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Seelenfeuer

Seelenfeuer

Titel: Seelenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Selene am Fenster erblickte, fuchtelte er aufgeregt mit den Armen. Sie wußte sofort, daß etwas geschehen war und sie ahnte auch schon, was es war.
    Als sie auf der Baustelle ankam, sah sie, daß die Arbeiter die Arbeit niedergelegt hatten. Sie waren alle aus dem Bau geflohen und standen unruhig und nervös draußen in der Sonne.
    »Was ist los?« fragte Selene Gallus, den Vorarbeiter.
    Er war ein massiger Mann mit mächtigen Schultern und den Muskeln eines Gladiators. Doch er wirkte ängstlich, als er auf Selene zutrat. »Es ist wieder geschehen, Herrin«, sagte er.
    Selene preßte die Lippen aufeinander. Das viertemal in drei Wochen! Wer war der Urheber dieser Sabotageakte?
    »Wo ist es?« fragte sie.
    Er wies auf das Gebäude. »Drinnen. Die Männer weigern sich, wieder reinzugehen. Ein paar sind schon auf und davon. Sie behaupten, das Haus wäre verflucht.«
    Selene warf ihm einen strengen Blick zu. Sie hatte Gallus davor gewarnt, solches Gerede unter den Leuten zu fördern.
    Sie raffte ihr Gewand in die Höhe, stieg über Schutt und Steine und trat in das Gebäude. Eine Schicht feinen Staubes von den Marmorplatten, die die Schleifer zu bearbeiten begonnen hatten, bedeckte den Boden, die Gerüste, den Arbeitstisch des Baumeisters. Selene steuerte auf das Zentrum des Gebäudes zu, wo in einigen Monaten direkt unter der Kuppel ein Standbild der Venus aufgestellt werden sollte.
    Abrupt blieb sie stehen, drückte eine Hand auf den Mund und wandte sich ab. Sie kämpfte die aufsteigende Übelkeit hinunter, ehe sie umkehrte und wieder ins Freie trat.
    »Woher kommt das Ding?« fragte sie den Vorarbeiter.
    »Einer der Arbeiter hat es in eine der Wände eingemauert gefunden. Er sagte, der Mörtel wäre noch frisch gewesen. Es muß in der Nacht gemacht worden sein.«
    Selene schloß einen Moment die Augen, als könnte sie so das Bild des obszönen Dings auslöschen, das sie eben gesehen hatte. »Wo waren die Wächter?« fragte sie dann.
    »Sie behaupten steif und fest, sie wären wach gewesen, Herrin. Und alle Lampen waren erleuchtet. Wir haben die Zahl der Wächter verdreifacht seit …«
    Seit der vergangenen Woche, als an einer der Säulen eine tote schwarze Ziege gehangen hatte.
    Selene konnte es nicht fassen. Diese Akte konnten nur das Werk eines der Arbeiter oder Handwerker sein, die auf der Insel tätig waren. Dreihundert waren es, und jeder konnte der Täter sein.
    »Hol es heraus«, sagte sie. »Verbrenn es.«
    Aber der Vorarbeiter rührte sich nicht.
    »Ich sagte, du sollst es entfernen.«
    »Tut mir leid, Herrin«, entgegnete Gallus, »aber das ist etwas Böses. Das ist das Werk von bösen Geistern. Wenn ich das anrühre, was geschieht dann mit mir?«
    »Aber Gallus, es ist doch nur ein –« Sie konnte es nicht aussprechen. Ruhiger sagte sie: »Jemand versucht, die Fertigstellung des Domus zu verzögern, verstehst du? Man will uns Angst einjagen. Das Ding da drinnen, Gallus, ist nur ein
Ding

    »Es ist böser Zauber.«
    Selene bemerkte die Unruhe der Männer.
    »Ich
habe keine Angst davor«, sagte sie und drehte sich um, wieder hineinzugehen.
    Doch Pindar hielt sie fest. Er wollte sich an ihr vorbeidrängen.
    »Nein, Pindar«, sagte sie. »Ich tue es selber. Ich muß ihnen zeigen, daß ich mich nicht fürchte.«
    Sie suchte sich zwei Stöcke und klemmte das Ding zwischen ihnen ein. Als sie damit in den Sonnenschein hinaustrat, wichen die Männer zurück und schlugen das Zeichen, das sie vor bösem Zauber schützen sollte. Selene eilte an den Rand der Insel und ließ die Stöcke samt ihrem Anhängsel ins Wasser fallen.
    Zu den Männern zurückgekehrt, bemühte sie sich, ihr Zittern zu verbergen. »Es ist fort«, sagte sie. »Ihr habt nichts zu fürchten.«
    »Es ist böser Zauber«, behauptete Gallus wieder. »Jemand hat den Bau verflucht, und der Fluch wird uns alle treffen.«
    »Geht jetzt alle wieder an die Arbeit.«
    Die Männer tauschten stumme Blicke.
    »An die Arbeit, habe ich gesagt.«
    Selene bemerkte, daß sie alle auf ein Zeichen von Gallus warteten. Doch Gallus zögerte. Da stieg sie die Treppe zum Domus hinauf und ergriff einen schweren Hammer. Sie schwang ihn hoch über ihren Kopf und rief laut: »Dann mache ich die Arbeit eben selbst. Ich lasse nicht zu, daß der göttliche Julius auf diese Weise beleidigt wird.«
    Ein paar Männer eilten zu ihr und nahmen ihr das schwere Werkzeug aus der Hand. Sie müsse an ihren Zustand denken, sagten sie und beteuerten, daß sie den göttlichen Julius und

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