Seehaie
den Grund kennt oder zumindest ahnt, warum ihr Mann sterben
musste.«
»Du hast ja so recht. Aber sollen wir es aus ihr
herausprügeln?« Bevor sie die Tür hinter sich schloss, rief er ihr noch nach:
»Und lass dir ihre Wohnungsschlüssel geben. Wir müssen die Spurensicherung
hinschicken.«
Kaum
war Wolf allein, rief er Marsberg an. »Kannst du uns aushelfen, Rolf?« Er schilderte
kurz das Gespräch mit der Ploc und bat Marsberg, zwei seiner Leute nach
Weingarten zu schicken. »Es ist damit zu rechnen, dass die beiden Männer noch
einmal in der Wohnung auftauchen. Vielleicht hat ihr Auftraggeber Angst, die
Ploc könne doch was ausplaudern, und will sie beseitigen lassen.«
»Ich werde sehen, was sich machen lässt, Leo. Wir
haben selbst alle Hände voll zu tun. Gerade kam zu allem Überfluss noch eine
Vermisstenmeldung rein, die nichts Gutes erwarten lässt: ein Architekt, gestern
Morgen zum letzten Mal gesehen. Angeblich hatte er vor, eine seiner Baustellen
zu besuchen, dort ist er aber nie angekommen. Und ich muss zwei meiner Männer
an das D2 ausleihen, um den Kerl zu suchen, weil die genauso überlastet sind
wie wir.«
»Trotzdem: Ich zähl auf dich. Und halt mich auf dem
Laufenden, ja?«, beendete Wolf das Gespräch. Dann fiel ihm ein, dass er
eigentlich Patzlaff über diese Entwicklung informieren sollte. Doch das musste
warten, bis der Kriminalrat von seiner so überaus wichtigen Tagung
zurückgekehrt war – und darüber gingen laut Frau Bender sicher noch zwei Tage
ins Land.
***
Nach
der Mittagspause tauchte auch Kalfass wieder im Präsidium auf. Er machte den
Eindruck eines erfolgreichen Mannes, der seinem Erfolg jedoch misstraute.
»Den größeren der Schläger hab ich gefunden. Ein
gewisser Mahmoud al Khasri, Gastarbeiter aus Marokko. Ebenfalls Fahrer bei
Hohbau. Er behauptet, er habe mich für einen Dieb gehalten und deshalb
›angefasst‹, wie er es blumig umschrieb. Habe ihm klargemacht, dass sein
Übergriff noch Folgen für ihn haben wird.«
»Wäre nicht schlecht, seinen Namen einmal durch den
Fahndungscomputer laufen zu lassen. Wer weiß, vielleicht hat er noch mehr Dreck
am Stecken! Und wenn du schon dabei bist, dann schick Stareks Namen hinterher.
Du weißt schon: Adresse, Nationalität, Beruf, Arbeitgeber, Führungszeugnis und
so weiter.«
»Mach ich. Übrigens, Starek ist und bleibt
verschwunden, keiner auf der Baustelle will den Namen je gehört haben. Auch die
Befragung der Fahrerkollegen hat nichts Nennenswertes zutage gebracht – außer
vielleicht den Hinweis, dass Ploc hin und wieder Fahrten für ein anderes
Unternehmen durchgeführt hat.«
»Welches Unternehmen?«
»Der Hinweis war sehr allgemein. Ich werd der Sache
nachgehen.«
»Tu das!«
Ein
paar Stunden später meldete sich Marsberg. »Wir haben die beiden Typen aus
Weingarten, Leo. Hat nicht lange gedauert, bis sie aufkreuzten und von meinen
Männern in Empfang genommen wurden. Das sind wirklich zwielichtige Gestalten,
kann mir schon vorstellen, dass sie einer unbedarften Frau Angst einflößen. Ich
nehme an, du willst bei der Vernehmung dabei sein?«
»Klar. Wann?«
»In zehn Minuten. Raum vier.«
Wolfs Hoffnung, endlich etwas Licht in den Fall
bringen zu können, wurde nicht erfüllt. Die Vernehmung ging aus wie das
Hornberger Schießen: ergebnislos. Beide Männer behaupteten unabhängig
voneinander, Frau Ploc im Auftrag der Genossenschaft aufgesucht zu haben. Sie
seien auf der Suche nach der Ursache für die feuchten Wände eine Etage tiefer
gewesen. Den Wohnungsschlüssel habe ihnen der Hausmeister ausgehändigt, Frau
Ploc sei nicht zu Hause gewesen. Ein Anruf bei der Genossenschaft bestätigte
die Aussage der beiden Männer. So blieb den Beamten nichts anderes übrig, als
sie wieder laufen zu lassen.
»Ach ja, das könnte dich noch interessieren, Leo«,
sagte Marsberg im Weggehen. »Der vermisste Architekt Stiller hat unter anderem
für unseren Freund Hohmann gearbeitet.«
»Na, so ein Zufall, hängt der da etwa mit drin? Er
könnte sich abgesetzt haben, vielleicht wurde ihm die Sache zu brenzlig.«
»Keine Ahnung. Es gibt nicht die geringste Spur von
ihm. Wir werden wohl das LKA einschalten müssen.«
Alles
in allem, da machte Wolf sich nichts vor, lag ein frustrierender Tag hinter
ihnen. Sie waren sich sicher, dass irgendwo da draußen eine Riesenschweinerei
im Gange war. Doch was sie auch anfassten, es zerrann ihnen unter den Fingern.
Im Gegensatz zur allgemeinen Wetterlage, die sich seit dem Morgen
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