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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Mickholz
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erinnere mich. Kommen Sie rein!« Eigentlich war er im Geiste immer noch mit diesem zappeligen Bruder Severin und dessen rätselhafter Warnung beschäftigt. Der Tag fing ja gut an! Das Frühstück stand noch auf dem Tisch und die Leute hatten nichts Besseres zu tun, als sich schon zu dieser frühen Stunde die Klinke in die Hand zu geben. Wo soll das hier wieder enden?
    Der stämmige, unrasierte Mann – er war so um die Fünfzig – mit einem dampfenden Zigarrenstummel in seinem Mundwinkel, sah ihn erwartungsvoll an. Sein rotes, großkariertes Hemdhatte er wegen der Hitze bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, so daß seine wilde Körperbehaarung ungeniert aus dem entstandenen Spalt quellen konnte.
    »Aha!« Er machte eine Kopfbewegung zum Blumenbeet hinüber. »Wie ich sehe, haben Sie unseren Bruder Hasenfuß schon kennengelernt«, grinste er, ohne diesen angekauten Tabakstummel aus seinem Mund zu nehmen. »Ich gebe Ihnen den guten Rat: Schließen Sie Ihr Gartentor, wenn der morgens mit seinen Viechern hier vorbeikommt, sonst ...« Der Stummel begann zu glühen und produzierte einige unregelmäßige Qualmwolken. »Aber früher oder später hat es hier im Dorf noch jeder begriffen: wem etwas an seinem Gemüse oder seinen Blumen liegt ...«, fügte er sichtlich amüsiert hinzu, während er ungeniert seine gelben Zähne präsentierte, die den Zigarrenklumpen fest eingezwängt hielten.
    Bäh! Ein widerlicher Anblick! » Sie sprechen wohl von Bruder Severin, oder?«
    »Ja, ja, Bruder ... Terpentin, oder so. Es war irgendwas Ausländisches. Er war ein alter Bekannter unseres toten Pfarrers. Aber passen Sie auf«, raunte er, als er unvermittelt an Pierre herantrat und dabei seinen üblen Atem verbreitete, »dieser Bruder ... Terpentin hat sie nicht alle!« Er hustete zweimal fürchterlich, nickte wichtig und kniff ein Auge zu.
    Da mit diesem Menschen anscheinend kein ernstes Wort zu reden war, machte Pierre einen Schritt zur Seite, als sich dieser ungehobelte Olivier schon an der schweren Eingangstür zu schaffen machte. »Der Verrückte wohnt allein, in einer Hütte unten am Berg mit diesen Viechern.« Er kramte unter wildem Husten einen großen Hobel aus seinem Holzkasten. »Niemand weiß, wovon der eigentlich lebt. Mit seinen blöden Ziegen kann der ja nicht viel machen, vielleicht Käse oder so.« Im großen Bogen spukte er hemmungslos eine bräunliche, unappetitliche Brühe in das Beet neben dem Eingang und steckte den pappigen Zigarrenstummel wieder an seine Stelle. »Jedenfalls hat der immer mit unserem Abbé zusammengesteckt, bis der eben dann ... plötzlich ... na, Sie wissen schon ...«
    »Eigentlich sieht Bruder S e v e r i n«, Pierre sprach den Namen besonders langsam und deutlich, »gar nicht wie ein typischer Einsiedler aus.«
    Ohne es zu wollen, hatte er diesen groben Klotz aus dem Takt gebracht. Dieser hielt einen Augenblick inne und setzte den Hobel von der Tür ab. »Also wenn Sie mich so fragen ...«, nachdenklich schob sich Olivier seinen alten, speckigen Hut in den Nacken, so daß seine sonnenverbrannte Stirn zum Vorschein kam, »... ich habe keine Ahnung, woher dieser Hasenfuß ...«, er spürte Pierres strengen Blick auf sich ruhen, »ich meine natürlich, woher dieser Bruder ... Serpentin plötzlich gekommen ist.«
    Pierre schloß für einen Moment genervt die Augen und tat so, als hätte er den falschen Namen nicht gehört. Wenigstens hatte dieser fürchterliche Mensch vor ihm, als Pfarrer, noch halbwegs Respekt.
    »Als ich damals den Kasten mit den Goldstücken in der Kirche gefunden habe, da hing er schon mit dem alten Abbé zusammen.«
    Eigentlich hatte Pierre diesen Handwerker, der wie eine Dampflok aussah, und der sich auch so benahm, mit seinem Gehuste und Gepruste schon einige Schritte hinter sich gelassen, als es ihm auf einmal wieder einfiel. Natürlich! Claude Olivier! Er war damals bei der Renovierung der Kirche dabei. Marie hatte ihm gegenüber doch diesen Namen erwähnt. Es ging doch um den Kasten zwischen den Skeletten unter dem Kirchenfußboden ...
    Mit einem kräftigen Hin und Her des Hobels rückte Olivier der Tür zu Leibe und hatte dabei schon ein ansehnliches Häufchen von Holzspänen produziert, und Pierre hoffte, daß der schwitzende Kerl wußte, was er tat.
    »Sie waren doch damals bei der Renovierung der Kirche dabei, nicht?«
    Olivier lag vor ihm auf den Knien und fummelte unwirsch an seinem Hobel herum. Erst nachdem er sein permanentes Fluchen über dieses verdammte, harte Holz

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