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Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition)

Titel: Seele zum Anbeißen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Zimmermann
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ich, um mich umzuschauen. In der Altstadt hat sich einiges verändert, viele der Patrizier- und Fachwerkhäuser sind aufwändig (und vermutlich teuer) renoviert worden. Eines sticht mir besonders ins Auge, es wirkt im Ensemble der Prachtbauten drumherum eher klein, scheint aber besonders liebevoll restauriert worden zu sein. Im Obergeschoss ist eines der Fenster geöffnet, und ich sehe, wie eine Frau die prachtvollen Geranien in den Blumenkästen gießt. Einen Moment lang blende ich das Stimmengewirr um mich herum aus und fühle mich wie in einem Bild von Spitzweg. Wunderschön, denke ich, schade, dass Rudolf nicht dabei ist. Und weil ich hoffe, auf der polierten Messingtafel an der Hauswand mehr über dieses wunderschöne Haus zu erfahren, trete ich einen Schritt näher. Was sich aber als sehr ungünstig herausstellt. Denn was ich dort lese, raubt mir auch schon wieder meine Seelenruhe!
    Kopflos renne ich los, drängle mich durch eine Gruppe japanischer Touristen, die ausgiebig alles um sich herum fotografieren, remple eine Frau mit zwei Einkaufstaschen an, entschuldige mich nicht mal. Kurzum, ich bin völlig daneben, als ich ins
Chez Maurice
stürme und dabei auch noch die schwarze Stelltafel (
Gepflegter Mittagstisch!
) am Eingang umreiße. Ich habe nur einen einzigen Gedanken: Wie schaffe ich es, Rudolf so schnell wie möglich aus diesem – zugegeben äußerst geschmackvollen – Lokal zu zerren? Womöglich handelt es sich tatsächlich um einen exquisiten Fresstempel, wie ich vorhin behauptet habe, und dann wird es schwer, sehr, sehr schwer werden, Rudolf von hier loszueisen. Wenn es denn nicht schon zu spät ist.
    Aber ich scheine Glück zu haben, zumindest im Moment noch. Rudolf entdecke ich an einem Zweiertisch ganz hinten, er winkt mir mit der Speisekarte zu, grinst sehr entspannt (der Rotwein scheint bereits zu wirken). Ansonsten ist das Lokal spärlich besetzt; wird entsprechend teuer hier sein. An der Bar hängen ein paar Männer ab, die verdächtig nach Medienschaffenden aussehen (zumindest kenne ich diese Typen aus Berlin), dann ist da noch ein älteres Ehepaar, in tiefsinniges Schweigen versunken, ansonsten gepflegte Klaviermusik im Hintergrund.
    Von Uli Gott sei Dank keine Spur – jedenfalls bis jetzt noch nicht!
    Aber das kann sich natürlich jede Sekunde ändern. Dessen bin ich mir absolut sicher, seitdem ich vorhin das Türschild
Architektur und Design Uli Röckler
gesehen habe. Und wenn man dann noch weiß, dass Uli bereits mit achtzehn eine Tendenz zum frankophilen Feinschmecker hatte, ist ja wohl alles klar.
    »Wie siehst du denn aus?«
    Ich ignoriere diese überaus herzliche Begrüßung, und in einem Akt von Multitasking trinke ich in einem Zug den Rotwein aus, winke den Kellner herbei und flüstere meinem Herzallerliebsten zu: »Ganz schnell raus hier.« Dabei schiebe ich dem Kellner einen Zehner zu, murmle: »Stimmt so« (blutenden Herzens, denn allzu viel Trinkgeld ist jetzt wirklich nicht angebracht), und mache Rudolf Zeichen, dass er ein bisschen Tempo zulegt.
    »Gnädige Frau! Das macht zwölf fünfzig bei dem Herrn.«
    Ich schaffe es, ruhig zu bleiben, auch dann noch, als die Tür aufgeht und ich Männerstimmen höre. Mit unbewegter Miene zähle ich genau zwei Euro fünfzig ab.
    Erst als wir draußen sind, gesteht Rudolf mir, er habe befürchtet, ich würde dem Kellner an die Gurgel springen.
    »Nicht die Bohne«, behaupte ich und zerre Rudolf in Richtung Frauentor. Bloß schnell weg von hier, am besten gleich zu Renate und Wolfgang, Leberkäs hin oder her.
    Rudolf ist stehengeblieben, mustert mich. »Erklärst du mir bitte, was gerade los war? Endlich finde ich einmal einen absolut exzellenten Château Redoux, mit einem Abgang, ich sage dir … Dann stürmst du herein und … Doreen, irgendwas stimmt hier nicht.«
    »Du sagst es. Es ist nämlich so …« Leider herrscht bei mir im Kopf inzwischen gähnende Leere, was sich sehr ungut auf mein Denkvermögen auswirkt. Siedend heiß fällt mir auch noch ein, dass ich nicht mehr weiß, wo ich die Parkhauskarte hingesteckt habe, aber vermutlich ist das jetzt eher ein sekundäres Problem. Viel wichtiger ist, Rudolf endlich zu erklären, warum …
    Er packt mich aufgeregt am Arm. »Schau mal dort! Das gibt’s doch nicht. Da sind ja jede Menge freier Parkplätze.«
    Ein Umzugswagen hat ausgeparkt und macht vier Menschen glücklich: drei wartende Autofahrer – und vor allem mich. Denn nun ist der Blick frei auf ein lindgrünes Plakat mit der

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