Seehaie
heute kapiert, wie viel kriminelle Energie wirklich hinter
Starek und Konsorten steckt. Allerdings fürchte ich, dass Starek lediglich als
Mann fürs Grobe fungierte. Was wir brauchen, sind jedoch die Hintermänner, die
eigentlichen Drahtzieher!«
»Dann fangen wir doch bei Hohmann an«, schlug Jo vor.
»Immer schön der Reihe nach«, schaltete sich jetzt
Marsberg ein. »Fassen wir mal zusammen, was wir haben. Da wäre zum Ersten der
zwielichtige Starek, der mit allen Mitteln verhindern will, dass Kollege
Kalfass zusammen mit dem Architekten auf der Baustelle herumschnüffelt. Wir
wissen nicht, für wen er arbeitet, aber seit heute wissen wir, was unentdeckt
bleiben sollte: Auf der Baustelle muss illegaler Giftmüll eingelagert worden
sein. Die schriftliche Aussage von Ploc in seinem Brief ist da ganz eindeutig.«
Hier hakte Wolf ein. »Plocs Frau ist in der Gegend.
Wir brauchen unbedingt ihre Aussage. Vielleicht kann sie sogar weiter gehende
Angaben dazu machen. Am besten, du übernimmst das, Jo, dich kennt sie schon.
Ruf die Winter vom ›Seekurier‹ an und lass dir die genaue Adresse geben, sobald
wir fertig sind.«
Jo nickte und machte sich Notizen.
»Mir ist nicht klar, wie das mit dem Giftmüll vor sich
gehen soll – auf einer Großbaustelle mit Hunderten von Bauarbeitern, wo der
Baufortschritt praktisch täglich kontrolliert wird und sowohl Mülltransporte
als auch deren Beseitigung unweigerlich auffallen würden?«, gab Hartmut Preuss
zu bedenken.
»Starek erwähnte das Fundament der Tiefgarage. Und der
Architekt hat von Maßabweichungen beim Bau von Fundamenten gesprochen. Ob es da
einen Zusammenhang gibt?«, überlegte Jo.
»Jo hat recht, so könnte es sein. Ludger, du nimmst
zusammen mit Kronberger die Tiefgarage noch mal gründlich unter die Lupe. Am
besten rufst du ihn gleich an. Und nimm diesmal zwei uniformierte Kollegen mit,
wir wollen ab sofort kein Risiko mehr eingehen.«
»Okay.« Kalfass ging zum Telefonieren in den
Nebenraum.
Marsberg wollte endlich seine Zusammenfassung zu Ende
bringen. »Auch wenn wir die Details noch nicht kennen: Der Tod der beiden
Fahrer und des Poliers passt verdammt gut ins Bild. Und ich werde das Gefühl
nicht los, dass auch das Verschwinden des Architekten eng damit zusammenhängt.
Doch nun zu Hohmann. Der steckt mit Sicherheit in der Sache drin. Bei der
Müllentsorgung wird klotzig verdient – umso mehr, je giftiger das Zeugs ist.
Bei so viel Geld sind schon ganz andere schwach geworden. Im Übrigen hat Hohmann
als Bauunternehmer jede Menge Möglichkeiten, den Dreck heimlich verschwinden zu
lassen. Was meinst du, Leo?«
»D’accord. Ich würde sogar noch weiter gehen: Für mich
steckt Hohmann nicht nur ganz tief drin. Ich halte ihn inzwischen sogar für den
Kopf des Ganzen! Deshalb bin ich für seine Festnahme, und zwar noch heute.«
»Einverstanden. Bleibt noch die Frage: Wo kommt der
Müll her? Hat vielleicht doch Maywaldt damit zu tun?«
»Wir können es nicht ausschließen. Aber wir sind gut
beraten, uns schrittweise vorzuarbeiten. Eins nach dem andern.«
»Und Patzlaff?«, fragte Marsberg.
»Wer ist Patzlaff?«, grinste Wolf.
***
Hohmanns
Festnahme musste wohlbegründet sein, schließlich war er am Nordufer des
Bodensees bekannt wie ein bunter Hund. Als erfolgreicher Unternehmer verfügte
er über hohes Ansehen und weitreichende Verbindungen. In Anbetracht der Fakten
wie auch der sich abzeichnenden Dimension des Falles jedoch hätte sogar der
diensthabende Staatsanwalt Dr. Hirth einen Haftbefehl befürwortet, da war
sich Wolf sicher. Allerdings hätte sie der Weg über den Staatsanwalt und den
zuständigen Haftrichter viel zu viel Zeit gekostet. Wolf kannte Richter Scheu
und dessen kleinliche Arbeitsweise zur Genüge. Nicht ohne Grund nannte er ihn
gelegentlich – hinter vorgehaltener Hand, versteht sich! – einen »wankelmütigen
Korinthenkacker.«
Nein, es musste auch ohne die beiden gehen. Wer konnte
schließlich wissen, ob Hohmann nicht längst von Stareks Verhaftung wusste? Und
wenn ja, wer garantierte ihnen dann, dass Hohmann die folgenden Stunden nicht
nutzte, um Spuren zu verwischen oder Zeugen zu beeinflussen? Insofern war
Gefahr im Verzuge, und das rechtfertigte allemal eine Verhaftung ohne
Haftbefehl.
Bis
sie in Überlingen wegkamen, wurde es vier Uhr. Sie konnten nur hoffen, Hohmann
noch in seiner Firma anzutreffen.
Wolf und Marsberg setzten sich auf die Rückbank des
Dienstwagens, um über die Vorgehensweise bei Hohmanns
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