen Boden auf.
Es war ein Zimmer, sah er – nein, eine riesige Kammer mit sechs Seiten. Die glasige Fläche war ebenfalls ein Sechseck, umgeben von einem Geländer und einem Laufgang. Ein einzelnes großes Licht, ebenfalls mit sechs Seiten, hing über ihnen an der gewölbten Decke. Der Raum war riesig, stellte Brazil fest, und konnte ohne Mühe ein kleines Frachtschiff aufnehmen.
Die anderen waren da. Vardia setzte sich bereits auf, aber Wu Julee schien ohnmächtig geworden zu sein. Hain blieb schwer atmend am Boden liegen. Brazil raffte sich mühsam auf und ging schwankend zu Wu Julee hinüber. Er konnte feststellen, daß sie noch atmete, aber bewußtlos war.
»Alles in Ordnung?« rief er den anderen zu. Vardia nickte und versuchte aufzustehen. Er half ihr auf die Beine. Hain stöhnte und raffte sich mühsam hoch.
»Ungefähr ein G«, sagte Brazil. »Interessant.«
»Was nun?« fragte Datham Hain.
»Das Geländer scheint Lücken zu haben – die nächste ist hier drüben auf Ihrer rechten Seite. Am besten versuchen wir es dort.« Er hob Wu Julees schlaffen Körper hoch und ging voran. Sie war leicht wie eine Feder.
Er blickte dumpf auf sie hinunter. Was wird jetzt aus dir werden, Wu Julee? dachte er. Aber ich habe es versucht. Und wie ich es versucht habe!
Sie öffnete die Augen und blickte durch die getönten Sichtscheiben in die seinen. Vielleicht war es die sanfte Art, wie er sie trug, vielleicht sein Ausdruck, vielleicht aber auch die Tatsache, daß sie ihn sah und nicht Hain, aber sie lächelte.
Auf halbem Weg wurde sie viel schwerer, stellte er fest, als das Adrenalin, das beim Fallen in sein Blut gepumpt worden war, verbraucht wurde. Schließlich mußte er aufgeben und sie auf die Beine stellen. Sie erhob keinen Widerspruch, aber als sie weitergingen, klammerte sie sich fest an seinen Arm.
Was auch immer geschehen mochte, sie war nicht mehr Hains Besitz.
Stufen, die aus poliertem Stein zu bestehen schienen, führten zu der Lücke im Geländer – es waren sechs. Schließlich standen sie alle auf einer Art Plattform, von der sich ein Transportband erstreckte, das aber nicht in Bewegung war.
Sie sahen alle den Kapitän an, obwohl er selbst nicht wußte, wie es weitergehen sollte.
»Hm«, sagte er,
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