Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)
gegraben hatte. Der Regen prasselte immer heftiger herab. Toklos Pelz war völlig durchnässt und zog ihn mit seinem Gewicht nach unten. Bei jedem Schritt blieben ihm Matschklumpen an den Sohlen kleben, die ihm das Laufen schwer machten. Seine Tatzen fanden auf dem glitschigen Untergrund kaum Halt und immer wieder rutschte er aus. Er suchte nach einem Unterschlupf, konnte aber nur schlecht sehen, weil ihm die Regentropfen ins Gesicht klatschten.
»Was bin ich nur für ein Hamsterhirn, bei so einem Wetter unterwegs zu sein«, grummelte er und schüttelte den Kopf, um das Regenwasser aus den Augen zu bekommen. »Ich müsste trocken in meiner Höhle liegen wie jeder vernünftige Bär.«
Doch er war zu durchnässt und zu müde, um eine neue Höhle zu graben. Außerdem hatte er ein anderes, dringlicheres Bedürfnis. Er wusste nicht mehr, wann er seine letzte anständige Mahlzeit gehabt hatte, und der Hunger stach ihn wie mit spitzen Klauen.
Solange es so schüttet, werde ich nie etwas fangen, dachte er verzweifelt. Die Beutetiere verstecken sich in ihren Löchern und der Regen schwemmt ihren Geruch weg. Er schnupperte, wie um sich zu beweisen, dass er recht hatte. Und tatsächlich witterte er nichts als Wasser und den starken Geruch verrottenden Laubs.
Toklo folgte einem Abhang, an dem die Bäume zum Kamm hin immer dünner wurden. Da der Wald unter ihm dichter aussah, vermutete er, dass er dort eher einen Unterschlupf finden konnte. Doch als er sich talwärts richtete, trat er eine Schlammlawine los. Er hatte den losen Untergrund wegen des starken Regens nicht bemerkt. Der Schlamm zog ihm die Tatzen unter dem Bauch weg, und er kullerte den Abhang hinunter, mit den Klauen verzweifelt nach Halt suchend. Hilflos knallte er hart gegen einen Baumstamm.
Benommen und erschöpft verharrte Toklo einen Augenblick, während ihm der Regen weiter über das Fell strömte. Am liebsten wäre er einfach liegen geblieben, doch er wusste, dass das ein großer Fehler wäre. Falls noch mehr Schlamm den Berg herunterkam, konnte er darunter begraben werden. Seine Muskeln kreischten, als er sich auf die Tatzen hievte und stöhnend in den Schutz der Bäume stolperte.
Das dichtere Laubwerk über ihm hielt einen Teil des Regens ab, doch der Boden unter seinen Tatzen war auch hier völlig durchweicht. Noch immer witterte er keine Beute.
Als er schließlich einen riesigen alten Baum mit einem Loch im Stamm entdeckte, zwang er sich, dorthin zu gehen.
Ein Unterschlupf! Er ist vielleicht nicht groß genug für eine Höhle, aber er wird reichen, bis der Regen vorüber ist.
Doch ehe er den hohlen Baum erreicht hatte, hörte Toklo hinter sich ein wütendes Brüllen. Etwas Schweres stieß mit ihm zusammen und warf ihn von den Tatzen. Einen Augenblick blieb Toklo mit dem Gesicht in der dicken Laubschicht liegen, dann drehte er sich um und spuckte die verrotteten Blätter aus. Ein riesenhafter Grizzly stand über ihm.
»Wa…«, keuchte er benommen.
»Das ist mein Revier!«, knurrte der Grizzly. Er fletschte die Zähne und setzte Toklo eine Tatze auf die Schulter, sodass er sich nicht mehr rühren konnte. »Kein anderer Bär hat hier etwas zu suchen.«
»Es tut mir leid, ich wollte nicht …« begann Toklo. Da versetzte ihm der Bär einen harten Schlag auf den Kopf.
Mit allerletzter Kraft stieß Toklo ihn zur Seite und rappelte sich auf. Da traf ihn ein weiterer Hieb auf den Rücken. In Toklos Kopf drehte sich alles. Als er sich wehren wollte, fehlte ihm vor lauter Benommenheit jegliche Kraft.
»Hau ab, aber sofort!«, knurrte der Grizzly wütend und stieß Toklo den Abhang hinunter.
Toklo hatte Mühe, auf dem matschigen Untergrund Halt zu finden. Halb rennend, halb rutschend floh er durch den Wald davon. Als er sich noch einmal umblickte, sah er, wie der große Grizzly auf den Hinterbeinen dastand und ihm hinterherstarrte. Sein wütendes Brüllen hallte durch den Wald. Toklo konnte es noch hören, als der Bär schon außer Sichtweite war.
Er verlangsamte sein Tempo erst, als er vermutete, dass er das Revier des Grizzlys verlassen hatte. Japsend blieb er stehen und sah sich um. Da er weit und breit keine Stämme mit Kratzspuren fand, wurde er ein bisschen ruhiger.
Als Toklo in die Luft schnupperte, nahm er den Geruch eines Schwarzpfades wahr. Er hörte das Brüllen eines Feuerbiestes und sah flüchtig etwas durch die Bäume glitzern. Vorsichtig trottete er weiter und bahnte sich einen Weg durch Farne und Dornbüsche, bis er zu dem
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