Seelenflüstern (German Edition)
Es lag auf halbem Weg zwischen Houston und Galveston Island. Hier gab es Bars, Restaurants, Achterbahnen und Karussells.
Wir saßen auf der Dachterrasse eines netten Fischrestaurants und schauten aufs Wasser hinaus. Segelboote, Jetskis und Wetbikes flitzten umher, während hungrige Möwen und Tauben die Restaurantgäste belagerten. Vom Wasser wehte ein leichter Wind herauf. Er war angenehm kühl.
Normalerweise saß Zak beim Essen neben mir, aber heute setzte er sich auf den Platz mir gegenüber. Als die Bedienung das Essen brachte, beugte er sich näher zu mir. Seine Augen hatten die Farbe des dunkler werdenden Himmels hinter ihm.
»Du bist immer noch sauer wegen dem, was auf dem Friedhof passiert ist.«
»Bin ich nicht.« Ich schraubte die Ketchupflasche auf. »Ich bin enttäuscht.« Das klang so lahm, dass ich mir am liebsten selbst einen Tritt verpasst hätte. Ich hielt die Flasche schräg, aber es kam nichts heraus. Also schlug ich ein paar Mal gegen den Boden. »Jetzt rede ich schon so wie meine Mom.«
Zak nahm mir lachend die Flasche ab. »Ich hab’s verdient.« Er kippte die Flasche nicht ganz so stark und goss mir eine Ketchuppfütze neben die Pommes.
Mit der Gabel trennte ich ein Stück Fisch ab. »Wenn du trinkst, machst du blöde Sachen, die gar nicht wirklich zu dir passen.«
Er schraubte die Ketchupflasche zu und stellte sie ab. »Wie zum Beispiel?«
»Du gehst mir am Grab meines Vaters an die Wäsche.«
Zak schob seine Pommes frites hin und her. »Das war ziemlich daneben.«
»Stimmt.«
Er schnappte sich eine Garnele und zeigte damit auf mich. »Aber eigentlich kannst du mir deswegen keinen Vorwurf machen. Wirklich, Lilian. Es war dein Geburtstag. Du warst so … heiß. Du bist so heiß. Ich kann einfach nicht anders.« Zak zog die Garnele durch meinen Ketchup und warf sie dann zwinkernd in seinen Mund.
Mein Kopf wurde mindestens so rot wie der Ketchup auf meinem Teller.
Zak grinste. »Und ganz besonders heiß siehst du in diesen High Heels aus.« Seine Finger beschäftigten sich unter dem Tisch mit meinem Knie und sorgten für ein angenehmes Kribbeln in meinen Beinen.
»Du gehörst mir«, raunte eine unsichtbare Stimme hinter ihm. Ich zuckte zurück.
»Was hast du denn?«, fragte Zak.
Mit wild klopfendem Herzen beschäftigte ich mich mit den Pommes frites und suchte dabei fieberhaft nach einer Antwort. »Nicht hier, vor allen Leuten.« Das war das Beste, was mir im Moment einfiel. Zak sollte nicht wissen, dass mich die Stimmen trotz Xanax noch immer verfolgten. Ich hatte Angst, er würde Mom etwas sagen und damit alles nur noch schlimmer machen. Die Stimme lachte hinter mir auf und ließ mich erneut zusammenzucken.
Zak runzelte die Stirn. »Alles okay?«
Um Zeit zu gewinnen, griff ich nach meinem Glas. »Ja. Bin bloß nervös. Das ist alles.«
Er hielt sein leeres Glas in die Höhe und gab der Bedienung ein Zeichen, ihm noch einen Eistee zu bringen. »Ich muss mal kurz.« Er stand auf. »Kann ich dich allein lassen?«
Mit dem Finger malte ich Streifen auf mein beschlagenes Glas. »Kein Problem. Wirklich.«
Zak gab mir einen Kuss. »Also gut. Bin gleich wieder da.« Bevor er die Treppe hinunterging, drehte er sich noch einmal um und sah mich an.
Ich spürte einen kalten Hauch im Nacken.
»Ich will dich. Du wirst dich mir unterwerfen«, zischte die Stimme.
Hastig drehte ich mich um, sah aber keine Menschenseele.
Warum diese Stimme mir viel mehr Angst machte als alle anderen, konnte ich nicht sagen. Doch ich spürte, dass ich in Gefahr war. Das Atmen fiel mir schwer. Man hätte glauben können, die Luft wäre dicker geworden. Ich fühlte den eisigen Atem dieses Etwas auf der Haut. Mein Nacken begann zu prickeln. Schützend legte ich die Hände auf diese Stelle.
Die Bedienung, eine Frau Anfang vierzig, stellte den Eistee auf den Tisch und starrte mich an. Sie legte einen Strohhalm neben das Glas. »Alles klar, Kleine?«
Ich nickte.
»Falls noch etwas fehlt – einfach winken.«
Als die Bedienung zum nächsten Tisch weiterging, blies mir das Wesen seinen Atem auf die rechte Gesichtshälfte. Mir lief ein Schauer über den Rücken und ich bekam eine Gänsehaut.
»Ergib dich!«, befahl die Stimme.
Die Frau am Nebentisch hörte auf zu essen und warf mir einen Du-hast-sie-doch-nicht-alle-Blick zu. Das konnte ich ihr nicht mal übel nehmen. Ich musste dringend noch eine Pille schlucken und mich irgendwo verstecken, bis sie wirkte.
Die Handtasche fest umklammert, sprintete ich zur
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