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Seeherzen (German Edition)

Seeherzen (German Edition)

Titel: Seeherzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margo Lanagan
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nass-glattes Haar, meine Zunge schoss zwischen seinen Zähnen hindurch, und unsere Körper verschmolzen überall miteinander.
    Er ließ mich so behutsam los, wie er mich hochgehoben hatte, beendete den langen Kuss mit kürzeren, zarteren. Er strich mir die Locken aus der Stirn, die sich nie zurückhalten ließen. Sein Kuss zischte und sprudelte noch durch mich hindurch, ich war innerlich wie erschüttert. Wie sollte ich es später über mich bringen, all das zurück ins Meer zu schicken?
    Doch wozu jetzt schon darüber nachdenken? Ich ließ mich auf den Felsen sinken und zog ihn mit mir herunter. Ich drehte ihn auf den Rücken und legte mich, fast ganz ohne Angst, neben ihn. Meine kleinen plumpen, von der Hausarbeit geröteten Hände wanderten über seinen Körper, erforschten seine Hügel und Täler, die Straßen und Türme, bestaunten die vielen unterschiedlichen Abstufungen von Haarigkeit und Weichheit, Wärme und Kälte, umfassten einzelne Strähnen seines Haars, das schwarz war wie die Nacht und glitschig-glatt wie Wasser, und ließen sie wieder los.
    Und das Wunder geschah – ein wohlgeformter Mann umarmte begierig meinen Körper, den alle stets als hässlich und lachhaft, sogar abstoßend bezeichnet hatten. Doch ich entzückte ihn; er strich über meine Rundungen, wiegte mich in den Händen, drückte mich an sich und fiel in mein Keuchen mit ein, während ich mich ihm hingab. Er blickte mir offen ins Gesicht, ohne jede Verachtung, wie ich sie sonst in den Augen der Männer und Frauen erkannte. Er war einfach nur ein anderes Wesen, das sich im Lichtschein des Feuers und des Mondes auf Entdeckungsreise begab, meine Haut, die Form meiner Gliedmaßen, Falten und Vorzüge erkundete, alles daran zum Lachen und gleichzeitig vollkommen ernsthaft. Er strich mir das feuchte Haar von den Schläfen und küsste mich erneut mit seinem breiten, aufrichtig lächelnden Mund mit den strahlend weißen Zähnen.
    Wir sprachen kaum miteinander, gaben nur hier und da einen unterdrückten Schrei, ein leises Lachen, ein Keuchen von uns. Was gab es auch schon zu sagen, während wir taten, was wir taten, und auch als wir in dem Schwebezustand danach ineinander verschlungen in der Kälte der Nacht am warmen Feuer lagen? Überglücklich sah ich zu, wie sich mein Leben von allen Fesseln befreite, wie ein Drachen, der sich von seiner Schnur losreißt und in den Sturm hineinfliegt, der die Zukunft darstellt. Wie winzig ich gewesen war, gefangen in meiner kümmerlichen Rundlichkeit, meinen belanglosen Ängsten. Warum war mir die Meinung anderer Leute so wichtig gewesen – noch dazu von Leuten, die noch kümmerlicher waren als ich selbst? Ha! Eigentlich war es jetzt, da es mir so gleichgültig war, ja nicht mehr wichtig, warum. Bei all dem, was ich haben konnte! Bei all dem, was ich tun konnte!
    Die Sterne zogen sich spielerisch Wolkenschleier über, um dahinter wieder strahlend zum Vorschein zu kommen; oben strich üppig-frische Frühlingsluft vorbei, salzig, strotzend vor Leben; das Meer züngelte und zerbrach an den Felsspitzen, weiter draußen seufzten die Strömung, der Seegang, die Schwärze. Ich drehte mich in den Armen meines Liebhabers um und zog seinen Mund wieder auf meinen.
    Schließlich spürte ich, dass unser Beisammensein zu Ende ging. Er hatte mir einen neuen Körper geschenkt, ihn mit Händen, Mund und Männlichkeit modelliert und magisch vervollkommnet. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich schön und liebenswert gewesen, ganz gleich, ob Potsheads Bewohner genauso darüber dachten oder nicht. Ich fühlte mich reingewaschen von der Wut und dem Leid, die so viel Raum in mir beansprucht hatten, sobald ich mich in hochnäsigerer oder hübscherer Gesellschaft befunden hatte. Nun fühlte ich mich frei, meinen eigenen Wünschen zu folgen, meinen eigenen Weg zu beschreiten – in einer Welt, die so viel größer war, als ich bisher angenommen hatte, in der ich nicht mehr war als das Aufblitzen eines Sterns, eine kleine Welle unter vielen. Mein eigenes Glück war keinen Deut wichtiger als das eines jeden anderen Menschen – als das eines Fisches oder eines Grashalms! – und keinen Deut weniger wichtig. Wie mickrig ich doch war, inmitten dieser grenzenlosen Größe! Und wie herrlich es war, so winzig und allein zu sein, für einen Augenblick hier zum Leben erweckt, dazu bestimmt, bald wieder ausgelöscht zu werden und die Zeit alle Spuren und Erinnerungen an mich fortschwemmen zu lassen.
    Wir gingen zum beißend kalten Meer

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