Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt
leicht abgewandelter Code gegeben. Wenn kein Signal kommt, leuchten wir die Stelle an und sehen nach. Es gibt außerdem Anruf- und Antwort-Parolen von einer Stelle zur anderen. Gunit Sangh wird das wohl unterstellen, also trotzdem einen Versuch unternehmen, nicht, weil er sich etwas ausrechnet, sondern, um unsere Bereitschaft zu prüfen und uns bis Tagesanbruch wachzuhalten, damit er seine ausgeruhten Truppen vorschicken kann.«
Marquoz, der selbst ein halbes Nachtwesen war, starrte wieder in den Paß hinein.
»Ist aber schon viel verlangt, Leute da hineinmarschieren zu lassen. Wenn es irgendeinen anderen Weg gibt, wird er ihn gehen.«
Ortega lachte leise.
»Was bedeuten ihm Truppen? Er kennt sich auch sehr gut aus. Zweitausend gegen Sechsundsechzig Mann, Sie und den Agitar mitgerechnet.«
»Ich weiß, ich weiß. Das Gelände gleicht manches aus, aber doch nicht alles. Nicht ein Verhältnis von dreißig zu eins. Nicht, wenn man mobile Hochtech-Waffen besitzt, getragen von Wesen, die an senkrechten Felswänden hinaufklettern können, und anderen, die vielleicht durch das tiefe Wasser da in der Mitte heraufschwimmen.«
Ortega hob die Schultern.
»Die Hochtech-Lage begünstigt uns«, erklärte er unbeirrt. »Sie haben nur das, was sie mitbrachten und durch die Lücke zwängen konnten. Zum Beispiel keine gepanzerten Fahrzeuge, die wirklich gefährlich werden können. Keine Flieger, nicht bei dieser Enge. Ein direkter Frontalangriff durch diese Lücke da, das ist noch das beste für ihn. Er kann nicht einmal hinüber oder außen herum, wie Nate festgestellt hat.«
»Aber dreißig zu eins…«, erklärte Marquoz kopfschüttelnd.
»Dafür gibt es in der Geschichte meines Volkes einige Beispiele«, gab Ortega zurück. »In der Geschichte meiner Art – und auch der von Mavra und Nate, glaube ich. Nicht die schlappen, roboterhaften Idioten der Kom-Welten, die Sie gekannt haben. Nein, diejenigen, die mit Feuersteinen in Höhlen anfingen und ein interstellares Reich aufbauten, bevor es mit ihnen zu Ende ging. Die Geschichtsbücher waren voll davon, auch wenn man das heute vermutlich nicht mehr lehrt. Sechshundert, so hieß es, hätten einen Paß, der breiter war als dieser hier, tagelang gegen eine Armee von mehr als fünftausend Mann gehalten. Eine andere Gruppe hielt eine Festung mit weniger als zweihundert Leuten gegen eine gutausgebildete Armee von Tausenden mehr als zehn Tage lang. Wir brauchen nur zwei. Es gibt viele solche Geschichten; unsere Bücher waren voll davon. Ich nehme an, die Geschichte jeder Rasse, die stark genug war, auf einer feindseligen Welt eine Zivilisation aufzubauen, kennt sie.«
Marquoz nickte.
»Es gibt ein paar solche Beispiele in der Geschichte der Chugach«, gab er zu. »Aber sagen Sie, was ist aus denen geworden, die den Paß hielten, nachdem ihre Frist abgelaufen war? Was aus den Leuten in der alten Festung nach den zehn Tagen?«
Ortega grinste.
»Dasselbe wie aus den Chugach in Ihren Geschichten, nehme ich an.«
»Das hatte ich befürchtet«, meinte Marquoz seufzend. »Wir werden also alle sterben, bis das vorbei ist?«
»Dreißig zu eins, Marquoz«, gab der Schlangenmann zurück. »Ich glaube, das Terrain verringert das Verhältnis auf, sagen wir, fünf zu eins. Nur ein paar Hundert von ihnen werden schließlich durchkommen, aber schaffen werden sie es. Allerdings zu spät, um Nate aufzuhalten, wenn wir es richtig machen. Aber sagen Sie, Marquoz, warum sind Sie hier? Warum nicht bei ihnen? Sie könnten mit ihnen in den Schacht gehen, wenn Sie wollten, Unsterblichkeit erlangen oder auch irgend etwas anderes, das Sie sich wünschen. Ich glaube, bei Ihnen würde er es tun – es ist eine andere Situation als damals. Er hat Ihnen das Angebot gemacht, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Marquoz. »Das hat er.«
»Warum bleiben Sie dann hier in einem einsamen Paß auf einem fremden Planeten? Warum hier und warum jetzt?«
Marquoz seufzte und schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es wirklich nicht. Nennen Sie es Halsstarrigkeit. Nennen Sie es Narretei oder vielleicht sogar ein wenig Angst davor, mit denen zu gehen und auf das zu stoßen, was dort sein mag. Vielleicht wäre es eine Schande, Körper und Verstand hier nicht für einen wichtigen Zweck einzusetzen. Ich kann Ihnen wirklich keine Antwort geben, die mich befriedigt, Ortega. Wie sollte ich eine geben können, die es bei Ihnen tut?«
Ortega schaute sich in der Dunkelheit um.
»Vielleicht kann ich das erklären – wenigstens zum
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