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Seeherzen (German Edition)

Seeherzen (German Edition)

Titel: Seeherzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margo Lanagan
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Gesicht rot anlief. «Es ist die weibliche Variante von ‹Michael›», sagte Mum in ihrer unverkennbaren Wir-haben-Besuch-Stimme. «Sie ist nach dem Erzengel benannt.»
    «Verstehe», nickte Herr Hurtle zustimmend.
    «Ja, sie sieht wirklich aus wie ein Michael», sagte Lorel immer noch lachend.
    «Lorelei», sagte Mum, als wollte sie das Mädchenhafte an Lorels Namens besonders betonen, während ich mit meinem Grobiangesicht und klanglosen Männernamen als männlich gebrandmarkt dasaß und die Mädchen um mich herum ein großes Theater daraus machten, sich das Lachen zu verkneifen.
    Als Ann Jelly und Mr. Hurtle heirateten, fand die Hochzeit – 
die bescheiden ausfallen muss
, hatte Dad gesagt,
damit die anderen sich nichts Extravagantes erhoffen
 – auf Rollrock statt. Bee ärgerte sich schwarz, weil es nicht ihre eigene war. Und Ann Jelly feixte vor Freude. Triumphierend stand sie im Frühlingswind vor dem Kirchenportal, die Blätter der Apfelblüte umwehten sie wie Schneeflocken, und Hagergesicht hatte ein knochiges Lächeln aufgesetzt. Seine mit Cordlin-Butter und Cordlin-Kuchen gemästeten Eltern strahlten, raunten «idyllisch», «bezaubernd», «rustikal» und «frische Luft» und standen während der Hochzeitsfeier immer ein winziges Stückchen von uns entfernt, ein winziges Stückchen oberhalb von uns, unter den Bäumen im Klostergarten.
    Dann verschwand Ann Jelly über den Strait aus unserem Leben, und da sie nun nicht mehr dazwischengehen konnte, benahmen sich Bee, Grassy und Lorel bösartiger als je zuvor.
    Doch auch Bee fand noch rechtzeitig einen Abnehmer – in Thomas Bolt, während dessen kurzlebiger Episode annähernder Attraktivität und ihrer eigenen halb hübschen Phase. Sie zog aus, ein Stück weiter den Hügel hinauf, und begann in demselben Tempo Babys zu gebären, in dem eine Grandma Rührkuchen backt. Grassy folgte dem armen John Tinker, und auch hier war es die gleiche Geschichte: ein Baby nach dem anderen. Lorel heiratete Vikar Breachley, von dem sie keine Kinder bekam, was niemanden überraschte. Tatty Anna gab Joseph Coil das Jawort, bekam einen Sohn und dann ein Mädchen, das sie das Leben kostete, also nahmen Lorel und Breachley die beiden auf und hatten schließlich doch noch Kinder, die Lorel zeitlebens spüren ließ, dass sie sie als große Last empfand.
    Ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass ich es besser treffen könnte als Tatty oder Grassy, und mit Sicherheit würde ich keinem Anwalt in spe mit wehenden Fahnen aufs Festland folgen. Nach und nach schnappten sich die Mädchen, die flirteten,
wenigstens mal einen fröhlichen Eindruck machten
oder zumindest schlank und makellos waren, alle heiratsfähigen Jungen oder umgekehrt, während ich wie einer der Skittles Rocks festsaß, eine Klippe inmitten des wogenden Meeres, in deren Nähe sich kein vernünftiger Mann mit irgendwelchen Aussichten vorwagen würde.
    Die Männer meines Alters oder darüber, die noch übrig blieben, waren entweder einbeinig oder verrückt, oder sie erhoben die Hände zu einer abwehrenden Geste, sobald ich ihnen über den Weg lief, wenn sie überhaupt Notiz von mir nahmen. Ich wollte keinen Ehemann, wenn es bedeutete, dass ich mich auf einen von diesen Kerlen einlassen musste. In den düstersten Nächten spielte ich insgeheim mit dem Gedanken, aufs Festland zu fahren und mir dort selbst einen Mann zu suchen. Doch wenn schon kein Mann aus Rollrock mich anblicken konnte, ohne in höhnisches Gelächter auszubrechen oder es mit der Angst zu tun zu bekommen, würden mich auf Cordlin doch sicher nur noch mehr Kerle von dieser Sorte erwarten.
    Und als Dad krank wurde, war ich vollkommen an unser Haus gefesselt. Es war eher ein Unfall als eine Krankheit; tags zuvor war er noch ein Mann gewesen, am nächsten erwachte er als Baby, konnte nie wieder sprechen, laufen, nach etwas greifen oder seine Körperfunktionen kontrollieren. Mums Zorn stieg noch näher an die Oberfläche: Hatte sie früher noch missbilligend mit der Zunge geschnalzt, geseufzt und laut mit Töpfen geklappert, beklagte sie sich nun offen und lauthals – über Dad, Billy und ihr Schicksal, ein derart hartes, tristes Leben führen zu müssen. Immer wieder ließ sie ihre Wut an mir aus: «Wie fett du geworden bist! Du bist eindeutig noch fetter als letzten Sommer. Frisst du deinem Vater das Essen weg, wenn ich nicht hingucke?» Manchmal schien sie gar nicht mehr aufhören zu können, sich über meine unbezähmbaren Haare aufzuregen, über meine

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