Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)
die Wolken und ließ einen dünnen Lichtstrahl durch. Der Wind trug den Geruch weiterer Kaninchen mit sich. Lusa schnüffelte hungrig, bekam aber außer den Löchern im sandigen Abhang, an denen sie vorbeikamen, nichts zu sehen. Wie alle anderen Beutetiere hatten sich die Kaninchen in ihren warmen Bau zurückgezogen.
»Ich wünschte, wir wären auf dem Eis«, murmelte Kallik, den Blick auf den Horizont gerichtet, wo hinter einem zackigen Felskamm das Meer verborgen war. »Dort könnte ich besser jagen als an Land.«
Lusa blieb stehen und starrte die Kaninchenlöcher an. »Dann zeig es mir«, sagte sie.
»Was denn?« Kallik sah sie verwirrt an.
»Stell dir mal vor, diese Kaninchenhöhlen wären Robbenlöcher«, erklärte Lusa und deutete mit der Schnauze auf den Abhang. »Zeig mir, was du tun würdest.«
»Na gut.« Kallik klang aufgeregt. Sie hatte bestimmt nicht damit gerechnet, ihre Jagdkünste eines Tages an Land auszuprobieren.
Kallik suchte sich ein Kaninchenloch aus, das ein Stück von den anderen entfernt war, und sagte dann: »Das ist ein Eisloch, okay? Wir kriechen nah heran, kauern uns daneben und warten. Wir müssen sehr leise sein und dürfen uns nicht bewegen, damit die Robbe – äh, das Kaninchen – nicht merkt, dass wir da sind.«
»Gut, dann mal los«, flüsterte Lusa.
Sie folgte Kallik, die zu dem Bau kroch und sich flach danebenlegte, die Schnauze am Boden. Lusa konnte kaum glauben, dass sich ein Bär, der so groß war wie Kallik, so geräuschlos bewegen konnte. Sie bemühte sich, es ihrer Freundin gleichzutun, und ließ sich auf der anderen Seite des Loches nieder.
»Das ist lustig!«, rief sie und rutschte ein bisschen hin und her, um es sich gemütlich zu machen. »Fast wie die Spiele mit Yogi im Bärengehege!«
»Schsch!«, zischte Kallik.
Lusa verhielt sich still und legte dann ebenfalls den Kopf ab. Bald hatte sie das Gefühl, dass die Minuten in Zeitlupe vergingen. Nie hätte ich gedacht, dass das so lange dauern könnte. Kaum zu glauben, dass Kallik so geduldig ist!
Sie hatte das Gefühl, dass ein Käfer ihr durch den Pelz krabbelte, doch als sie die Tatze hob, um sich zu kratzen, warf ihr Kallik einen warnenden Blick zu, der sie erstarren ließ. Der Wind fegte ihr kalt durch den Pelz, und ein Grashalm kitzelte ihr in der Nase, sodass sie fast geniest hätte. Am liebsten hätte sie aufgegeben, doch sie wagte nicht, das Kallik vorzuschlagen, da sich ihre Freundin völlig auf das Loch konzentrierte.
Plötzlich war aus dem Inneren des Baus ein leises Scharren zu hören. Dann streckte tatsächlich ein Kaninchen vorsichtig den Kopf aus dem Loch. Lusa hatte so lange gewartet, dass sie ganz vergessen hatte, was sie eigentlich wollte.
Während sie das Kaninchen noch anstarrte, schoss Kallik vor. Mit ihrer großen weißen Tatze schlug sie ihm aufs Genick und zog es dann aus dem Loch heraus.
»Das war klasse!«, rief Lusa und sprang auf. »So ein toller Fang!«
»Es war deine Idee«, erwiderte Kallik bescheiden, klang allerdings zufrieden.
Das Kaninchen im Maul trottete sie den Abhang entlang bis sie zu einer flachen, engen Höhle kamen, die den beiden Bärinnen Schutz bot. Hier verzehrten sie ihre Beute. Lusa lief das Wasser im Maul zusammen, als ihr der warme, leckere Duft des Kaninchens in die Nase stieg. Sie zwang sich, ihren Anteil nicht auf einmal hinunterzuschlingen. Sie wusste ja, dass sie womöglich lange nichts mehr bekommen würde.
»Toklo wäre beeindruckt«, sagte sie zwischen zwei Bissen. »Ich wünschte, wir könnten ihm unsere neue Jagdmethode zeigen.«
»Ich auch«, erwiderte Kallik traurig.
»Aber wir können Ujurak davon erzählen«, erklärte Lusa voller Zuversicht. »Bald sind wir bei ihm.«
26. Kapitel
Toklo
Mitten in der Nacht wurde Toklo vom Regen geweckt. Im Wald war es dunkel, Wolken bedeckten den Himmel und vom Mond oder von den Sternen drang kein Licht durch die Zweige.
Zunächst fielen nur ein paar Tropfen, doch mit der Zeit wurde der Regen stärker und der Wind fegte in Toklos unfertige Höhle. Er drückte sich gegen den Boden, doch sein Rücken lag frei und die Zweige des Baums boten nur wenig Schutz. Das Wasser begann seinen Pelz zu durchweichen, und ein paar Rinnsale ergossen sich in seine Höhle, bis er in einer Pfütze lag.
Das ist kein guter Platz, dachte er verärgert. Morgen werde ich mir etwas Neues suchen müssen.
Sobald am nächsten Tag das Dämmerlicht in den Wald fiel, verließ Toklo seinen Unterschlupf, den er mit so viel Mühe
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