Seekers 03: Auf dem Rauchberg
zurückkommt?«
»Sie kommt zurück.« Lusa ließ sich nicht beirren. »Wir können wenigstens so lange warten, bis die Sonne ganz oben steht. Ich würde auch auf dich warten, Toklo. Bis in alle Ewigkeit, wenn’s sein müsste.«
»Vielleicht sind sie noch nicht lange weg«, warf Ujurak ein, kam aus dem Bach gewatet und stellte sich neben Toklo. »Es kann nicht schaden, ein bisschen zu warten und ihnen Gelegenheit zu geben, zurückzukommen.«
Toklo schnaubte. »Na gut.« Er sprang in den Bach und begann seine Wunden zu säubern. Sein Fell war überall dort grün, wo er Ujuraks Kräuter aufgetragen hatte. Es sah aus, als würde Moos auf seinem Pelz wachsen.
Auch Lusa ging zum Bach und leckte ein wenig Wasser. So nahe am Schwarzpfad schmeckte es ein bisschen nach Ruß, was Lusa ekelhaft fand, aber sie hatte Durst.
»Ich suche uns mal was zu fressen«, beschloss Toklo nach einer Weile. Er stemmte sich hoch und machte sich davon.
Lusa atmete den Geruch des Grases und des Wassers ein, denn sie wusste, dass die Luft, je näher sie dem Höhlengebiet kamen, mit den Gerüchen von Flachgesichtern und Feuerbiestern verpestet sein würde. »Wir schaffen es, nicht wahr, Ujurak?«, wandte sie sich an den kleinen Braunbären. »Wir werden die Letzte Große Wildnis finden?«
Er ist so klein, dachte Lusa. Kaum größer als ich. Und sogar jünger. Sind wir verrückt geworden, ihm zu folgen?
Nein. Es ist irgendwas Besonderes an Ujurak. Es hat einen Grund, dass wir an ihn glauben.
»Ich hoffe es«, erwiderte Ujurak. »Ich hoffe, dass wir dorthin kommen.«
»Danke, dass du dafür warst, zu warten«, fügte Lusa noch hinzu.
»Ich glaube, dass du recht hast, was Kallik angeht.« Ujurak streckte sich im Schatten eines Dornbusches aus.
»Ich glaube, dass Toklo mir insgeheim auch recht gibt«, antwortete Lusa.
Ujurak lachte. »Von außen ist er piksig wie ein Stachelschwein«, sagte er. »Aber innen drin ist er wie eine Schnecke, wenn man sie aus ihrem Haus holt.«
»Wie recht du hast!«, rief Lusa. Dann stutzte sie kurz. »Moment, was ist ein Stachelschwein?«
Hinter ihr knackte ein Zweig und sie fuhr herum. Auf der anderen Seite des Baches stand Kallik. Sie sah müde und verdreckt aus. Das weiße Fell um ihre Tatzen war schlammverschmiert.
»Kallik!«, rief Lusa. Sie sprang durchs Wasser und schnäuzelte ihre Freundin voller Freude. Kallik drückte blinzelnd ihre Nase in Lusas Fell.
»Wo ist Taqqiq?«, fragte Ujurak.
Lusa hob den Kopf und blickte prüfend über die stille Moorlandschaft, die sie umgab. Kallik war allein.
»Er hat beschlossen, zum Schmelzenden Meer zurückzukehren«, berichtete Kallik mit kläglicher Stimme.
»Ach, Kallik«, sagte Lusa voller Mitgefühl. »Das tut mir leid! Ich weiß, wie sehr du dir gewünscht hast, mit ihm zusammen zu sein.«
»Ich dachte, wenn ich ihn gefunden habe, dann ist alles wieder in Ordnung«, erklärte Kallik traurig. Sie tauchte ihre Tatzen in den Bach, worauf sich das Wasser ringsum eintrübte. »Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich davon halten soll. Ich weiß nur, dass ich ihn vermissen werde.«
Lusa konnte schwerlich so tun, als würde irgendjemand sonst den griesgrämigen Eisbären vermissen, aber wegen Kallik war ihr schwer ums Herz. »Ich freue mich jedenfalls, dass du bei uns geblieben bist«, sagte sie.
»Ich auch«, bestätigte Ujurak.
Jetzt kam auch Toklo herbeigetrottet, ein Eichhörnchen im Maul. Seine dunklen Augen schweiften von Lusa zu Kallik und suchten anschließend die leere Landschaft ringsum ab. Er ließ das Eichhörnchen neben Lusas feuchten Tatzen fallen.
»Schön, dass du wieder da bist«, begrüßte er Kallik. »Ich … das mit deinem Bruder tut mir leid. Ich weiß, ich … ich meine, ich hätte –«
»Es war nicht deine Schuld«, unterbrach ihn Kallik. »Diese Reise war einfach nicht das Richtige für ihn. Er ist bei seinen eigenen Freunden besser aufgehoben.«
Versonnen blickte Lusa auf den warmen, zottigen Braunbärenkörper neben ihr. Falls Toklo sie verließe, so wie Taqqiq, würde es ihr das Herz brechen. Lusa hoffte, dass sie keine weiteren Verluste erleiden würden. Wenn sie die sich unheilvoll abzeichnenden Umrisse des Rauchbergs betrachtete, fühlte sie sich äußerst klein und verletzlich.
»Lasst uns aufbrechen«, beschloss Kallik. »Mir wird es besser gehen, wenn wir wieder unterwegs sind.«
Sie teilten sich das Eichhörnchen und einen kleinen Fisch, den Ujurak gefangen hatte, und machten sich dann gemeinsam auf zum Großen
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