Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)
Fluss mitgerissen, wild um sich schlagend, um nicht unterzugehen. Plötzlich kam sie mit dem Kopf unter das wirbelnde Wasser. Als sie sich zur Oberfläche zurückgekämpft hatte, war ihr jedes Richtungsgefühl abhandengekommen. Sie sah nichts als Wasser.
Einen Augenblick später wurde sie gegen etwas Hartes geschleudert. Benommen stellte sie fest, dass das der riesige Felsblock sein musste, den sie vorher gesehen hatte.
Verbissen kämpfte sie gegen die Strömung an und mühte sich ab, sich vom Felsen loszureißen, doch die entsetzliche Kraft des Flusses hielt sie unerbittlich fest. Sie konnte dem erdrückenden Gewicht des Wassers nicht entkommen. Es brüllte in ihren Ohren und sie spürte mit jeder Sekunde die Kraft aus ihrem Körper weichen.
Ich werde ertrinken!
Da spürte sie starke Krallen in ihrem Pelz. Verschwommen nahm sie Kalliks durchnässte weiße Gestalt neben sich wahr. Die Eisbärin schob sie den Felsen entlang, bis Lusa spürte, dass die Strömung sie wieder erfasste, doch Kallik hielt sie fest, während sie beide flussabwärts gerissen wurden.
»Schwimm!«, keuchte Kallik.
Einen Augenblick war Lusa zu erschöpft. Schwach ruderte sie mit den Beinen und nur Kalliks Klauen hielten sie über Wasser. Die schäumenden Wellen waren überall, klatschten ihnen ins Gesicht und über den Rücken. Lusa war überzeugt, dass sie jeden Moment untergehen und nicht wieder auftauchen würde.
Da entdeckte sie am Ufer einen Baum, dessen Laubwerk vom goldenen Licht der Sonne durchflutet wurde. Plötzlich erfasste Lusa eine tiefe Ruhe, so als legte ihr ein großer Bär sanft seine Tatze auf den Kopf. Irgendwie zwang sie ihre schmerzenden Beine, wieder zu paddeln, und kämpfte sich, das gegenüberliegende Ufer fest im Blick, durch die Strömung.
Du hast gesagt, wir sollen den Fluss überqueren, dachte sie. Also wirst du uns jetzt nicht ertrinken lassen.
Endlich spürte Lusa Steine unter den strampelnden Tatzen und konnte sich hinstellen, während der Fluss ihr um den Körper sprudelte. Kallik gab ihr einen Schubs und steuerte eine Lücke zwischen den Felsbrocken an, in der sie zur Böschung gelangen und emporklettern konnten.
Als sie aus dem Fluss stieg, tat Lusa jeder Knochen einzeln weh. Sie zitterte trotz des strahlenden Sonnenscheins, während sie keuchend das Wasser aus ihren Lungen hustete.
Mit gebeugtem Kopf flüsterte sie: »Danke, danke …«
»Ist schon in Ordnung«, erwiderte Kallik und stupste Lusa freundschaftlich in die Seite. »Du hast es doch gut geschafft.«
»Mein Dank galt den Geistern.« Lusa schleppte sich in den Schutz eines Gebüschs und ließ sich, immer noch nach Luft ringend, zu Boden sinken. »Sie haben uns ja schließlich die Zeichen geschickt, die uns über den Fluss geführt haben. Ich musste darauf vertrauen, dass sie uns den richtigen Weg weisen und nicht irgendwohin führen, wo wir ertrinken.« Sie sah ihre Freundin an, die nur verwirrt nickte. »Aber dir danke ich auch, Kallik. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.«
Kallik legte sich ebenfalls hin und kuschelte sich an Lusa. »Ich bin immer für dich da, meine Freundin«, murmelte sie.
Lusa wusste, dass sie eigentlich aufstehen und ihre Suche nach Ujurak fortsetzen sollten. Doch die Sonne brannte ihr warm auf den Pelz und das Brüllen des Flusses wich einem beruhigenden Murmeln. Da auch Kallik neben ihr einnickte, wehrte sich Lusa nicht länger gegen den Schlaf und sank in die Dunkelheit.
24. Kapitel
Toklo
Toklo erwachte vom Sonnenlicht, das durch die Bäume fiel. Er blinzelte verschlafen, stieß dann einen überraschten Schrei aus und riss die Augen auf. Er sah in Ujuraks Gesicht!
»Du Wolkenhirn«, murmelte er gleich darauf. Es war nicht Ujuraks Schnauze, die er vor sich gehabt hatte, sondern ein Astloch.
So ein Blödsinn!, schimpfte er mit sich selbst, richtete sich auf und schüttelte die Erde aus seinem Pelz. Das sind Hummeln im Hirn, wie Lusa sie immer hat!
Lusa glaubte, dass nach dem Tod eines Bären sein Geist in einen Baum wanderte. Toklo drehte sich der Magen um. Ujurak ist nicht tot, sagte er sich. Das Flachgesicht macht ihn gesund.
Er schob den Gedanken beiseite und kratzte sich den Pelz an der rauen Borke des Baums. Die Wunden des Kampfes vom Vortag schmerzten noch immer. Die Muskeln taten ihm weh und sein Magen knurrte vor Hunger.
Vorsichtig nahm er Witterung auf. Keine Spur von einem anderen Bären. Gut! Dem habe ich eine Lektion erteilt, die er nicht vergessen wird!
Bei dem Gedanken fühlte sich
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