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Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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sterile Gefängnis gesetzt, als den Tod über sich ergehen zu lassen. Spielzeugarmeen auf Tischen herumzuschieben, Nadeln in Karten zu stecken, das würde sein Kampf sein, sein Feldzug, sein Krieg. Er mochte ebensogut eine Milliarde Lichtjahre entfernt sein, dachte er. Aber dort hinauszugehen, bedeutete mit Gewißheit den Tod, vielleicht sogar den raschen Tod.
    Er erinnerte sich an die alte Legende seines früheren Volkes, an die Sage von Faust. Als Mephisto in die Hölle zurückbefohlen worden war, hatte er geantwortet: »Aber das ist doch die Hölle, und ich habe sie nicht verlassen.«
    Ortega schaute sich in seinem behaglich eingerichteten Büro um.
    Aber das ist die Hölle, wiederholte er die alte Zeile zum millionstenmal in seinem Inneren, und ich habe sie nie verlassen.
    Kein Wunder, daß Brazil nicht bei Sinnen war. Niemand versteht diesen Mann besser als ich, dachte er. Er wünschte sich, mit dem sonderbaren kleinen Mann jetzt sprechen zu können.
    Er wünschte sich, mit irgend jemandem sprechen zu können.
    Aber das ist die Hölle…

Dahbi
    Die Große Halle der Heiligen Vorfahren stand leer; nackter Stein, aus massivem Granit tief unter der Oberfläche herausgehauen, ohne Verzierung, ohne Licht, und doch ein vollkommen kubischer Raum mit einer Ausdehnung von über zweihundert Metern in jeder Richtung. Stumm und wie ein Grabmal wartete sie.
    Plötzlich leuchtete eine Teilfläche an einer Wand in unheimlicher Weise auf, und in den Saal trat etwas, eine Aura. Sie leuchtete mit eigener, grausigweißer Phosphoreszenz, ein bleiches, rauchiges Ding wie ein Stück geisterhaft leichten Stoffs, in einem unsichtbaren Wind sich bauschend. Die einzigen Züge waren zwei kohlschwarze Ovale auf dem runden ›Kopf‹, die so etwas wie Augen sein mußten.
    Und doch schien die Erscheinung Masse und ein Gewicht zu besitzen, denn einmal durch die scheinbar massive Felswand gedrungen, haftete sie an der Fläche, dann bewegte sie sich langsam auf dem Boden dahin, stets in Berührung mit der Wandfläche. Ein Beobachter hätte glauben mögen, sie schwebe, aber genauere Betrachtung hätte gezeigt, daß sie die Berührung brauchte, um sich bewegen zu können, und daß sie weder so geisterhaft noch so körperlos war, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte.
    Nun quollen andere Erscheinungen an verschiedenen Stellen aus den vier Wänden und auch durch die Decke und am Boden herauf. Alle trafen sich in der Mitte der Großen Halle. Zwölf an der Zahl, sahen sie alle gleich aus: leuchtende, weiße Formen, jeweils ungefähr zwei Meter groß, allesamt Leuten ähnlich, die sich in ein weißes Laken gekleidet hatten – runder Kopf mit zwei Augenlöchern, dann der Umriß nach unten verjüngt, an der Mitte anscheinend ein wenig ausgebeult, um sich zu einem breiten, flachen Sockel aufzufächern.
    Es wurden weder Worte noch Blicke getauscht. Sie standen da und warteten, warteten auf irgend etwas – oder irgend jemanden.
    Plötzlich kam aus einer der Wände noch eine Erscheinung wie sie selbst, aber doch nicht ganz wie sie. Sie erschien größer und grausiger und in irgendeiner unerklärlichen Art und Weise viel älter.
    »Friede der Bruderschaft!« verkündete der Neuankömmling, als er vor den anderen stehenblieb und nun das erhob, was insektenähnliche Vorderbeine zu sein schienen, an der Spitze mit Saugnäpfen versehen, an den Beinen entlang mit nadelspitzen Dornen bestückt. Die Gliedmaßen waren, wenn sie eingeklappt wurden, unsichtbar.
    Die anderen hoben langsam die ihrigen und erwiderten: »Und dir, verehrter und heiliger Führer.«
    Derjenige, der so offenkundig zu bestimmen hatte, erlebte nun eine kleine Verwandlung. Der geisterhafte Kopf schob sich langsam zurück, die ›Augen‹ gingen mit und enthüllten einen Kopf und ein Gesicht, ein bösartiges, häßliches Gesicht mit glänzenden, facettenreichen Augen, die ihr eigenes Licht zu erzeugen schienen. Das Gesicht war beherrscht von einem scharfkantigen Rüssel, unter dem sich drohende Unterkiefer vorreckten.
    »Ihr seid alle über die Lage unterrichtet worden?« Es war nicht wirklich eine Frage. Jeder, der nicht informiert war, hätte den Stab hinrichten lassen müssen, der den Führenden zu informieren hatte.
    »Wie euch somit klar ist, habe ich uns angewiesen, mit der Mehrheit zu stimmen«, fuhr der Oberste fort. »Unsere einigermaßen beispiellosen Fähigkeiten sollten uns bei einem Kampf unschätzbar wertvoll machen. Und trotzdem bin ich unzufrieden, weil ich ungern etwas dem

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