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Seefeuer

Seefeuer

Titel: Seefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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haben
soll.«
    Bei ihren letzten Worten hatte sich die Tür zu Wolfs
Büro geöffnet. Ludger Kalfass stürmte herein, ließ sich in einen freien Stuhl
fallen und setzte ein wichtiges Gesicht auf. Ohne abzuwarten, legte er los:
»Der Tauchclub in Überlingen war natürlich Fehlanzeige.« Wolf war schleierhaft,
was daran »natürlich« war. »Trotzdem habe ich einen Durchbruch erzielt, Chef:
In Bodman ist ein Taucheranzug von einem Boot verschwunden.« Beifallheischend
wanderte Kalfass’ Blick von Wolf zu Jo.
    »Langsam, Ludger, langsam. Ob das ein Durchbruch ist,
muss sich erst noch zeigen. Was weißt du sonst noch darüber?«
    »Es war ein Trockenanzug, Größe und Fabrikat stimmen
mit dem bei der Toten gefundenen überein. Wie dieser hat er das Auslass- und
Überdruckventil eingebaut, ebenso den Inflationsanschluss …«
    » Inflator anschluss«,
verbesserte ihn Jo.
    »Sag ich doch! Er gehört einem vierundzwanzigjährigen
Taucher aus Bodman. Hat ihn vorgestern Abend versehentlich auf dem Motorboot
des dortigen Jachtclubs liegen lassen. Dafür gibt es Zeugen.«
    »Hat irgendjemand in diesem Club einen konkreten
Verdacht, wie der Anzug abhandengekommen sein könnte?«
    »Leider nein. Ich habe alle anwesenden
Vereinsmitglieder und Gäste gründlich befragt.«
    Obwohl die letzte Frage von Jo gestellt worden war,
hatte Kalfass seine Antwort an Wolf gerichtet. Der war irritiert, wie so oft in
letzter Zeit. Die ständigen Eifersüchteleien zwischen den beiden hingen ihm
nachgerade zum Hals heraus; sie waren nicht nur kindisch, sie beeinträchtigten
inzwischen massiv ihre Arbeit. Wolf kannte den Grund: Kalfass konnte nicht
verwinden, dass er – unfreiwillig und trotz längerer Dienstzeit – noch immer
als Kriminalobermeister auf derselben Position festsaß, während es seine
Kollegin Joanna »Jo« Louredo bereits zur Hauptmeisterin und
Kommissarsanwärterin gebracht hatte. Er fühlte sich übergangen, und das machte
ihn stänkrig. Manchmal, wenn es gar zu schlimm wurde, malte sich Wolf ein
Dienstleben ohne Kalfass aus. So weit allerdings, ihn wegzuloben oder ihm eine
Versetzung nahezulegen, wollte er dann doch nicht gehen. Noch nicht.
    »Wir machen Folgendes: Du, Ludger, bestellst für
Montag den Besitzer des Anzugs ins Präsidium. Er soll das Ding zweifelsfrei
identifizieren. Außerdem brauchen wir von ihm eine Speichelprobe, um ihn aus
den DNA -Spuren auszusondern. Jo dagegen wird
diesen Adligen … wie heißt er doch gleich? … diesen von Perdelwitz
herbeischaffen. Solche Leute wissen meist mehr, als sie beim ersten Mal
rauslassen. Möglicherweise weiß er ja gar nicht, was er
alles weiß. So, Leute, damit genug für heute …«
    »Moment noch: Wäre schön, zu erfahren, was Ihre
eigenen Recherchen ergeben haben – oder haben Sie nichts zu berichten?«, fragte
Kalfass aufmüpfig.
    Wolf lachte. Zwar gefiel ihm Kalfass’ Ton ganz und gar
nicht, aber im Grunde hatte er recht, auch er hatte eine Bringschuld.
»Entschuldigt bitte. Also, zum Z i A : Meine Nachforschungen in der Datenbank haben rein
gar nichts gebracht, Gott sei’s geklagt. Weder fand sich ein Zusammenhang zu
gleichen oder ähnlichen Tatverläufen, noch ergaben sich irgendwelche
Querverbindungen zu bekannten Tätern oder Täterkreisen. Und eh du mir gleich
wieder eine vor den Latz knallst, Ludger, will ich hinzufügen:
Selbstverständlich hab ich die Suche auch auf die seenahen Gebiete von
Vorarlberg und auf die Schweizer Seekantone ausgedehnt. Zu Punkt zwei, dem
Kanister: Dieses Beweisstück ist auf dem Weg von der Brandstelle zum
Brandsachverständigen verschüttgegangen, so genau lässt sich das leider nicht
mehr feststellen. Wenn wir nicht nachgefragt hätten, wäre das Ding
möglicherweise für immer verschwunden. Inzwischen befindet es sich bei der KTU . Montagnachmittag sollen wir die Auswertung
bekommen, dann sehn wir weiter. So, Ludger, zufrieden? Wenn ihr keine Fragen
mehr habt, dann war’s das. Jetzt aber raus hier …«
    Wenige Augenblicke später bereits waren die Räume des
Dezernats D1 verwaist. Als Letzter hatte Wolf das Licht ausgeknipst.
Nachdenklich ging er zu seinem Fahrrad.

3
    Noch zwei Runden bis zum Frühstück! Karin
Winter nahm das Klacken der Stöcke auf dem festen Boden schon nicht mehr wahr.
Arme schwingen, Stöcke setzen, Fußsohlen abrollen – längst war ihr der
Bewegungsablauf in Fleisch und Blut übergegangen.
    Vor gut zwei Jahren hatte sie von Jogging zu Nordic
Walking gewechselt, es bekam ihren Gelenken besser.

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