Seejungfrauen kuesst man nicht
der Gästekajüte und kam mit ein paar Handtüchern zurück. »Möchtest du duschen, während ich mich mit diesem Glas Pesto herumschlage? Es ist die einzige Methode, wie einem hier warm werden kann. Du kannst dir von mir eine Hose leihen, während deine trocknet, wenn du magst.« Er schob die Kajütentür auf und zeigte auf die Stapel sauberer Wäsche. »Bedien dich.«
Das ist ein bisschen abartig, dachte ich, als ich mir eine braune Kordhose aussuchte, die Lexi mit einer Falte vorn gebügelt hatte, und ein ausgeblichenes Jeanshemd. Im Bad inspizierte ich Rads Toilettenartikel nach Anzeichen weiblicher Wesen: Shampoo, Seife, Deodorant, Zahnpasta, Rasierschaum und ein Bic-Rasierer. So weit, so gut. Ich hörte ihn draußen mit Kochtöpfen klappern und das Heulen des laufenden Wasserhahns. Die Dusche war so niedrig angebracht, dass sich nur ein Zwerg die Haare waschen konnte, ohne sich zu bücken, und selbst unendlich kleine Regulierungen am Thermostat konnten mir kein Wasser liefern, das eine Temperatur zwischen eiskalt und kochend hatte. Ich schrie, als Rad den Wasserhahn in der Küche abdrehte und siedend heißes Wasser aus dem Duschkopf strömte.
»Tut mir Leid«, rief er. »Ich habe vergessen zu erwähnen, dass der Thermostat klemmt. Man braucht das Fingerspitzengefühl eines Gehirnchirurgen.«
Dort drinnen war kein Platz, sich anzuziehen, und außerdem standen, als ich fertig war, alle Flächen unter Wasser. Deshalb war ich gezwungen, in ein Handtuch gewickelt und mit roten Schultern herauszukommen und nervös in die Gästekajüte zu gehen, wobei ich ständig Kleidungsstücke fallen ließ und wieder aufhob. Rad, der mit hochgelegtem Bein auf der Bank saß, las und Rotwein trank, beobachtete amüsiert mein würdeloses Vorrücken. »Ich fürchte, es ist ein bisschen Wasser auf den Boden gekommen«, sagte ich, wobei ich leicht untertrieb.
»Macht nichts«, sagte er. »Nimm dir ein Glas Wein.« Und dann: »Allmächtiger, was hast du da drin gemacht?«, als er mit einem Platschen ins Bad trat.
Ich goss Wein in ein leeres Glas - eins von diesen unzerstörbaren Dingern, die sie im Zuge von Benzinwerbekampagnen verschenken. Ich hatte auch noch ein paar davon zu Hause; sie haben alle anständigen überlebt - sprangen praktisch wieder hoch, wenn man sie fallen ließ. Auf dem Herd fing der Topfdeckel an zu klappern, deshalb stellte ich ein Bündel Spaghetti ins blubbernde Wasser und sah zu, wie es zur Seite und dann umfiel. Auf der Anrichte befanden sich ein Glas mit grünem Pesto und ein Stück Parmesan, das aussah, als hätte es ein paar Wochen in einer Mausefalle gelegen. Natürlich gab es keine Käsereibe, deshalb musste ich mit einem stumpfen Obstmesser große Stücke abhacken.
Wie kann man nur so leben?, fragte ich mich. Mit Sachen auskommen, die man in einem schlecht ausgestatteten Wohnwagen finden würde. All dieses Improvisieren war völlig akzeptabel, wenn man zwei Wochen Urlaub machte, aber Rad war schon über vier Monate hier, und das Boot gehörte jetzt ihm. Man konnte diesen Minimalismus auch übertreiben, befand ich.
Als ich mit dem Käse fertig war und die Spaghetti umgerührt hatte, nahm ich meinen Mantel, der inzwischen dampfte, vom Trockengestell und legte dafür meine nasse Jeans und meinen Pulli darauf. Dann ließ ich mich mit meinem Wein auf der Bank nieder und nahm Rads Buch in die Hand, eine alte Penguin-Ausgabe von Drei Mann in einem Boot , Preis drei Pfund sechs Pence, und schlug die erste Seite auf. »Wir waren zu viert - George, William Samuel Harris, ich selbst und Montmorency ...« Ein Lesezeichen fiel auf den Tisch. Es war meine Karte: Die, die ich ihm vor etwa drei Monaten geschickt hatte und auf die er nie reagiert hatte. Schade, dass wir neulich Abend nicht die Gelegenheit hatten, uns richtig zu unterhalten . Als ich sie wieder zwischen die Seiten schieben wollte, sah ich, dass er auf der Rückseite überall um die Adresse herum den Namen Jex gekritzelt hatte, immer und immer wieder, Dutzende von Malen, in großer und kleiner Schrift. Ich spürte, wie meine Kopfhaut kribbelte, und dann öffnete sich die Badtür, und ich ließ schuldbewusst das Buch fallen und stand auf.
»Es ist fast fertig«, sagte ich und deutete auf den Topf. Er brach in Gelächter aus, als er meine Aufmachung sah. Ich nehme an, in seinem überdimensionalen Hemd und seiner Hose, alles an Knöcheln, Handgelenken und Hosenbund mehrfach hochgerollt, sah ich aus wie eine dieser selbst gemachten Puppen, die man in der
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