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Seelen

Titel: Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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durchzuckt wurde.
    Wenn ich schon den Schmerz dieses einen unvermittelten Schlags kaum ertragen konnte, wie konnte ich da hoffen, einen intensiven, kalkulierten Folterangriff auszuhalten?
    Neben mir war das Scharren von Füßen zu hören; meine Augen wandten sich instinktiv der Bedrohung zu und ich sah Onkel Jeb über mir stehen. Er hatte eine Hand halb nach mir ausgestreckt, aber er zögerte und sah weg. Ich hob meinen Kopf einen Fingerbreit, wobei ich erneut ein Stöhnen unterdrückte, um zu sehen, was er sah.
    Jared kam auf uns zu und sein Gesicht sah genauso aus wie das der Barbaren in der Wüste - nur dass es in seiner Wut eher schön als bedrohlich war. Mein Herz machte einen Satz und klopfte dann unregelmäßig weiter, und ich hätte mich am liebsten selbst ausgelacht. Spielte es eine Rolle, dass er schön war und dass ich ihn liebte, wenn er mich doch töten würde?
    Ich sah die Mordlust in seiner Miene und versuchte zu hoffen, dass er seine Wut nicht würde zügeln können, aber ich verspürte immer noch keinen echten Wunsch zu sterben.
    Jeb und Jared fixierten sich eine Weile lang gegenseitig. Jareds Kiefer spannten und entspannten sich, Jebs Gesicht blieb dagegen ruhig. Als Jared plötzlich ein wütendes Schnauben ausstieß und einen Schritt zurücktrat, war die lautlose Konfrontation beendet.
    Jeb fasste meine Hand und legte mir seinen anderen Arm auf den Rücken, um mir aufzuhelfen. Mein Kopf schwirrte und schmerzte; mein Magen krampfte sich zusammen. Wenn er nicht bereits seit Tagen leer gewesen wäre, hätte ich mich wahrscheinlich übergeben. Es kam mir so vor, als würden meine Füße den Boden gar nicht berühren. Ich schwankte und kippte nach vorn. Jeb fing mich auf und hielt mich dann am Ellbogen fest, damit ich stehen blieb.
    Jared beobachtete uns mit gefletschten Zähnen. In einer vollkommen idiotischen Anwandlung drängte Melanie erneut zu ihm hin. Aber ich hatte den Schock überwunden, ihn hier zu finden, und war nicht so unzurechnungsfähig wie sie. Sie würde nicht wieder die Kontrolle übernehmen. Ich sperrte sie in meinem Kopf hinter so viele Gitterstäbe wie nur irgend möglich.
    Sei einfach still. Merkst du nicht, wie sehr er mich verabscheut? Egal, was du sagst, es wird alles nur noch schlimmer machen. Wir sind so gut wie tot.
    Aber Jared lebt, Jared ist hier, gurrte sie.
    Mit der Stille in der Höhle war es vorbei; überall wurde plötzlich geflüstert, als hätte ich irgendein Stichwort verpasst. Ich konnte jedoch keine Wörter in den Zischlauten ausmachen.
    Meine Augen suchten die Menschenmenge ab - es waren alles Erwachsene, keine kleinere, jüngere Person war zu sehen. Diese Abwesenheit tat mir im Herzen weh und Melanie versuchte mit aller Kraft, die eine Frage laut auszusprechen. Ich brachte sie entschlossen zum Schweigen. Es gab hier nichts zu sehen, nichts außer Wut und Hass auf fremden Gesichtern oder Wut und Hass auf Jareds Gesicht.
    Bis noch ein Mann sich einen Weg durch das flüsternde Gewühl bahnte. Er war groß und schlank, seine Knochen traten deutlicher unter seiner Haut hervor als bei den meisten anderen. Sein Haar war ausgeblichen, entweder hellbraun oder von einem dunklen, undefinierbaren Blond. Wie sein weiches Haar und sein langer Körper waren auch seine Züge sanft und zart, nicht im Geringsten brutal. Sein Gesicht war nicht wütend, weshalb es meinen Blick sofort auf sich zog.
    Die anderen machten dem zurückhaltenden Mann bereitwillig Platz, als genieße er einen gewissen Status unter ihnen. Nur Jared ging ihm nicht aus dem Weg. Er blieb, wo er war, und starrte mich weiter an. Der große Mann ging um ihn herum, ohne dem Hindernis auf seinem Weg mehr Beachtung zu schenken als einem Steinhaufen.
    »Also dann«, sagte er in ungewöhnlich herzlichem Ton, als er Jared umkreist hatte und vor mir stehen blieb. »Hier bin ich. Was gibt’s?«
    Es war Tante Maggie, die plötzlich neben ihm auftauchte und ihm antwortete.
    »Jeb hat das da in der Wüste gefunden. Das war mal unsere Nichte Melanie. Es scheint den Angaben gefolgt zu sein, die er ihr gegeben hatte.« Sie warf Jeb einen bösen Blick zu.
    »Mmhm«, murmelte der große, knochige Mann, während seine Augen mich neugierig musterten. Sein Blick war seltsam. Er sah aus, als gefiele ihm, was er sah. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum.
    Meine Augen wanderten von seinem Gesicht zu einer anderen Frau - einer viel jüngeren Frau, die ihre Hand auf seinen Arm gelegt hatte. Meine Aufmerksamkeit wurde komplett von

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