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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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interviewen?«
    »Wie wär’s mit Qualle …«
    »Qualle?«
    »Ganz recht: Qualle! Ich wüsste niemanden, der uns
unauffälliger und zuverlässiger helfen könnte. Überleg doch mal: Bereits heute
Abend könnten wir wissen, ob an der Sache etwas dran ist. Wenn nicht – Schwamm
drüber.«
    Wo er recht hatte, hatte er recht! Wenn es überhaupt
jemandem gelang, an bestens gehütete und gesicherte Informationen zu kommen,
dann dem »größten Hacker vor dem Herrn«, wie Qualle in Fachkreisen respektvoll
genannt wurde. Das wusste sie aus Erfahrung, denn nur mit seiner Hilfe hatte
sie im vergangenen Herbst die entscheidenden Hinweise beschaffen können, die
die Giftmüllmafia von Konstanz hinter Schloss und Riegel brachten.
    »Du weißt aber schon, dass Aufträge dieser Art
überhaupt nicht nach Qualles Geschmack sind?«, wandte sie ein.
    »Ich rede mit ihm. Er ist mir noch einen Gefallen
schuldig.«
    »Also gut«, stimmte Karin zu und seufzte. »Woher soll
ich am Sonntag eine Kiste Pudding bekommen, kannst du mir das mal sagen?«
    »Wie bitte, Pudding? Ich verstehe nicht …«
    »Ach, vergiss es.« Im Augenblick verspürte sie wenig
Lust, mit Matuschek über Qualles »Tarife« zu diskutieren. Sie beendete das
Gespräch, verstaute ihr Handy und lief weiter. Angesichts der vor ihr liegenden
Aufgabe hatte sie allerdings für die Schönheiten der Bodenseelandschaft bis auf
Weiteres keine Augen mehr.
    ***
    Den schönsten Blick über
Meersburg hat man vom Garten des Neuen Schlosses aus – ein Panorama wie aus dem
Spielzeugland: Rechts das trutzige Alte Schloss, hinter dem der lebhafte
Fährhafen hervorlugt; tief unten die Dächer und malerischen Gassen der Unterstadt
mit der mediterranen Uferpromenade, an deren Anlegestellen die Schiffe der
Weißen Flotte pausenlos Feriengäste ausspucken oder aufsaugen; und hinter
alldem die in der sonntagnachmittäglichen Herbstsonne flimmernde Fläche des
Sees. Eine fast schon kitschige Postkartenidylle.
    Den Blondschopf vorne an der Mauer
hatte im Gegensatz zu den zahlreichen Touristen um ihn herum nicht die Aussicht
hierhergelockt. Die kannte er zu gut, als dass er ihr noch etwas hätte
abgewinnen können. Immer wieder blickte er verstohlen auf die Uhr. Typisch,
dachte er: Erst Knall auf Fall ein Treffen verlangen und dann zu spät kommen!
    Da endlich schlenderte ein
gedrungen wirkender Enddreißiger mit akkurat geschnittenem Kinnbart heran und
baute sich wie zufällig neben dem Blonden auf.
    »Was gibt’s?«, fragte dieser
mürrisch und richtete den Blick auf seinen Nebenmann.
    Der Bärtige ging nicht auf die
Frage ein. »Immer wieder schön hier oben, nicht wahr?« Als hätte er sich nur
wegen der Aussicht heraufbemüht, blickte er höchst interessiert auf die
quirlige Unterstadt hinunter.
    »Du bist und bleibst ein
sentimentaler Träumer. Also, was willst du?«
    »Mit dir reden. Ich brauche Geld.«
    »Wann brauchst du das nicht?«
    »Du hast’s gut! Dir liegt keine
Familie auf der Tasche.«
    »Selbst schuld!« Der Blonde lachte
hämisch. Dann wurde er wieder ernst. »Was stellst du dir vor?«
    Zum ersten Mal wandte sich der
Bärtige seinem Partner zu. »Ich will aussteigen. Ich will, dass wir den
Countdown beenden und die Rakete steigen lassen. Jetzt!«
    »Jetzt? Bist du wahnsinnig? Das ist
gegen die Abmachung!«, fuhr der Blonde hoch. Nur mit Mühe gelang es ihm, die
Stimme zu dämpfen.
    »Überleg doch mal: Tammys Tod
zwingt uns zum Stillhalten, und keiner weiß, wie lange das noch dauert.
Jedenfalls dürfte unsere regelmäßige Einnahmequelle für einige Zeit versiegt
sein, da beißt die Maus keinen Faden ab. Ich steh aber nicht gern mit leeren
Händen da, das kann ich mir nicht leisten. Da ist mir der Spatz in der Hand
schon lieber … wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Und? Wie willst du vorgehen?«
    »Ist doch ganz einfach: Den Leuten
flattert ein Filmchen ins Haus, sie zahlen, und – schwupp – sind wir reich.
Alles wie geplant, nur eben etwas früher.«
    Nun war es an dem Blonden, seinen
Partner anzustarren. »Hast du schon einmal daran gedacht, dass einer von denen
ausrasten könnte? Dann siehst du ganz schön alt aus, mein Lieber – falls du’s
überlebst.«
    »Pah, von wegen! Die wissen ganz
genau: Wer gegen uns vorgeht, muss erst mal seine eigene dreckige Wäsche
waschen; ist doch logisch, oder? Außerdem, jetzt oder in ein paar Monaten – wo
ist da der Unterschied? Ein Schock ist das für unsere Freunde allemal. Aber was
soll’s? Sie können sich ja

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