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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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vertrauen und mich feiern würden. Ich frage mich, ob sie damit Recht hatte. Ich kann jetzt auf jeden Fall eine gewisse Distanziertheit an Doc wahrnehmen, aber vielleicht hat das mit Jared und dem Messer zu tun und gar nichts mit mir. Oder vielleicht hat es alles mit mir zu tun. Vielleicht werden mich Wandas Freunde nicht besonders mögen. Als die Besten hier habe ich sie bezeichnet. Wird irgendjemand von ihnen mir verzeihen, dass ich ihren Platz eingenommen habe? Den Körper gestohlen habe, den sie als ihren betrachten?
    Jamie, zum Beispiel? Ich glaube schon. Er liebt mich. Das weiß ich. Aber wie wird er sich fühlen, wenn er Wanda in einem kleinen Metallbehälter sieht? Wird er froh sein mich wiederzuhaben, wenn ich doch - für ihn - eigentlich nie ganz weg war?
    Wir brauchen einen Körper. Jamie wird zufrieden sein, wenn Wanda selbst ihm sagt, dass alles in Ordnung ist.
    Aber Ian.
    An Ian will ich gar nicht denken. Er liebt mich nicht so wie Jamie. Ich glaube, Ian mag mich noch nicht mal. Er hasst mich vielleicht sogar. Oder das wird er zumindest, wenn er aufwacht und sie nicht mehr da ist.
    Ich habe Wanda versprochen zu versuchen, mich um Ian zu kümmern, aber tief in mir drin habe ich das Gefühl, dass er das nicht zulassen wird. Wie kann ich mich überzeugend bei ihm ent schuldigen, solange ich mich in diesem Körper befinde und Wanda in einer Dose steckt?
    Wir brauchen bald einen Körper.
    Es gibt noch einen Grund, warum ich nicht an Ian denken will. Ich erinnere mich daran, wie ich ihn geküsst habe, wahrscheinlich ist das erst ein paar Minuten her, und ich erinnere mich, dass es sich richtig angefühlt hat. Ein Teil von mir vermisst ihn bereits. Ein Teil von mir wünscht sich, er wäre hier.
    Ich schaudere in Jareds Armen und er drückt mich fester.
    »Es wird alles gut«, verspricht Jared.
    Ich glaube ihm. Ich atme den Geruch seiner Haut ein und weiß, ich bin da, wo ich sein möchte.
    Jetzt bin ich zu erschöpft, um an Ian zu denken. Ich bin zu müde, um etwas anderes zu tun, als meinen Kopf an Jareds Arm zu lehnen und mich von ihm umarmen zu lassen.
    Das hier wird verwirrend werden.
    Kyles kräftige Stimme, die sogar dann zu laut ist, wenn er versucht zu flüstern, reißt mich aus dem Schlaf. Ich liege. Ich fühle mich desorientiert wie beim ersten Mal, als ich aufgewacht bin. Wie lange habe ich jetzt geschlafen?
    »Sieh mich an, Jodi. Bitte, Süße. Du musst die Augen aufschlagen. Tu es für mich, Jodi. Bitte. Bitte. Drück mir die Hand. Irgendetwas.«
    Im selben Moment, als ich zuckend die Augen öffne, versagt Kyle die Stimme. Die Luftschächte sind immer noch mit Planen abgedeckt, weshalb die Sonne nicht zu hell strahlt. Es ist Morgen, aber das Licht ist gelb, nicht orange. Die Dämmerung ist längst vorbei.
    Wahrscheinlich ist es kein Wunder, dass ich so lange geschlafen habe; Wanda war in diesem Körper tagelang wach. Er war völlig ausgelaugt. Aber es ist ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um aus zuschlafen.
    Ob Ian schon auf ist? Sucht er nach mir?
    Nicht nach mir. Nach Wanda.
    Ich setze mich zu schnell auf und mein Kopf dreht sich, während ich mich in der Höhle nach Wanda umsehe. Ich erblicke den Tiefkühlbehälter auf dem Feldbett neben mir.
    »Alles in Ordnung«, murmelt Jared besänftigend - mit der Art Stimme, die man Kranken und Rindern gegenüber verwendet. »Sie ist hier. Sie geht nirgendwohin.«
    Jared lehnt an dem Feldbett auf meiner anderen Seite. Er lächelt, in seinen Augenwinkeln bilden sich kleine Lachfältchen. Da ist immer noch ein Rest Vorsicht in seinem Blick. Er ist sich nicht sicher, ob er mich noch so gut kennt wie früher. Er ist sich nicht sicher, wie sehr Wanda mich verändert hat.
    Auf seinem rechten Wangenknochen hat sich ein lilafarbener Bluterguss gebildet.
    Ich räuspere mich, um den Schlaf aus meiner Stimme zu vertreiben, und krächze: »Entschuldigung. Und danke. Noch mal.«
    »Ich liebe dich«, antwortet er. So, wie er die Worte ausspricht, klingen sie nicht nur wie eine Beteuerung. Sondern beinahe wie eine Herausforderung.
    »Ich liebe dich auch«, sage ich. Dann verdrehe ich die Augen. »Natürlich.«
    Er grinst. Mehr ist nicht nötig. Er zieht mich vom Feldbett an seine Brust.
    Ich umarme ihn auch, aber es fühlt sich an wie Betrug. Ich kann noch nichts genießen. Es gibt zu viel, was ich vor mir hergeschoben habe, während ich schlief. Es schwebt über mir wie eine Gefängnisstrafe. Etwas, das ich hinter mich bringen muss, bevor irgendetwas anderes

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