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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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es in ganz Jerusalem kein freies Zimmer. Und ihr seid zu dritt! Bitte, übernachtet doch bei mir. Ich habe Platz genug in meinem Haus. Und es wäre mir eine Ehre.«
    Selene konnte nicht ablehnen. Der Nachmittag neigte sich dem Abend zu, Ulrika war müde, und Rani, die im Gedränge getreten worden war, schmerzte der Fuß.
    Nach ihrer Ankunft am Morgen vor dem Damaskus-Tor hatten Selene und Rani ihre Reisebündel bei der Karawane zurückgelassen, die vor der Weiterreise nach Cäsarea eine Rast einlegte.
    Während Selene ein einfaches Abendessen mit Brot, Oliven und Käse auftischte, untersuchte Rani Elisabeths Verletzungen, legte Brotschimmel auf und verband sie. Dann brühte sie dem Mädchen einen Beruhigungstee aus roten Kleeblüten auf. Ulrika, die es gewöhnt war, bei Fremden unterzukommen und unter fremden Dächern zu schlafen, kroch in eine Ecke, wo ein großer Webstuhl stand, und spielte still mit ihrer Puppe.
    Beim Abendessen brach Elisabeth wieder in Tränen aus. Rani legte tröstend den Arm um ihre Schultern, und Selene fragte: »Hast du eine Freundin, die wir holen können?«
    »Oh, natürlich habe ich Freundinnen«, antwortete Elisabeth heftig. »Ich lebe allein hier, seit dem Tod meiner Mutter, aber das Häuschen gehört mir, und ich verdiene mit meiner Weberei gutes Geld. O ja, ich habe viele Freundinnen. Rebecca, gleich gegenüber, Rachel, die nur ein paar Häuser weiter wohnt, und die Frau des Rabbi –« Elisabeths Gesicht war hochrot vor Zorn. »Aber eine von ihnen hat mich verraten. Eine von ihnen hat verraten, daß ich mit Cornelius befreundet bin.«
    Sie begann von neuem so heftig zu schluchzen, daß sie nicht weitersprechen konnte. Etwas ruhiger geworden, sagte sie dann: »Ich bin nicht Cornelius’ Geliebte. Diejenigen, die mich verraten haben, haben gelogen. Ich bin Cornelius auf dem Markt begegnet. Er gefiel mir so gut. Danach habe ich immer nach ihm Ausschau gehalten, und er nach mir. Dann sind wir oft draußen vor der Stadt spazierengegangen. Wir haben immer aufgepaßt, daß uns keiner sieht. Aber eine meiner angeblichen Freundinnen hat mich doch gesehen; plötzlich fingen sie nämlich alle an, mich zu warnen, ich sollte mich lieber nicht mehr mit ihm treffen. Dabei sind wir nur Freunde. Wir haben uns noch nicht einmal geküßt. Auf einmal waren meine Freundinnen alle gegen mich. Die Römer sind unsere Feinde, sagen sie. Unsere Eroberer. Durch meine Freundschaft mit Cornelius, behaupten sie, übe ich Verrat an meinem eigenen Volk.«
    Elisabeth schwieg und wischte sich die Augen. »Warum muß die Liebe nur so schmerzlich sein?« fragte sie leise.
    Selene antwortete nicht. Sie dachte an Andreas. Sie war endlich nach Antiochien gekommen …
    Elisabeth fand ihre Gäste interessant. Sie hätte gern mehr über sie gewußt. Sie betrachtete Ulrika, ein hübsches kleines Mädchen mit Augen so blau wie ein blasser Sommerhimmel, und fand sie seltsam still und schwermütig.
    »Deine Tochter ist schön«, sagte sie zu Selene, und in ihren Augen lag eine Frage, die Selene in den sieben Jahren ihrer Wanderschaft, seit sie Persien verlassen hatten, häufig in den Gesichtern Fremder gesehen hatte.
    »Ulrikas Vater ist vor ihrer Geburt gestorben.« Sie hatte diese Lüge schon so oft ausgesprochen, daß sie sie beinahe selbst glaubte. Die Wahrheit, daß Wulf vor mehr als neun Jahren aus Persien fortgezogen war, ohne von Selenes Schwangerschaft zu wissen, hatte sie keinem gesagt, nicht einmal Ulrika.
    Sie erinnerte sich an einen Zwischenfall in Petra, wo sie eine Weile geblieben waren, ehe sie nach Jerusalem weitergereist waren. Eines Tages war Ulrika weinend ins Haus gelaufen gekommen, weil ein Junge sie einen Bastard genannt hatte.
    »Er sagt, ein Bastard ist ein Kind, das keinen Vater hat«, hatte Ulrika weinend berichtet. »Und weil ich keinen Vater habe, bin ich ein Bastard.«
    Selene hatte ihre Tochter in die Arme genommen. »Hör nicht auf das, was andere sagen, Ulrika. Sie wissen nichts. Natürlich hast du einen Vater. Aber er ist gestorben und ist jetzt bei der Göttin.«
    Rani hatte Selene einen zweifelnden Blick zugeworfen. Wann sagst du ihr endlich die Wahrheit? hatte der Blick gefragt.
    Als Ulrika noch sehr klein gewesen war und angefangen hatte, Fragen zu stellen, hatte Selene ihr alles erzählt, was sie über Wulfs Volk wußte. Ulrika kannte die Weltesche und die Eisriesen, sie kannte Odin und seine Begleiter, die Raben, und sie wußte, daß sie nach ihrer germanischen Großmutter genannt war,

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