Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenflüstern (German Edition)

Seelenflüstern (German Edition)

Titel: Seelenflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Lindsey
Vom Netzwerk:
Telefon mit meinem angerufen oder sich eine SMS geschickt, um an meine Nummer zu kommen. Meine Fingerspitzen glitten über das Papier. Ich ließ das Telefon klingeln und faltete weiter. Auf keinen Fall konnte ich jetzt mit Alden reden; er musste sich mit der Mailbox begnügen. Als das Display erlosch, machte ich einen tiefen, befreienden Atemzug und betastete das Papier.
    Ich musste diesen Geisterboy und die gestrandeten Seelen irgendwie aus dem Kopf bekommen. Momentan gab es in meinem Leben nur einen einzigen ruhenden Pol. Zumindest war das bis gestern Abend so gewesen. Diesen Halt wollte ich nicht verlieren und konnte nur hoffen, dass ich mir nicht schon alles vermasselt hatte. Ich schob das Papier beiseite und griff nach dem Handy.
    Vor dem Anruf bei Zak hatte ich fast so viel Angst wie vor dem Seeleneinen, und wehtun würde das Gespräch sicher auch. Einen Moment lang dachte ich, Zak würde nicht rangehen. Erst als ich schon auflegen wollte, meldete er sich. Er sagte nichts, aber ich hörte im Hintergrund Musik.
    Den Anfang zu finden, war schwer. »Hi, Zak.«
    »Hey.« Es klang, als wäre er in einer Bar oder in einem Klub. Aber dafür war es eigentlich noch zu früh.
    Das Telefon zwischen Schulter und Ohr geklemmt, faltete ich die Ecken des Papiers zur Mitte. »Das mit gestern Abend tut mir wirklich leid, Zak. Ich hätte dir alles besser erklären sollen.«
    »Was gibt es da zu erklären? Ich habe doch gesehen, was mit euch los war.« Der tiefe Ton einer Bassgitarre vibrierte in meinem Ohr.
    »Es ist nicht, wie du denkst, Zak.«
    Er gab mir keine Antwort.
    »Alden ist bloß ein alter Freund, der über Dad und die Stimmen Bescheid weiß.«
    Nichts. Nur Bassbrummen.
    »Können wir uns treffen und reden?«
    »Das geht jetzt nicht. Wir proben gerade für das Konzert heute Abend im Last Concert Café.«
    »Und danach?«
    Im Hintergrund rief jemand seinen Namen. »Sorry, Lilian, die Probe geht weiter. Tschüss.« Die Verbindung brach ab, und so ähnlich ging es auch meinem Herzen.
    Ich sah auf das Blatt Papier. Es hatte sich in ein Windrad verwandelt. Noch nie zuvor hatte ich diese Figur gefaltet. Die meisten Leute mussten die Origami-Technik mühsam erlernen – ich konnte es einfach so. Meine Hände wussten, was sie zu tun hatten.
    Ich zupfte an den Falten, formte Spitzen. Mit Zak musste ich unbedingt direkt reden. Nicht am Telefon. Wenn ich es nur schaffte, dass er mir zuhörte, ließ sich sicher alles klären.
    Mein Handy zwitscherte – jemand hatte mir auf die Mailbox gesprochen. Ich wählte den Code und rechnete eigentlich mit einer Entschuldigung von Alden. Stattdessen sagte er im Befehlston, ich sollte bloß keinem von den Seelenflüsterern, den Wächtern und vom Rat der Fürsprecher erzählen. Auch Zak nicht. Als würde mir das einfallen. So verrückt war nicht mal ich.
    Ich beschloss, zum Last Concert Café zu fahren. Ich brauchte Normalität. Und Zak.
    Noch einmal drehte ich das Papier und schob die Ecken in die Laschen, die entstanden waren. So wie das anfangs noch starre Papier immer biegsamer wurde, hellte meine Stimmung sich auf.
    Mit geschlossenen Augen machte ich die letzten Handgriffe. In meinem Kopf flackerten Bilder auf. Die Erinnerung an den Sturm, die Alden mir gezeigt hatte, wiederholte sich. Als ich bei dem Kuss ankam, riss ich die Augen auf und starrte auf das Papiergebilde. Ich hielt eine schwarze Rose in den Händen.

E  L F

    A ls das Taxi weggefahren war, stand ich noch eine Weile am Straßenrand. Das Last Concert Café war ein Gebäude aus den späten Vierzigern. Es lag direkt an der Ausfahrt der Interstate-Autobahn, und irgendwann war das moderne Houston aus Glas und Stahl um dieses Überbleibsel aus einer anderen Zeit aus dem Boden gewachsen. Es gab kein Schild und auch sonst keinen Hinweis auf das Café. Man klopfte einfach zweimal an die rote Tür mit dem Rundbogen, wartete, bis jemand aufmachte, und trat ein.
    Ich zupfte an der Hecke in dem langen Pflanztrog vor dem Gebäude und wartete darauf, dass der Klos in meinem Hals endlich kleiner wurde.
    Die Woche über spielten hier Musiker aus der Umgebung, und Zak verdiente sich auf die Art manchmal etwas dazu. Musik hatte auf ihn dieselbe Wirkung wie das Falten von Papier auf mich. Deshalb hoffte ich, dass dies der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort für ein Gespräch mit ihm war.
    Ich atmete tief durch, klopfte zweimal und wartete, bis jemand aufmachte. Bei schönem Wetter traten die Bands draußen auf der Terrasse auf. Dort

Weitere Kostenlose Bücher