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Seejungfrauen kuesst man nicht

Seejungfrauen kuesst man nicht

Titel: Seejungfrauen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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sauber«, sagte Rad.
    »Was macht dein Vater denn dieses Jahr?«, fragte ich Rad.
    »Er jammert ständig, dass er niemanden hat, der mit ihm fährt - Mum fährt mit Clarissa auf eine Schönheitsfarm. Ich habe ihm einen dieser Aktivurlaube für Einsame vorgeschlagen - du weißt schon, Skizzieren in den Trossachs oder so was. Das fand er nicht besonders witzig.«
    »Das erklärt, wieso er mir nicht erlauben will, mit euch zu fahren«, sagte Frances. »Er ist eifersüchtig, dass du ohne ihn wegfährst, deshalb will er sichergehen, dass noch jemand anders einen beschissenen Sommer hat.«
    »Was hast du denn vor, Blush?«, fragte Nicky.
    »Omasitten am Stadtrand.«
    Rad wollte sich gerade wieder Narziss und Goldmund zuwenden, als Frances, die eine Sekunde schneller war als er, ihm das Buch wegschnappte und es mit einem Triumphschrei über seinen Kopf hinweg zu Nicky schleuderte. Rad machte einen Moment zu spät einen Satz nach vorn und setzte sich dann, um seine Würde zurückzuerlangen, resigniert wieder hin, während die beiden es hin und her warfen. »Kinder, Kinder«, sagte er im Gouvernantenton. »Ruiniert den Einband nicht«, fügte er ernster hinzu. Er war fanatisch, was den Zustand seiner Bücher betraf. Ich hatte ihn oft dabei beobachtet, wenn er versuchte, ein dickes Taschenbuch zu lesen, ohne den Buchrücken kaputtzumachen; er öffnete das Buch ein Stückchen und linste zwischen die Seiten.
    Nicky und Frances, dadurch provoziert, dass er nicht aufgestanden war, näherten sich langsam dem Ufer. Ich sah schon kommen, was passieren würde. Und wie vorauszusehen, war Frances‘ nächster Wurf ein hoher Lob; Nicky sprang zu früh, und das Buch flog über seinen Kopf hinweg ins Wasser, wo es ein paar Sekunden trieb und dann anmutig versank.
    Rad schaute ungläubig auf die kleinen Wellen. »Ihr Schweine«, sagte er. »Ich würde euch ja hinterherwerfen, aber ihr würdet nur meine Autositze nass machen.«
    »Ich kaufe dir auf dem Heimweg ein neues«, sagte Frances. »Wenn du mir das Geld leihst.«
    »Und was ist mit meinen Anmerkungen?«, wollte er wissen, und als wir in Gelächter ausbrachen, war selbst er so anständig, über sich selbst zu lachen.
    Am Nachmittag wurde uns die Sonne zu viel. Unser Stückchen Schatten hatte sich verschoben und die Luft war wie heißer Sirup. Frances schlug zur Abkühlung einen Waldspaziergang vor, aber als wir erst einmal alles zusammengepackt und uns das Gras von den Kleidern und aus den Haaren gewischt hatten, erschien es uns sinnlos, die Abfahrt hinauszuzögern.
    »Gute Wahl, Blush, gut gemacht«, sagte Rad, als wir uns auf dem Feldweg zwischen den Wänden aus freigelegten Baumwurzeln wieder auf den Weg zurück machten, und ich war so zufrieden mit mir selbst, als hätte ich den Ort erfunden.
    »Denk beim nächsten Mal dran, kein Buch mitzunehmen«, sagte Frances.
    »Beim nächsten Mal denk ich dran, euch zwei Trottel nicht mitzunehmen«, korrigierte er sie.
    Wir fuhren mit aufgeklapptem Dach und bei laufendem Radio nach Hause - für Rad eine ungewöhnliche Frivolität, die auf ausgesprochen gute Laune hindeutete. Frances hielt kurz vor Redhill ein Eisauto an und kaufte vier unnatürlich weiße Soft-Eis, die schneller schmolzen und an unseren Armen herunterliefen, als wir sie essen konnten.
    Auf dem Rückweg machten wir beim örtlichen Schwimmbad Halt, weil Frances darauf bestand, dass die Badeanzüge und Handtücher, die sie eingepackt hatte, benutzt werden müssten. Ich war als Einzige anderer Meinung. Ich benutzte meine Angst vor tiefem Wasser als Ausrede, aber insgeheim lag es an meiner Befürchtung, dass Frances‘ 8D-Bikinioberteil an mir nicht gerade vorteilhaft aussehen würde. Natürlich wurde ich überstimmt.
    »Du kannst nicht schwimmen?«, fragte Rad erstaunt, als hätte ich gerade zugegeben, dass ich nicht schreiben konnte. Er und Frances, die von Mr. Radley bereits als Babys in den Pool geworfen worden waren und schwimmen konnten wie Delfine, bevor sie laufen lernten, neigten zu dem Glauben, dass die Fähigkeit angeboren war. »Was, wenn du in einen Fluss fällst oder so?«
    »Ich würde ertrinken. Es sei denn, es würde mich jemand retten.«
    »Hast du in der Schule keinen Unterricht gehabt?«, fragte Nicky.
    »Meine Mutter hat eine krankhafte Furcht vor Warzen«, sagte ich. »Sie hat mich gezwungen, weiße Gummisöckchen zu tragen, die sich mit Wasser füllten und mich runterzogen.«
    »Ich erinnere mich«, sagte Frances. »Wir anderen waren am tiefen Ende und

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