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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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freikaufen.« Dabei lächelte er süffisant.
    Der Blonde starrte wieder
geradeaus. Die Argumente seines Partners waren nicht von der Hand zu weisen,
Tammys Tod hatte die Situation tatsächlich verändert. Es wäre wohl das Klügste,
den finalen Coup vorzuziehen, genügend Material hatten sie ja. Kasse machen und
dann verduften – warum eigentlich nicht?
    »Also gut! Wenn’s denn sein muss!«,
willigte er schließlich ein.
    Sie verabschiedeten sich mit einem
flüchtigen Händedruck.
    ***
    Wie
Lichtgirlanden markierten die zahlreichen Laternen den Verlauf der Wege, die
durch den spätabends so gut wie menschenleeren Überlinger Stadtgarten führten.
Lediglich die Felswand, die den Park nach Norden hin abschloss, hob sich düster
vom nächtlichen Himmel ab – ein Überrest der mittelalterlichen
Stadtbefestigung, die die Bürger der freien Reichsstadt einst in den
Molassefelsen gegraben hatten.
    Am höchsten Punkt der Wand, nahe der Kante, stand ein
filigran anmutender barocker Aussichtspavillon. Von hier hatte man tagsüber
einen unvergleichlichen Blick über den nahen Gallerturm und die Promenade bis
weit hinüber zum südlichen Seeufer.
    Im Pavillon starrte, wie weiland der sagenhafte
Zauberer Merlin mit seinem fluoreszierenden Flimmerkasten, Karin Winter auf
einen Laptop, der die Platte des kleinen Tischchens in der Mitte fast
vollständig einnahm. Im Schein der Taschenlampe, die Karin in der Hand hielt,
bearbeitete Qualle, halb versteckt unter seinem breitkrempigen Hut, routiniert
und pausenlos brabbelnd die Tastatur. Zwischendurch griff er immer wieder nach
einem Becher, der neben ihm auf der Bank stand und aus dem er löffelweise
Schokopudding in sich hineinschaufelte.
    Sie waren auf dem besten Wege, sich verbotenerweise in
das Netz der Bodan-Klinik zu hacken – als urplötzlich eine markige Stimme
ertönte.
    »Guten Abend, die Herrschaften! Polizei. Dürfen wir
fragen, was Sie hier machen?«
    Wie aus dem Nichts gewachsen standen zwei
misstrauische Beamte hinter ihnen. Erschrocken sprangen die Ertappten auf.
Selbst Qualle war trotz seiner immensen Leibesfülle in Bruchteilen von Sekunden
auf den Beinen, stieß dabei jedoch gefährlich heftig gegen den Tisch. In
letzter Sekunde konnte Karin den vom Tisch kippenden Laptop auffangen und
geistesgegenwärtig den Deckel zuklappen, sodass den Polizisten der Blick auf
den Bildschirm verwehrt blieb.
    Karin fasste sich als Erste. Vorsichtig griff sie in
die neben ihr stehende Umhängetasche und holte eine Karte heraus, die sie einem
der Polizisten reichte. »Ich bin Karin Winter, Redakteurin beim ›Seekurier‹.
Hier ist mein Presseausweis. Ich arbeite zusammen mit Herrn Qua … äh … Herrn
Reuss an einer Reportage, die … wie soll ich sagen …«
    Noch ehe ihr eine passende Ausrede einfiel, ging
Qualle dazwischen. Schnaufend wie ein Walross fixierte er die Polizisten.
»Wissen Sie eigentlich, dass mich Ihr Auftritt fast an den Rand eines
Herzkaspers gebracht hat, meine Herren? Vielleicht gehen Sie das nächste Mal
etwas schonender vor!«
    Es mochte an Qualles imposanter Statur oder an seinem
Don-Camillo-Outfit liegen, jedenfalls reichte der Beamte Karin den Ausweis
zurück. »Tut uns leid, wenn wir Sie erschreckt haben. Aber Sie müssen zugeben,
dass Ihre Anwesenheit hier um diese Zeit eher ungewöhnlich ist. Wir haben von
unten Licht gesehen, da mussten wir der Sache nachgehen. Nichts für ungut also,
machen Sie bitte weiter.« Mit diesen Worten tippte er grüßend an seine Mütze
und machte sich an den Abstieg hinunter in den Park, seinen noch immer
verblüfften Kollegen hinter sich herziehend.
    »Puh! Das war knapp«, flüsterte Karin und konnte ein
Kichern nicht unterdrücken.
    »Typisch«, murrte Qualle. »Und wenn man die Kerle mal
braucht, ist keiner da.« Er bedachte Karin mit einem anerkennenden Seitenblick.
»Deine Reflexe möchte ich haben! Nicht auszudenken, wenn die Bullen auf den
Bildschirm gesehen hätten …«
    Karin war erleichtert, dass Qualle den unerwarteten
Zwischenfall mit Humor nahm und sich gleich wieder an die Arbeit machte. Er
riskierte eine Menge und hatte sich erst nach massivem Druck von Matuschek zu
diesem Hackereinsatz bereit erklärt. Immerhin war einer der besten Kunden
seiner Stockacher Firma für IT -Security die
Kriminalpolizei, da konnte er sich keine illegalen Aktivitäten erlauben!
    Als Karin am Abend in bei ihm aufgetaucht war, um den
Datenklau mit ihm durchzuführen, hatte er nach wenigen Minuten herausgefunden,
dass die

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