Seelenbrand (German Edition)
Anwesenheit erforderte – war ja wohl vorbei.
»Meine Damen«, er machte eine formvollendete Verbeugung in Richtung Drachenkomitee, »ich hoffe, ich sehe Sie am nächsten Sonntag in der Kirche!«
Die Damen taten zwar ein wenig überrascht und sahen sich unschlüssig an, aber wie ein eindeutiges Nein sah das nicht aus.
»Vielleicht auch noch jemanden von Ihnen!« Er wandte sich an die übrigen Gäste, die sich eifrig von dem Likör eingossen.
»Ich begleite Sie zur Tür, Abbé du Lac.« Marie erhob sich ebenfalls, und sie verließen, ohne die Aufmerksamkeit der Kaffeerunde weiter auf sich zu lenken, den Raum.
»Was war denn das für eine Geschichte mit dem Sommerfest?« Er mußte einfach wissen, worüber alle so herzlich gelacht hatten.
»Och, nichts Besonderes!« versuchte sie abzulenken.
»Sie verheimlichen mir doch etwas! Da! Sie werden schon wieder rot!«
Marie sah in den Spiegel, der neben der Garderobe im Flur hing. Und wie rot sie war. »Also gut, also gut!« sagte sie gereizt. »Wenn Sie es unbedingt wissen wollen.«
»Ich muß doch wissen, welche Todsünde Sie begangen haben, bevor ich Sie in meine Dienste treten lassen kann.«
»Sehr witzig! Sie wollen mich doch nur ärgern, oder?« drohend sah sie ihn an. Sie war zwar einen Kopf kleiner als er, aber das war ihr in ihrer Rage wohl entgangen. »Genau wie dieser Saufbold vom Sommerfest!« Ihre Augen begannen zu funkeln. »Eine bücherverliebte, alte Jungfer hat er mich genannt, dieser hirnlose Bauer.« Ihr Temperament stand mal wieder kurz vor dem Sieden. »Frauen gehörten an den Herd und nicht an die Universität! Und außerdem würde ich niemals einen Mann finden!«
»Ja ... und?« Er wartete auf die Pointe.
Marie rang mit sich. Der letzte erklärende Satz schien sich in ihrem Hals verhakt zu haben. Sie kämpfte innerlich mit ihrer schäumenden Natur. »Als dieser Widerling dann auch noch zudringlich wurde«, entfuhr es ihr schließlich. »Da hab’ ich diesem blöden Bauernprotz ...« Er nickte ihr aufmunternd zu, auch den Rest des Satzes herauszuwürgen. »Ich hab’ dem Kerl ein blaues Auge gehauen!« Sie machte einen tiefen Atemzug. »So! Jetzt wissen Sie’s!«
»Aha!?« Er war sehr beeindruckt von seiner neuen Haushälterin.
»Was heißt hier aha ?« fauchte sie ihn an.
»Beruhigen Sie sich, Marie!« Er hielt sie an beiden Schultern fest. »Die Rippen haben Sie mir ja schon gebrochen ... jedenfalls fast.« Er sah sie versöhnlich an. »Wollen wir es im Moment nicht dabei belassen?«
»Sie mußten ja unbedingt an den falschen Stellen dazwischenreden, Abbé.« Marie kühlte langsam wieder ab. »Hätten Sie den Dingen einfach freien Lauf gelassen, hätten wir jetzt dasselbe Ergebnis ... und Sie einen blauen Flecken weniger! Tut mir leid!« fügte sie verzagt hinzu. »Aber die Hauptsache ist doch, daß wir jetzt leichter dem Geheimnis unter der Kirche und im Bilderturm nachgehen können, ohne daß sich jemand darüber wundert, warum ich so oft bei Ihnen bin.«
»Soll das etwa heißen ...«, Pierre ging langsam ein Licht auf, »... daß Sie die ganze Sache da drinnen eingefädelt und dem Pfarrkomitee eingeredet haben, daß ich eine Haushälterin brauche?« Ungläubig wartete er auf die Antwort.
»Tante Pauline war’s!« Unschuldig hob sie die Hand. » Sie hat dem Komitee ein wenig ... auf den richtigen Weg geholfen.«
»Das ist ja nicht zu fassen!« Er griff sich an den Kopf. »Sie haben das alles hier also ins Rollen gebracht, und das nur, damit Sie bei mir besser herumschnüffeln können?«
Marie blickte kurz in die Luft und sagte dann völlig ohne Schuldbewußtsein: »Ja!«
»Ich hoffe, meine Liebe, Sie wissen worauf Sie sich da eingelassen haben.«
»Warum?«
»Das Pfarrhaus putzen, Essen machen, Wäsche waschen ...«, er überlegte und zählte weiter an den Fingern, »... Katze füttern. Da kommt ganz schön was zusammen. Da bleibt Ihnen nicht mehr viel Zeit für Ihre Schnüffelei!«
»Wieso?« kam es entsetzt zurück. »Ich dachte ... es ist nur pro forma, mit der Haushälterin! Ich ... und Kochen?« Jetzt erst merkte sie, daß er es ernst meinte, und das machte sie noch wütender. »Sie glauben doch nicht ernsthaft, daß ich für Sie den Dreck wegmache!«
»Doch!«
»Ja, dann hätte ich auch den hirnlosen Trottel vom Sommerfest heiraten können!« fauchte sie.
Betont unberührt trat Pierre aus der Haustür. »Ich sehe Siedann nachher mit dem Abendessen!« sagte er provozierend gleichgültig. Er hatte sich schon ein paar
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