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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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Bodan-Klinik mit einem unverschlüsselten Funknetzwerk arbeitete.
    »Was wäre, wenn nicht?«, hatte Karin wissen wollen.
    »Auch kein Problem. Aber Funknetzwerke sind bequemer
zu knacken«, klärte Qualle sie auf.
    Funknetzwerke, so führte er aus, hätten den
unbestreitbaren Vorteil, dass sie durch den Verzicht auf jegliche
Kabelverbindung außerordentlich kostengünstig betrieben werden könnten. Leider
jedoch seien Netze dieser Art für Angriffe von außen so offen wie ein
Scheunentor, sofern der Datenverkehr unverschlüsselt erfolgte. Da die
Verschlüsselung auf Kosten der Geschwindigkeit ginge, verzichteten viele
Anwender auf diese Sicherheitsmaßnahme – mit fatalen Folgen. »Es ist, als würde
man sein Lagerhaus nachts offen und unbewacht lassen, ja, als knipse man für
einen Eindringling sogar das Licht an!« Qualle wusste, wovon er sprach. Karin
hatte über so viel Unbekümmertheit nur verständnislos den Kopf schütteln
können.
    Wollte man ein Funknetzwerk knacken, durfte die Entfernung
zum Netz nicht mehr als dreihundert Meter betragen. Deswegen hatte Qualle
darauf gedrängt, in unmittelbare Nähe der Klinik zu fahren, und war sofort auf
Karins Vorschlag eingegangen, sich im Pavillon oberhalb des Stadtgartens
einzuquartieren, kaum hundert Meter vom Objekt ihrer Begierde entfernt. »Da
kommt um diese Zeit kein Mensch vorbei«, hatte Karin gemeint, »und falls es
regnet, haben wir ein Dach über dem Kopf.« Qualle war es recht gewesen, zumal
er sich im Freien einen besseren Empfang versprach als in seinem Wagen.
    »Ich bin drin«, verkündete er in diesem Moment
schmatzend und warf einen leer gelöffelten Puddingbecher in die Schachtel zu
seinen Füßen. »Also, was brauchst du? Nach was oder wem suchen wir?«
    »Nach dem Leiter der Klinik, einem gewissen Dr.
Hans-Gerd Weselowski. Ich brauche vertrauliche Daten, E-Mails, seinen
elektronischen Terminkalender, so er einen hat, OP -Pläne
und so weiter.«
    »Dir ist schon klar, dass wir beide ab sofort mit
einem Fuß im Kittchen stehen? Datenspionage ist strafbar, aber hallo!«
    »Ist bekannt, Qualle! Aber du kennst mich: Ich
verwende das Material niemals direkt, und im Ernstfall würde ich mir lieber die
Zunge abbeißen, als einen Informanten preiszugeben.«
    Er quittierte ihre Antwort mit undeutlichem Schnauben
und begann, wie wild auf seine Tastatur einzuhämmern. Interessiert sah ihm
Karin zu. Qualle schien gegenüber ihrem letzten Treffen etwas schmaler geworden
zu sein, was unmöglich an der Reduzierung seines Puddingkonsums liegen konnte,
wie sie während der letzten halben Stunde festgestellt hatte. Aber vielleicht
täuschte sie sich ja auch.
    Mit einem Mal hielt Qualle inne. Sekundenlang blieb er
unbeweglich sitzen, las, was auf dem Bildschirm stand. Dann deutete er auf den
Text. »Hier: Sein E-Mail-Verkehr. Soll’s ein bestimmter Zeitraum sein?«
    »Sagen wir … die letzten vier Monate?«
    »Okay. Ausdrucken geht hier nicht, deshalb brenn ich
dir das Zeug auf eine CD .« Er kopierte die Daten
mit wenigen Handgriffen auf die eingelegte Scheibe. »Weiter im Text!« Erneut
tippte er eine Unmenge für Karin unverständliche Befehle ein, unterbrochen von
kleinen Pausen, in denen der Rechner nach irgendwelchen Dateien suchte. »Aha!«,
stieß er plötzlich hervor. »Das könnte dich vielleicht interessieren: Ein
Verzeichnis ›Termine Dr. W.‹. Nehmen wir’s dazu?«
    »Nehmen wir. Gleicher Zeitraum.«
    »Eine Selektion würde zu lang dauern. Ich kopier dir
das ganze Verzeichnis.«
    Weitere zwanzig Minuten durchstöberten sie den
Datenbestand der Klinik. Schließlich glaubte Karin, genügend Material beisammen
zu haben. »Lass uns zusammenpacken.« Während Qualle noch den Computer
einpackte, stand Karin schon in den Startlöchern. Plötzlich konnte es ihr nicht
schnell genug gehen. Zehn Minuten später waren sie zu ihren Autos
zurückgekehrt, wo sie sich trennten.
    Zu
Hause angekommen, fuhr Karin Winter ihren Rechner hoch, legte die CD ein und begann, das
Material zu sichten. Immer wieder machte sie sich Notizen, kontrollierte
bestimmte Formulierungen, verglich Datumsangaben und Uhrzeiten. Ein
medizinisches Fachwörterlexikon klärte sie über die Bedeutung der zahlreichen
von Weselowski verwendeten Fachbegriffe und Abkürzungen auf. Endlich, nach über
einer Stunde, lehnte sie sich erschöpft zurück und griff zum Telefon.
    »Matuschek«, meldete sich der Angerufene. Laute Musik
und Stimmengewirr krochen in ihr Ohr, sie hatte Mühe, ihn zu

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