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Seelenband

Seelenband

Titel: Seelenband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Zeißler
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gewöhnliches mobiles Wiedergabegerät, aber sie hatten bestimmt einen Alarm eingebaut, der losging und seine Verfolger herholte, sobald er den Würfel berührte.
John holte seinen Scanner hervor und untersuchte den Würfel. Es schien alles in Ordnung zu sein, dennoch zögerte er, sich ihm zu nähern, da er kein Risiko eingehen wollte. Alle seine Instinkte drängten ihn, einfach wegzulaufen, aus der Wohnung zu verschwinden und nie mehr zurück zu kommen. Doch er unterdrückte diesen Impuls, sie hatten ihn schon einmal gefunden und wenn er auch nur den Hauch einer Chance haben wollte, musste er wissen, mit wem er es zu tun hatte. Er kam bis auf Armlänge heran und hockte sich vor der Fensterbank hin, sodass er auf Augenhöhe mit dem Würfel war.
Ein erstickter Schrei entwich seiner Kehle, als er das Holobild von Inara sah, das aus dem Inneren des Würfels die Arme flehend nach ihm ausstreckte.
In diesem Augenblick hätte John alles dafür gegeben, sie noch einmal zu sehen, noch einmal ihre liebliche, so unendlich vertraute Stimme zu hören. Tränen rannen über seine blassen Wangen, als er wie in Trance seine Hand nach dem Würfel ausstreckte. Seine Brust schnürte sich zusammen, sodass er vor Schmerz und Sehnsucht kaum noch atmen konnte. Er war machtlos, ausgeliefert. Es gab nichts, was ihn von seiner Seelengefährtin fernhalten konnte. Er musste sie sehen, sie berühren und er würde alles, was er je gehabt hatte und je haben würde, hergeben, um noch einmal ihre Stimme zu hören, wie sie ihm ihre Liebe versicherte. Seine Seele flog ihr entgegen, er tastete sich an ihrem Seelenband entlang, an dessen Ende Inara endlich auf ihn wartete. Weiter und immer weiter ...
... bis plötzlich Valeries glückliches Lachen seine Seele erfüllte.
John riss erschrocken die Augen auf, als würde er aus einem Alptraum erwachen. Er blickte auf seine Hand, die nur wenige Millimeter über dem Würfel schwebte, und zog sie ruckartig zurück. Doch schon im nächsten Augenblick, als seine Augen wieder auf Inaras flehende Gestalt fielen, spürte er das überwältigende Verlangen in sich aufsteigen, den Würfel zu berühren. Es war eine Falle. Er wusste, dass es eine Falle war. Und doch war es eine verlockende Falle, eine, der er nicht widerstehen konnte.
John drückte die Augen fest zusammen und dachte an Valerie. Das half ein wenig und er stolperte hastig ein paar Schritte zurück. Er fiel zu Boden, rappelte sich wieder auf und lief, ohne zurückzublicken und ohne noch einmal innezuhalten, aus der Wohnung.
Er kam erst wieder zum Stehen, als er Valerie, die ihm die Tür zu ihrer Wohnung geöffnet hatte, stürmisch umarmte, sie ganz fest an sich drückte und den Duft ihrer Haare in vollen Zügen einsog. "Halt mich fest, lass mich bloß nicht los!" flüsterte er fieberhaft, während ein unkontrollierbares Zittern seinen gesamten Körper erfasste.
"Was ist los, bist du krank?" fragte Valerie erschrocken und machte den Versuch, sich ein wenig von ihm zu lösen, um ihn besser ansehen zu können.
Mit einem verzweifelten Stöhnen drückte John sie noch fester an sich.
"Ich krieg kaum noch Luft", beschwerte sie sich besorgt. "Was ist denn los?"
"Ich brauche dich. Ich brauche dich so sehr", stieß er gepresst hervor. Er spürte genau, dass er zurückgehen würde, wenn sie ihn losließ. Ebenso wie er gewusst hatte, dass er vorhin nicht hatte stehen bleiben dürfen. "Bitte, Valerie", flehte er und sie gehorchte. Sie streichelte sanft seinen Kopf, seinen Rücken, seine Schultern, während sie ihn festhielt und beruhigende Worte in sein Ohr flüsterte.
Nach und nach ließ das Zittern in seinem Körper nach und er löste sich widerstrebend aus Valeries Umarmung.
"Geht's wieder?" fragte sie mitfühlend.
Er nickte und nahm ihre Hand. Er traute sich nicht, ganz auf körperlichen Kontakt zu ihr zu verzichten.
Es war die perfekte Falle gewesen, dachte er, während er Valerie ins Wohnzimmer und auf die kleine Couch zog. Obwohl er nun Valerie in seinem Leben hatte, war er nur knapp, zu knapp davongekommen. Ohne sie hätte er nicht den Hauch einer Chance gehabt.
Kein Wunder, dass sie nicht in der Wohnung auf ihn gewartet hatten. Wozu auch? Wenn schon ein Bild von Inara ausreichte, um seinen Verstand, seinen Überlebensinstinkt auszuschalten. Sie brauchten gar keine Waffen, keine Gewalt. Sie hatten die Biologie auf ihrer Seite. Er hätte keine Wahl gehabt und keine Chance, wenn Valerie nicht gewesen wäre.
"Du hast mir heute das Leben gerettet", sagte er

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